Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Er schwankt, alswie er sieht sein Bild im Quelle schwanken, Und sinkt, wie in die Flut, in wogende Gedanken. Dann ruft er staunend aus: Wer bist du? und mit Staunen Hört er der Felsen Mund Wer bist du? gegenraunen. Durch Gegenfrage wird die Frage nicht beschwichtet, Doch hat die Einsamkeit nichts andres ihm berichtet. Sich selb nur sieht der Mensch im Spiegel der Natur, Und was er sie befragt, das widerholt sie nur. 69. Auf jener Wiese, wo statt Blumen Sterne stehn, Wird auch ein Frühlingswind, der Rosen wecket, wehn, Und Knospen werden dort auch über Nacht aufgehn. Mit bloßen Augen siehst du nicht in jener Ferne, Doch mit bewaffneten, o Sohn, die Nebelsterne, Von außen dämmernd noch, doch stralend schon im Kerne. Er ſchwankt, alswie er ſieht ſein Bild im Quelle ſchwanken, Und ſinkt, wie in die Flut, in wogende Gedanken. Dann ruft er ſtaunend aus: Wer biſt du? und mit Staunen Hoͤrt er der Felſen Mund Wer biſt du? gegenraunen. Durch Gegenfrage wird die Frage nicht beſchwichtet, Doch hat die Einſamkeit nichts andres ihm berichtet. Sich ſelb nur ſieht der Menſch im Spiegel der Natur, Und was er ſie befragt, das widerholt ſie nur. 69. Auf jener Wieſe, wo ſtatt Blumen Sterne ſtehn, Wird auch ein Fruͤhlingswind, der Roſen wecket, wehn, Und Knoſpen werden dort auch uͤber Nacht aufgehn. Mit bloßen Augen ſiehſt du nicht in jener Ferne, Doch mit bewaffneten, o Sohn, die Nebelſterne, Von außen daͤmmernd noch, doch ſtralend ſchon im Kerne. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0069" n="59"/> <lg n="4"> <l>Er ſchwankt, alswie er ſieht ſein Bild im Quelle ſchwanken,</l><lb/> <l>Und ſinkt, wie in die Flut, in wogende Gedanken.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Dann ruft er ſtaunend aus: Wer biſt du? und mit Staunen</l><lb/> <l>Hoͤrt er der Felſen Mund Wer biſt du? gegenraunen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Durch Gegenfrage wird die Frage nicht beſchwichtet,</l><lb/> <l>Doch hat die Einſamkeit nichts andres ihm berichtet.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Sich ſelb nur ſieht der Menſch im Spiegel der Natur,</l><lb/> <l>Und was er ſie befragt, das widerholt ſie nur.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>69.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Auf jener Wieſe, wo ſtatt Blumen Sterne ſtehn,</l><lb/> <l>Wird auch ein Fruͤhlingswind, der Roſen wecket, wehn,</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und Knoſpen werden dort auch uͤber Nacht aufgehn.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Mit bloßen Augen ſiehſt du nicht in jener Ferne,</l><lb/> <l>Doch mit bewaffneten, o Sohn, die Nebelſterne,</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Von außen daͤmmernd noch, doch ſtralend ſchon im Kerne.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0069]
Er ſchwankt, alswie er ſieht ſein Bild im Quelle ſchwanken,
Und ſinkt, wie in die Flut, in wogende Gedanken.
Dann ruft er ſtaunend aus: Wer biſt du? und mit Staunen
Hoͤrt er der Felſen Mund Wer biſt du? gegenraunen.
Durch Gegenfrage wird die Frage nicht beſchwichtet,
Doch hat die Einſamkeit nichts andres ihm berichtet.
Sich ſelb nur ſieht der Menſch im Spiegel der Natur,
Und was er ſie befragt, das widerholt ſie nur.
69.
Auf jener Wieſe, wo ſtatt Blumen Sterne ſtehn,
Wird auch ein Fruͤhlingswind, der Roſen wecket, wehn,
Und Knoſpen werden dort auch uͤber Nacht aufgehn.
Mit bloßen Augen ſiehſt du nicht in jener Ferne,
Doch mit bewaffneten, o Sohn, die Nebelſterne,
Von außen daͤmmernd noch, doch ſtralend ſchon im Kerne.
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