Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
67.
Sonst ward dem Zauberer in abergläubischen Tagen
Ein Vorderzahn des Munds ein obrer eingeschlagen,
Der Schlange gleichsam so der Giftzahn ausgebrochen,
Daß kraftlos sei das Wort, undeutlich ausgesprochen.
Doch schlügst du Zahn und Zahn dem Ohrenbläser ein,
Sein Ohrenblasen wird nicht minder giftig seyn.

68.
Ein Wandersmann, der aus der weiten Wüste kam,
Wo er nicht Menschenwort noch Menschenblick vernahm,
Tritt in ein Felsenthal, von Bäumen kühl beschattet,
Wo eine Quelle rauscht, da setzt er sich ermattet.
Nun schaut er in den Quell, und sieht sich selb darinn,
Und weiß nicht daß ers ist, und schwankt in seinem Sinn.
67.
Sonſt ward dem Zauberer in aberglaͤubiſchen Tagen
Ein Vorderzahn des Munds ein obrer eingeſchlagen,
Der Schlange gleichſam ſo der Giftzahn ausgebrochen,
Daß kraftlos ſei das Wort, undeutlich ausgeſprochen.
Doch ſchluͤgſt du Zahn und Zahn dem Ohrenblaͤſer ein,
Sein Ohrenblaſen wird nicht minder giftig ſeyn.

68.
Ein Wandersmann, der aus der weiten Wuͤſte kam,
Wo er nicht Menſchenwort noch Menſchenblick vernahm,
Tritt in ein Felſenthal, von Baͤumen kuͤhl beſchattet,
Wo eine Quelle rauſcht, da ſetzt er ſich ermattet.
Nun ſchaut er in den Quell, und ſieht ſich ſelb darinn,
Und weiß nicht daß ers iſt, und ſchwankt in ſeinem Sinn.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0068" n="58"/>
        <div n="2">
          <head>67.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Son&#x017F;t ward dem Zauberer in abergla&#x0364;ubi&#x017F;chen Tagen</l><lb/>
              <l>Ein Vorderzahn des Munds ein obrer einge&#x017F;chlagen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Der Schlange gleich&#x017F;am &#x017F;o der Giftzahn ausgebrochen,</l><lb/>
              <l>Daß kraftlos &#x017F;ei das Wort, undeutlich ausge&#x017F;prochen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Doch &#x017F;chlu&#x0364;g&#x017F;t du Zahn und Zahn dem Ohrenbla&#x0364;&#x017F;er ein,</l><lb/>
              <l>Sein Ohrenbla&#x017F;en wird nicht minder giftig &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>68.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein Wandersmann, der aus der weiten Wu&#x0364;&#x017F;te kam,</l><lb/>
              <l>Wo er nicht Men&#x017F;chenwort noch Men&#x017F;chenblick vernahm,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Tritt in ein Fel&#x017F;enthal, von Ba&#x0364;umen ku&#x0364;hl be&#x017F;chattet,</l><lb/>
              <l>Wo eine Quelle rau&#x017F;cht, da &#x017F;etzt er &#x017F;ich ermattet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Nun &#x017F;chaut er in den Quell, und &#x017F;ieht &#x017F;ich &#x017F;elb darinn,</l><lb/>
              <l>Und weiß nicht daß ers i&#x017F;t, und &#x017F;chwankt in &#x017F;einem Sinn.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0068] 67. Sonſt ward dem Zauberer in aberglaͤubiſchen Tagen Ein Vorderzahn des Munds ein obrer eingeſchlagen, Der Schlange gleichſam ſo der Giftzahn ausgebrochen, Daß kraftlos ſei das Wort, undeutlich ausgeſprochen. Doch ſchluͤgſt du Zahn und Zahn dem Ohrenblaͤſer ein, Sein Ohrenblaſen wird nicht minder giftig ſeyn. 68. Ein Wandersmann, der aus der weiten Wuͤſte kam, Wo er nicht Menſchenwort noch Menſchenblick vernahm, Tritt in ein Felſenthal, von Baͤumen kuͤhl beſchattet, Wo eine Quelle rauſcht, da ſetzt er ſich ermattet. Nun ſchaut er in den Quell, und ſieht ſich ſelb darinn, Und weiß nicht daß ers iſt, und ſchwankt in ſeinem Sinn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/68
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/68>, abgerufen am 21.11.2024.