Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
63.
Den Maulwurf nennst du blind, weil er, wenn du ans Licht
Ihn ziehst, geblendet scheint, blind aber ist er nicht.
Vielmehr es ist so fein sein Auge, daß es fühlet
Das Licht im dunkeln Grund, wo er die Gänge wühlet.
Drum, grabend, gräbt er stets, die Sonn' im Rücken habend,
Am Morgen gegen West, und gegen Ost am Abend;
Der Sonne, die er doch nicht siehet, abgewendet,
Damit nicht in der Nacht ihr scharfer Glanz ihn blendet.
Mein Sohn, oft ist von Unempfindlichkeit der Schein
Nur eine äußerste Empfindlichkeit allein.
63.
Den Maulwurf nennſt du blind, weil er, wenn du ans Licht
Ihn ziehſt, geblendet ſcheint, blind aber iſt er nicht.
Vielmehr es iſt ſo fein ſein Auge, daß es fuͤhlet
Das Licht im dunkeln Grund, wo er die Gaͤnge wuͤhlet.
Drum, grabend, graͤbt er ſtets, die Sonn' im Ruͤcken habend,
Am Morgen gegen Weſt, und gegen Oſt am Abend;
Der Sonne, die er doch nicht ſiehet, abgewendet,
Damit nicht in der Nacht ihr ſcharfer Glanz ihn blendet.
Mein Sohn, oft iſt von Unempfindlichkeit der Schein
Nur eine aͤußerſte Empfindlichkeit allein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0063" n="53"/>
        <div n="2">
          <head>63.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Den Maulwurf nenn&#x017F;t du blind, weil er, wenn du ans Licht</l><lb/>
              <l>Ihn zieh&#x017F;t, geblendet &#x017F;cheint, blind aber i&#x017F;t er nicht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Vielmehr es i&#x017F;t &#x017F;o fein &#x017F;ein Auge, daß es fu&#x0364;hlet</l><lb/>
              <l>Das Licht im dunkeln Grund, wo er die Ga&#x0364;nge wu&#x0364;hlet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Drum, grabend, gra&#x0364;bt er &#x017F;tets, die Sonn' im Ru&#x0364;cken habend,</l><lb/>
              <l>Am Morgen gegen We&#x017F;t, und gegen O&#x017F;t am Abend;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Sonne, die er doch nicht &#x017F;iehet, abgewendet,</l><lb/>
              <l>Damit nicht in der Nacht ihr &#x017F;charfer Glanz ihn blendet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Mein Sohn, oft i&#x017F;t von Unempfindlichkeit der Schein</l><lb/>
              <l>Nur eine a&#x0364;ußer&#x017F;te Empfindlichkeit allein.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0063] 63. Den Maulwurf nennſt du blind, weil er, wenn du ans Licht Ihn ziehſt, geblendet ſcheint, blind aber iſt er nicht. Vielmehr es iſt ſo fein ſein Auge, daß es fuͤhlet Das Licht im dunkeln Grund, wo er die Gaͤnge wuͤhlet. Drum, grabend, graͤbt er ſtets, die Sonn' im Ruͤcken habend, Am Morgen gegen Weſt, und gegen Oſt am Abend; Der Sonne, die er doch nicht ſiehet, abgewendet, Damit nicht in der Nacht ihr ſcharfer Glanz ihn blendet. Mein Sohn, oft iſt von Unempfindlichkeit der Schein Nur eine aͤußerſte Empfindlichkeit allein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/63
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/63>, abgerufen am 30.12.2024.