Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Vom Vater erbt ers nicht, vom Meister kann ers lernen, Und ausgelernt von ihm mit Freiheit sich entfernen. Die Freiheit voll Gefahr ist jedes Irrthums Spiel, Indes der sichre Trieb nothwendig geht zum Ziel. Doch ists ein niedres Ziel vor jenem, das erreichen Der Mensch will, soll und kann, mag es auch stets entweichen; Wo Kunstbehendigkeit und Thatverständigkeit Ihm wird in höhrer Art Naturnothwendigkeit. 12. Ein einzig Bienchen war im Bienenstock erwacht, Die andern schliefen noch in honigduftiger Nacht. Ein einzig Blümchen war am Blumenstock erblüht, Die andern schliefen tief im dämmernden Gemüth. Ein einzig Blümchen lacht, noch schläft der ganze Flor; Ein einzig Bienchen wacht, noch schweigt der ganze Chor. Vom Vater erbt ers nicht, vom Meiſter kann ers lernen, Und ausgelernt von ihm mit Freiheit ſich entfernen. Die Freiheit voll Gefahr iſt jedes Irrthums Spiel, Indes der ſichre Trieb nothwendig geht zum Ziel. Doch iſts ein niedres Ziel vor jenem, das erreichen Der Menſch will, ſoll und kann, mag es auch ſtets entweichen; Wo Kunſtbehendigkeit und Thatverſtaͤndigkeit Ihm wird in hoͤhrer Art Naturnothwendigkeit. 12. Ein einzig Bienchen war im Bienenſtock erwacht, Die andern ſchliefen noch in honigduftiger Nacht. Ein einzig Bluͤmchen war am Blumenſtock erbluͤht, Die andern ſchliefen tief im daͤmmernden Gemuͤth. Ein einzig Bluͤmchen lacht, noch ſchlaͤft der ganze Flor; Ein einzig Bienchen wacht, noch ſchweigt der ganze Chor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0021" n="11"/> <lg n="8"> <l>Vom Vater erbt ers nicht, vom Meiſter kann ers lernen,</l><lb/> <l>Und ausgelernt von ihm mit Freiheit ſich entfernen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Die Freiheit voll Gefahr iſt jedes Irrthums Spiel,</l><lb/> <l>Indes der ſichre Trieb nothwendig geht zum Ziel.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Doch iſts ein niedres Ziel vor jenem, das erreichen</l><lb/> <l>Der Menſch will, ſoll und kann, mag es auch ſtets entweichen;</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Wo Kunſtbehendigkeit und Thatverſtaͤndigkeit</l><lb/> <l>Ihm wird in hoͤhrer Art Naturnothwendigkeit.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>12.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ein einzig Bienchen war im Bienenſtock erwacht,</l><lb/> <l>Die andern ſchliefen noch in honigduftiger Nacht.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ein einzig Bluͤmchen war am Blumenſtock erbluͤht,</l><lb/> <l>Die andern ſchliefen tief im daͤmmernden Gemuͤth.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ein einzig Bluͤmchen lacht, noch ſchlaͤft der ganze Flor;</l><lb/> <l>Ein einzig Bienchen wacht, noch ſchweigt der ganze Chor.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0021]
Vom Vater erbt ers nicht, vom Meiſter kann ers lernen,
Und ausgelernt von ihm mit Freiheit ſich entfernen.
Die Freiheit voll Gefahr iſt jedes Irrthums Spiel,
Indes der ſichre Trieb nothwendig geht zum Ziel.
Doch iſts ein niedres Ziel vor jenem, das erreichen
Der Menſch will, ſoll und kann, mag es auch ſtets entweichen;
Wo Kunſtbehendigkeit und Thatverſtaͤndigkeit
Ihm wird in hoͤhrer Art Naturnothwendigkeit.
12.
Ein einzig Bienchen war im Bienenſtock erwacht,
Die andern ſchliefen noch in honigduftiger Nacht.
Ein einzig Bluͤmchen war am Blumenſtock erbluͤht,
Die andern ſchliefen tief im daͤmmernden Gemuͤth.
Ein einzig Bluͤmchen lacht, noch ſchlaͤft der ganze Flor;
Ein einzig Bienchen wacht, noch ſchweigt der ganze Chor.
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