Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.106. Nachahmung ist was sich zuerst im Kinde regt, Was ihm die schwache Hand, den zarten Mund bewegt. Es trägt die Puppe, wie es selbst die Mutter trug, Und schlägt auf das Klavier, weil es der Bruder schlug. Es nimmt das Buch, woraus der Vater betend las; Was es handfaltend summt, auch ein Gebet ist das. Du kanst nicht besser streun in ihm des Guten Samen, Als wenn du Gutes stets ihm vorthust, nachzuahmen. 107. Wenn du willst nach dem Rath von jedem Thoren fragen, Wirst du wie jener Mann zuletzt den Esel tragen; (Die Fabel ist bekannt) der wandernd seinen Sohn Erst auf den Esel lud, der war beladen schon. Der erste, der es sah, sprach: O verkehrte Sitten! Der Vater geht zu Fuß, das Söhnchen ist beritten. 106. Nachahmung iſt was ſich zuerſt im Kinde regt, Was ihm die ſchwache Hand, den zarten Mund bewegt. Es traͤgt die Puppe, wie es ſelbſt die Mutter trug, Und ſchlaͤgt auf das Klavier, weil es der Bruder ſchlug. Es nimmt das Buch, woraus der Vater betend las; Was es handfaltend ſummt, auch ein Gebet iſt das. Du kanſt nicht beſſer ſtreun in ihm des Guten Samen, Als wenn du Gutes ſtets ihm vorthuſt, nachzuahmen. 107. Wenn du willſt nach dem Rath von jedem Thoren fragen, Wirſt du wie jener Mann zuletzt den Eſel tragen; (Die Fabel iſt bekannt) der wandernd ſeinen Sohn Erſt auf den Eſel lud, der war beladen ſchon. Der erſte, der es ſah, ſprach: O verkehrte Sitten! Der Vater geht zu Fuß, das Soͤhnchen iſt beritten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0209" n="199"/> <div n="2"> <head>106.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Nachahmung iſt was ſich zuerſt im Kinde regt,</l><lb/> <l>Was ihm die ſchwache Hand, den zarten Mund bewegt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Es traͤgt die Puppe, wie es ſelbſt die Mutter trug,</l><lb/> <l>Und ſchlaͤgt auf das Klavier, weil es der Bruder ſchlug.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Es nimmt das Buch, woraus der Vater betend las;</l><lb/> <l>Was es handfaltend ſummt, auch ein Gebet iſt das.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Du kanſt nicht beſſer ſtreun in ihm des Guten Samen,</l><lb/> <l>Als wenn du Gutes ſtets ihm vorthuſt, nachzuahmen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>107.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn du willſt nach dem Rath von jedem Thoren fragen,</l><lb/> <l>Wirſt du wie jener Mann zuletzt den Eſel tragen;</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>(Die Fabel iſt bekannt) der wandernd ſeinen Sohn</l><lb/> <l>Erſt auf den Eſel lud, der war beladen ſchon.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Der erſte, der es ſah, ſprach: O verkehrte Sitten!</l><lb/> <l>Der Vater geht zu Fuß, das Soͤhnchen iſt beritten.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0209]
106.
Nachahmung iſt was ſich zuerſt im Kinde regt,
Was ihm die ſchwache Hand, den zarten Mund bewegt.
Es traͤgt die Puppe, wie es ſelbſt die Mutter trug,
Und ſchlaͤgt auf das Klavier, weil es der Bruder ſchlug.
Es nimmt das Buch, woraus der Vater betend las;
Was es handfaltend ſummt, auch ein Gebet iſt das.
Du kanſt nicht beſſer ſtreun in ihm des Guten Samen,
Als wenn du Gutes ſtets ihm vorthuſt, nachzuahmen.
107.
Wenn du willſt nach dem Rath von jedem Thoren fragen,
Wirſt du wie jener Mann zuletzt den Eſel tragen;
(Die Fabel iſt bekannt) der wandernd ſeinen Sohn
Erſt auf den Eſel lud, der war beladen ſchon.
Der erſte, der es ſah, ſprach: O verkehrte Sitten!
Der Vater geht zu Fuß, das Soͤhnchen iſt beritten.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/209>, abgerufen am 04.07.2024. |