Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Nur kannst du das Gesetz nicht ändern zum Vergnügen, Mußt ins gegebene erkannte schön dich fügen. O Mensch, dis ist dein Loß, dich in Selbständigkeit Zu fügen frei und groß der Weltnothwendigkeit. 44. Dich irret in der Welt die Vielgestaltigkeit, Einfält'ger, dir misfällt die Manigfaltigkeit: Daß nicht an jedem Ort gilt, was an einem gilt, Und daß die eine Zeit lobt, was die andre schilt; So ist es, wie der Spruch des Meisters ausgesprochen: Es wird hier Widerspruch von Widerspruch gebrochen. Dich aber möcht' ich nicht zum Gärtner meinem Garten, Da du nicht zugestehst den Blumen ihre Arten. Doch stellte gar dich Gott in seinem Garten an, Wie würde nicht zu Spott sein Plan vor deinem Plan! Nur kannſt du das Geſetz nicht aͤndern zum Vergnuͤgen, Mußt ins gegebene erkannte ſchoͤn dich fuͤgen. O Menſch, dis iſt dein Loß, dich in Selbſtaͤndigkeit Zu fuͤgen frei und groß der Weltnothwendigkeit. 44. Dich irret in der Welt die Vielgeſtaltigkeit, Einfaͤlt'ger, dir misfaͤllt die Manigfaltigkeit: Daß nicht an jedem Ort gilt, was an einem gilt, Und daß die eine Zeit lobt, was die andre ſchilt; So iſt es, wie der Spruch des Meiſters ausgeſprochen: Es wird hier Widerſpruch von Widerſpruch gebrochen. Dich aber moͤcht' ich nicht zum Gaͤrtner meinem Garten, Da du nicht zugeſtehſt den Blumen ihre Arten. Doch ſtellte gar dich Gott in ſeinem Garten an, Wie wuͤrde nicht zu Spott ſein Plan vor deinem Plan! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0151" n="141"/> <lg n="8"> <l>Nur kannſt du das Geſetz nicht aͤndern zum Vergnuͤgen,</l><lb/> <l>Mußt ins gegebene erkannte ſchoͤn dich fuͤgen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>O Menſch, dis iſt dein Loß, dich in Selbſtaͤndigkeit</l><lb/> <l>Zu fuͤgen frei und groß der Weltnothwendigkeit.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>44.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Dich irret in der Welt die Vielgeſtaltigkeit,</l><lb/> <l>Einfaͤlt'ger, dir misfaͤllt die Manigfaltigkeit:</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Daß nicht an jedem Ort gilt, was an einem gilt,</l><lb/> <l>Und daß die eine Zeit lobt, was die andre ſchilt;</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>So iſt es, wie der Spruch des Meiſters ausgeſprochen:</l><lb/> <l>Es wird hier Widerſpruch von Widerſpruch gebrochen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dich aber moͤcht' ich nicht zum Gaͤrtner meinem Garten,</l><lb/> <l>Da du nicht zugeſtehſt den Blumen ihre Arten.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Doch ſtellte gar dich Gott in ſeinem Garten an,</l><lb/> <l>Wie wuͤrde nicht zu Spott ſein Plan vor deinem Plan!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [141/0151]
Nur kannſt du das Geſetz nicht aͤndern zum Vergnuͤgen,
Mußt ins gegebene erkannte ſchoͤn dich fuͤgen.
O Menſch, dis iſt dein Loß, dich in Selbſtaͤndigkeit
Zu fuͤgen frei und groß der Weltnothwendigkeit.
44.
Dich irret in der Welt die Vielgeſtaltigkeit,
Einfaͤlt'ger, dir misfaͤllt die Manigfaltigkeit:
Daß nicht an jedem Ort gilt, was an einem gilt,
Und daß die eine Zeit lobt, was die andre ſchilt;
So iſt es, wie der Spruch des Meiſters ausgeſprochen:
Es wird hier Widerſpruch von Widerſpruch gebrochen.
Dich aber moͤcht' ich nicht zum Gaͤrtner meinem Garten,
Da du nicht zugeſtehſt den Blumen ihre Arten.
Doch ſtellte gar dich Gott in ſeinem Garten an,
Wie wuͤrde nicht zu Spott ſein Plan vor deinem Plan!
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/151>, abgerufen am 04.07.2024. |