Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.34. Was unterscheidet dich, o Mensch, von Thier und Pflanze? Daß du für dich auch bist, nicht blos wie sie fürs Ganze. Fürs Ganze bist auch du, wie Thier und Pflanze sind, Doch bist du's nicht wie sie, du selbstbewust, sie blind. Sie sind fürs Ganze nur, weil sie nur sind für sich; Weil du für's Ganze bist, sind sie und es für dich. Fürs Ganze bist du ganz, wenn ganz für dich du bist, Erkennend, daß durch dich das Ganze ganz nur ist. 35. Der Mensch kann nie so ganz ins Sinnliche versinken, Der Geist treibt ihn empor stets Geistesluft zu trinken. Doch hat er seine Lung' erfrischt an Himmelshauchen, Treibt es ihn bald genung zurück in Schlamm zu tauchen. 34. Was unterſcheidet dich, o Menſch, von Thier und Pflanze? Daß du fuͤr dich auch biſt, nicht blos wie ſie fuͤrs Ganze. Fuͤrs Ganze biſt auch du, wie Thier und Pflanze ſind, Doch biſt du's nicht wie ſie, du ſelbſtbewuſt, ſie blind. Sie ſind fuͤrs Ganze nur, weil ſie nur ſind fuͤr ſich; Weil du fuͤr's Ganze biſt, ſind ſie und es fuͤr dich. Fuͤrs Ganze biſt du ganz, wenn ganz fuͤr dich du biſt, Erkennend, daß durch dich das Ganze ganz nur iſt. 35. Der Menſch kann nie ſo ganz ins Sinnliche verſinken, Der Geiſt treibt ihn empor ſtets Geiſtesluft zu trinken. Doch hat er ſeine Lung' erfriſcht an Himmelshauchen, Treibt es ihn bald genung zuruͤck in Schlamm zu tauchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0142" n="132"/> <div n="2"> <head>34.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was unterſcheidet dich, o Menſch, von Thier und Pflanze?</l><lb/> <l>Daß du fuͤr dich auch biſt, nicht blos wie ſie fuͤrs Ganze.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Fuͤrs Ganze biſt auch du, wie Thier und Pflanze ſind,</l><lb/> <l>Doch biſt du's nicht wie ſie, du ſelbſtbewuſt, ſie blind.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sie ſind fuͤrs Ganze nur, weil ſie nur ſind fuͤr ſich;</l><lb/> <l>Weil du fuͤr's Ganze biſt, ſind ſie und es fuͤr dich.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Fuͤrs Ganze biſt du ganz, wenn ganz fuͤr dich du biſt,</l><lb/> <l>Erkennend, daß durch dich das Ganze ganz nur iſt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>35.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Menſch kann nie ſo ganz ins Sinnliche verſinken,</l><lb/> <l>Der Geiſt treibt ihn empor ſtets Geiſtesluft zu trinken.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Doch hat er ſeine Lung' erfriſcht an Himmelshauchen,</l><lb/> <l>Treibt es ihn bald genung zuruͤck in Schlamm zu tauchen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0142]
34.
Was unterſcheidet dich, o Menſch, von Thier und Pflanze?
Daß du fuͤr dich auch biſt, nicht blos wie ſie fuͤrs Ganze.
Fuͤrs Ganze biſt auch du, wie Thier und Pflanze ſind,
Doch biſt du's nicht wie ſie, du ſelbſtbewuſt, ſie blind.
Sie ſind fuͤrs Ganze nur, weil ſie nur ſind fuͤr ſich;
Weil du fuͤr's Ganze biſt, ſind ſie und es fuͤr dich.
Fuͤrs Ganze biſt du ganz, wenn ganz fuͤr dich du biſt,
Erkennend, daß durch dich das Ganze ganz nur iſt.
35.
Der Menſch kann nie ſo ganz ins Sinnliche verſinken,
Der Geiſt treibt ihn empor ſtets Geiſtesluft zu trinken.
Doch hat er ſeine Lung' erfriſcht an Himmelshauchen,
Treibt es ihn bald genung zuruͤck in Schlamm zu tauchen.
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