Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.31. Gott ist ein Denkender, sonst wär ich über ihn, Ich aber denke, daß ich unter ihm nur bin. Gott ist ein Wollender, sonst hätt' ich mehr als er, Mein Wollen aber kommt von seinem Wollen her. Mit deinem Denken sei, mit deinem Wollen still Vor seinem, liebes Herz! er denkt in dir und will. 32. Wenn du ein bergiges Gelände steigst empor; Als steigest du hinab, kommt dirs zuweilen vor. Denn bis von einer Höh zur andern wird gestiegen, Gehts über Senkungen, die zwischen beiden liegen. Und eh nicht, als erreicht der andre Gipfel ist, Erkennest du, daß du gestiegen wirklich bist. 31. Gott iſt ein Denkender, ſonſt waͤr ich uͤber ihn, Ich aber denke, daß ich unter ihm nur bin. Gott iſt ein Wollender, ſonſt haͤtt' ich mehr als er, Mein Wollen aber kommt von ſeinem Wollen her. Mit deinem Denken ſei, mit deinem Wollen ſtill Vor ſeinem, liebes Herz! er denkt in dir und will. 32. Wenn du ein bergiges Gelaͤnde ſteigſt empor; Als ſteigeſt du hinab, kommt dirs zuweilen vor. Denn bis von einer Hoͤh zur andern wird geſtiegen, Gehts uͤber Senkungen, die zwiſchen beiden liegen. Und eh nicht, als erreicht der andre Gipfel iſt, Erkenneſt du, daß du geſtiegen wirklich biſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0138" n="128"/> <div n="2"> <head>31.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Gott iſt ein Denkender, ſonſt waͤr ich uͤber ihn,</l><lb/> <l>Ich aber denke, daß ich unter ihm nur bin.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Gott iſt ein Wollender, ſonſt haͤtt' ich mehr als er,</l><lb/> <l>Mein Wollen aber kommt von ſeinem Wollen her.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Mit deinem Denken ſei, mit deinem Wollen ſtill</l><lb/> <l>Vor ſeinem, liebes Herz! er denkt in dir und will.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>32.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn du ein bergiges Gelaͤnde ſteigſt empor;</l><lb/> <l>Als ſteigeſt du hinab, kommt dirs zuweilen vor.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Denn bis von einer Hoͤh zur andern wird geſtiegen,</l><lb/> <l>Gehts uͤber Senkungen, die zwiſchen beiden liegen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und eh nicht, als erreicht der andre Gipfel iſt,</l><lb/> <l>Erkenneſt du, daß du geſtiegen wirklich biſt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0138]
31.
Gott iſt ein Denkender, ſonſt waͤr ich uͤber ihn,
Ich aber denke, daß ich unter ihm nur bin.
Gott iſt ein Wollender, ſonſt haͤtt' ich mehr als er,
Mein Wollen aber kommt von ſeinem Wollen her.
Mit deinem Denken ſei, mit deinem Wollen ſtill
Vor ſeinem, liebes Herz! er denkt in dir und will.
32.
Wenn du ein bergiges Gelaͤnde ſteigſt empor;
Als ſteigeſt du hinab, kommt dirs zuweilen vor.
Denn bis von einer Hoͤh zur andern wird geſtiegen,
Gehts uͤber Senkungen, die zwiſchen beiden liegen.
Und eh nicht, als erreicht der andre Gipfel iſt,
Erkenneſt du, daß du geſtiegen wirklich biſt.
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