Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.Ich ward gefragt: Was hat vor allem dir gefallen? Ich aber sagte: Nichts gefällt mir von dem allen. Da rief der Herr: So führt ihn nur zu mir herein! Er sei bei mir, weil er will nirgend anders seyn. Und hätte draußen dir genügt ein ander Licht, So hätt' ich dir's verliehn, und zu mir kamst du nicht. 27. Sobald dem Menschen wir die Freiheit zugestehn, Scheints um die göttliche Allwissenheit geschehn. Denn wenn die Gottheit weiß, wohin mein Thun sich lenkt, So bin ich ja zu thun gezwungen, wie sie denkt. Der alte Meister sprach: das sei nur als ein Zeichen Euch angeführt, wie weit des Menschen Kräfte reichen, Und daß sein schwacher Witz sich lasse nicht verführen, An unbegreifliche Geheimnisse zu rühren. Ich ward gefragt: Was hat vor allem dir gefallen? Ich aber ſagte: Nichts gefaͤllt mir von dem allen. Da rief der Herr: So fuͤhrt ihn nur zu mir herein! Er ſei bei mir, weil er will nirgend anders ſeyn. Und haͤtte draußen dir genuͤgt ein ander Licht, So haͤtt' ich dir's verliehn, und zu mir kamſt du nicht. 27. Sobald dem Menſchen wir die Freiheit zugeſtehn, Scheints um die goͤttliche Allwiſſenheit geſchehn. Denn wenn die Gottheit weiß, wohin mein Thun ſich lenkt, So bin ich ja zu thun gezwungen, wie ſie denkt. Der alte Meiſter ſprach: das ſei nur als ein Zeichen Euch angefuͤhrt, wie weit des Menſchen Kraͤfte reichen, Und daß ſein ſchwacher Witz ſich laſſe nicht verfuͤhren, An unbegreifliche Geheimniſſe zu ruͤhren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0134" n="124"/> <lg n="5"> <l>Ich ward gefragt: Was hat vor allem dir gefallen?</l><lb/> <l>Ich aber ſagte: Nichts gefaͤllt mir von dem allen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Da rief der Herr: So fuͤhrt ihn nur zu mir herein!</l><lb/> <l>Er ſei bei mir, weil er will nirgend anders ſeyn.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Und haͤtte draußen dir genuͤgt ein ander Licht,</l><lb/> <l>So haͤtt' ich dir's verliehn, und zu mir kamſt du nicht.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>27.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sobald dem Menſchen wir die Freiheit zugeſtehn,</l><lb/> <l>Scheints um die goͤttliche Allwiſſenheit geſchehn.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Denn wenn die Gottheit weiß, wohin mein Thun ſich lenkt,</l><lb/> <l>So bin ich ja zu thun gezwungen, wie ſie denkt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Der alte Meiſter ſprach: das ſei nur als ein Zeichen</l><lb/> <l>Euch angefuͤhrt, wie weit des Menſchen Kraͤfte reichen,</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und daß ſein ſchwacher Witz ſich laſſe nicht verfuͤhren,</l><lb/> <l>An unbegreifliche Geheimniſſe zu ruͤhren.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [124/0134]
Ich ward gefragt: Was hat vor allem dir gefallen?
Ich aber ſagte: Nichts gefaͤllt mir von dem allen.
Da rief der Herr: So fuͤhrt ihn nur zu mir herein!
Er ſei bei mir, weil er will nirgend anders ſeyn.
Und haͤtte draußen dir genuͤgt ein ander Licht,
So haͤtt' ich dir's verliehn, und zu mir kamſt du nicht.
27.
Sobald dem Menſchen wir die Freiheit zugeſtehn,
Scheints um die goͤttliche Allwiſſenheit geſchehn.
Denn wenn die Gottheit weiß, wohin mein Thun ſich lenkt,
So bin ich ja zu thun gezwungen, wie ſie denkt.
Der alte Meiſter ſprach: das ſei nur als ein Zeichen
Euch angefuͤhrt, wie weit des Menſchen Kraͤfte reichen,
Und daß ſein ſchwacher Witz ſich laſſe nicht verfuͤhren,
An unbegreifliche Geheimniſſe zu ruͤhren.
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