Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.15. Du bist kein Tropfe der im Ozean verschwimmt, Du fühlest dich als Geist auf ewig selbst bestimmt. Vom höchsten Geiste fühlst du dich nicht zur Verschwimmung Im höchsten Geist bestimmt, sondern zur Selbstbestimmung. 16. Du mußt dein dunkles Selbst zum hellen Selbst erweitern; Nur die Verschlossenheit ist in Gefahr zu scheitern. Dem Ich, dem Schifflein, steht Nicht-Ich, die Klipp' entgegen, Und der Nothwendigkeit ist Freiheit unterlegen. Doch schließ in Gott dich auf, und fühl' dich unbezwinglich, Vom Alldurchdringenden durchdrungen undurchdringlich. Das Nicht-Ich war dein Feind; nun sieh, Nichts ist als Ich! Worin denn fürchtetest du zu verlieren dich! 15. Du biſt kein Tropfe der im Ozean verſchwimmt, Du fuͤhleſt dich als Geiſt auf ewig ſelbſt beſtimmt. Vom hoͤchſten Geiſte fuͤhlſt du dich nicht zur Verſchwimmung Im hoͤchſten Geiſt beſtimmt, ſondern zur Selbſtbeſtimmung. 16. Du mußt dein dunkles Selbſt zum hellen Selbſt erweitern; Nur die Verſchloſſenheit iſt in Gefahr zu ſcheitern. Dem Ich, dem Schifflein, ſteht Nicht-Ich, die Klipp' entgegen, Und der Nothwendigkeit iſt Freiheit unterlegen. Doch ſchließ in Gott dich auf, und fuͤhl' dich unbezwinglich, Vom Alldurchdringenden durchdrungen undurchdringlich. Das Nicht-Ich war dein Feind; nun ſieh, Nichts iſt als Ich! Worin denn fuͤrchteteſt du zu verlieren dich! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0125" n="115"/> <div n="2"> <head>15.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du biſt kein Tropfe der im Ozean verſchwimmt,</l><lb/> <l>Du fuͤhleſt dich als Geiſt auf ewig ſelbſt beſtimmt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Vom hoͤchſten Geiſte fuͤhlſt du dich nicht zur Verſchwimmung</l><lb/> <l>Im hoͤchſten Geiſt beſtimmt, ſondern zur Selbſtbeſtimmung.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>16.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du mußt dein dunkles Selbſt zum hellen Selbſt erweitern;</l><lb/> <l>Nur die Verſchloſſenheit iſt in Gefahr zu ſcheitern.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dem Ich, dem Schifflein, ſteht Nicht-Ich, die Klipp' entgegen,</l><lb/> <l>Und der Nothwendigkeit iſt Freiheit unterlegen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch ſchließ in Gott dich auf, und fuͤhl' dich unbezwinglich,</l><lb/> <l>Vom Alldurchdringenden durchdrungen undurchdringlich.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Das Nicht-Ich war dein Feind; nun ſieh, Nichts iſt als Ich!</l><lb/> <l>Worin denn fuͤrchteteſt du zu verlieren dich!</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [115/0125]
15.
Du biſt kein Tropfe der im Ozean verſchwimmt,
Du fuͤhleſt dich als Geiſt auf ewig ſelbſt beſtimmt.
Vom hoͤchſten Geiſte fuͤhlſt du dich nicht zur Verſchwimmung
Im hoͤchſten Geiſt beſtimmt, ſondern zur Selbſtbeſtimmung.
16.
Du mußt dein dunkles Selbſt zum hellen Selbſt erweitern;
Nur die Verſchloſſenheit iſt in Gefahr zu ſcheitern.
Dem Ich, dem Schifflein, ſteht Nicht-Ich, die Klipp' entgegen,
Und der Nothwendigkeit iſt Freiheit unterlegen.
Doch ſchließ in Gott dich auf, und fuͤhl' dich unbezwinglich,
Vom Alldurchdringenden durchdrungen undurchdringlich.
Das Nicht-Ich war dein Feind; nun ſieh, Nichts iſt als Ich!
Worin denn fuͤrchteteſt du zu verlieren dich!
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