Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
123.
Oft hab' ich umgestimmt die Saiten meines Psalters
Im Wechsel meiner Zeit und meines Lebensalters.
Nun tönen sie voll Ernst, und wer da will, entscheid' es,
Ob Alter oder Zeit dran schuld sei, oder beides.
Die Zeit ist ernst sogar der jugendlichen Schaar,
Wie mehr noch einem, dem mit ihr gebleicht das Haar.

124.
Wer Anmuth, Freundlichkeit, Gefälligkeit und Milde
Nicht braucht in seinem Haus, doch draußen führt im Schilde,
Mit diesen Tugenden ist er nicht reich bedacht,
Weil er zum Feierkleid und Festtagschmuck sie macht.
Er sucht nur vor der Welt mit seinem Flitterputze
Zu glänzen, und daheim geht er in seinem Schmutze.

123.
Oft hab' ich umgeſtimmt die Saiten meines Pſalters
Im Wechſel meiner Zeit und meines Lebensalters.
Nun toͤnen ſie voll Ernſt, und wer da will, entſcheid' es,
Ob Alter oder Zeit dran ſchuld ſei, oder beides.
Die Zeit iſt ernſt ſogar der jugendlichen Schaar,
Wie mehr noch einem, dem mit ihr gebleicht das Haar.

124.
Wer Anmuth, Freundlichkeit, Gefaͤlligkeit und Milde
Nicht braucht in ſeinem Haus, doch draußen fuͤhrt im Schilde,
Mit dieſen Tugenden iſt er nicht reich bedacht,
Weil er zum Feierkleid und Feſttagſchmuck ſie macht.
Er ſucht nur vor der Welt mit ſeinem Flitterputze
Zu glaͤnzen, und daheim geht er in ſeinem Schmutze.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0090" n="80"/>
        <div n="2">
          <head>123.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Oft hab' ich umge&#x017F;timmt die Saiten meines P&#x017F;alters</l><lb/>
              <l>Im Wech&#x017F;el meiner Zeit und meines Lebensalters.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nun to&#x0364;nen &#x017F;ie voll Ern&#x017F;t, und wer da will, ent&#x017F;cheid' es,</l><lb/>
              <l>Ob Alter oder Zeit dran &#x017F;chuld &#x017F;ei, oder beides.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Die Zeit i&#x017F;t ern&#x017F;t &#x017F;ogar der jugendlichen Schaar,</l><lb/>
              <l>Wie mehr noch einem, dem mit ihr gebleicht das Haar.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>124.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wer Anmuth, Freundlichkeit, Gefa&#x0364;lligkeit und Milde</l><lb/>
              <l>Nicht braucht in &#x017F;einem Haus, doch draußen fu&#x0364;hrt im Schilde,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Mit die&#x017F;en Tugenden i&#x017F;t er nicht reich bedacht,</l><lb/>
              <l>Weil er zum Feierkleid und Fe&#x017F;ttag&#x017F;chmuck &#x017F;ie macht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Er &#x017F;ucht nur vor der Welt mit &#x017F;einem Flitterputze</l><lb/>
              <l>Zu gla&#x0364;nzen, und daheim geht er in &#x017F;einem Schmutze.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0090] 123. Oft hab' ich umgeſtimmt die Saiten meines Pſalters Im Wechſel meiner Zeit und meines Lebensalters. Nun toͤnen ſie voll Ernſt, und wer da will, entſcheid' es, Ob Alter oder Zeit dran ſchuld ſei, oder beides. Die Zeit iſt ernſt ſogar der jugendlichen Schaar, Wie mehr noch einem, dem mit ihr gebleicht das Haar. 124. Wer Anmuth, Freundlichkeit, Gefaͤlligkeit und Milde Nicht braucht in ſeinem Haus, doch draußen fuͤhrt im Schilde, Mit dieſen Tugenden iſt er nicht reich bedacht, Weil er zum Feierkleid und Feſttagſchmuck ſie macht. Er ſucht nur vor der Welt mit ſeinem Flitterputze Zu glaͤnzen, und daheim geht er in ſeinem Schmutze.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/90
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/90>, abgerufen am 21.12.2024.