Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.So hat dich Gott gestellt, und läßt dich wirken gerne Dein Werk, und wirkt durch dich, dir nah zugleich und ferne. Sowie ein Wandelstern die Kraft der Sonne braucht, Der er sich nicht entzieht, und nicht hinein sich taucht. 89. Wenn dich der Unmuth plagt in deiner Einsamkeit, Trag unter Menschen ihn, und sei davon befreit. Du siehst, sie sind vergnügt; warum willst du dich grämen? O Schande, wenn sie dich an Lebensmuth beschämen. Sie leiden und sind still, laß dirs zur Lehre dienen; Und klagen sie wie du, so tröste dich mit ihnen. Nicht nur von Starken fühlt der Schwache sich gestärkt, Er selber fühlt sich stark, wo er noch schwächre merkt. So hat dich Gott geſtellt, und laͤßt dich wirken gerne Dein Werk, und wirkt durch dich, dir nah zugleich und ferne. Sowie ein Wandelſtern die Kraft der Sonne braucht, Der er ſich nicht entzieht, und nicht hinein ſich taucht. 89. Wenn dich der Unmuth plagt in deiner Einſamkeit, Trag unter Menſchen ihn, und ſei davon befreit. Du ſiehſt, ſie ſind vergnuͤgt; warum willſt du dich graͤmen? O Schande, wenn ſie dich an Lebensmuth beſchaͤmen. Sie leiden und ſind ſtill, laß dirs zur Lehre dienen; Und klagen ſie wie du, ſo troͤſte dich mit ihnen. Nicht nur von Starken fuͤhlt der Schwache ſich geſtaͤrkt, Er ſelber fuͤhlt ſich ſtark, wo er noch ſchwaͤchre merkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0068" n="58"/> </l> <lg n="4"> <l>So hat dich Gott geſtellt, und laͤßt dich wirken gerne</l><lb/> <l>Dein Werk, und wirkt durch dich, dir nah zugleich und ferne.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Sowie ein Wandelſtern die Kraft der Sonne braucht,</l><lb/> <l>Der er ſich nicht entzieht, und nicht hinein ſich taucht.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>89.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn dich der Unmuth plagt in deiner Einſamkeit,</l><lb/> <l>Trag unter Menſchen ihn, und ſei davon befreit.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Du ſiehſt, ſie ſind vergnuͤgt; warum willſt du dich graͤmen?</l><lb/> <l>O Schande, wenn ſie dich an Lebensmuth beſchaͤmen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Sie leiden und ſind ſtill, laß dirs zur Lehre dienen;</l><lb/> <l>Und klagen ſie wie du, ſo troͤſte dich mit ihnen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Nicht nur von Starken fuͤhlt der Schwache ſich geſtaͤrkt,</l><lb/> <l>Er ſelber fuͤhlt ſich ſtark, wo er noch ſchwaͤchre merkt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [58/0068]
So hat dich Gott geſtellt, und laͤßt dich wirken gerne
Dein Werk, und wirkt durch dich, dir nah zugleich und ferne.
Sowie ein Wandelſtern die Kraft der Sonne braucht,
Der er ſich nicht entzieht, und nicht hinein ſich taucht.
89.
Wenn dich der Unmuth plagt in deiner Einſamkeit,
Trag unter Menſchen ihn, und ſei davon befreit.
Du ſiehſt, ſie ſind vergnuͤgt; warum willſt du dich graͤmen?
O Schande, wenn ſie dich an Lebensmuth beſchaͤmen.
Sie leiden und ſind ſtill, laß dirs zur Lehre dienen;
Und klagen ſie wie du, ſo troͤſte dich mit ihnen.
Nicht nur von Starken fuͤhlt der Schwache ſich geſtaͤrkt,
Er ſelber fuͤhlt ſich ſtark, wo er noch ſchwaͤchre merkt.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/68>, abgerufen am 22.02.2025. |