Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.44. Warum oft glücklich statt des Guten sei der Böse? Die Frage fragest du, und willst, daß ich sie löse. Den Knoten lös' ich nicht, ich hau' ihn so entzwei: Daß nie der Böse statt des Guten glücklich sei. Er ist beglückt, wenn er ein Glück weiß zu verdienen, Das einem Bessern nicht des Dienstes werth geschienen. Er ist anstelliger, arbeitsamer vielleicht, Und billig wird der Lohn dem Fleißigen gereicht. Es ist der Erde Lohn, der mit ihm wird begraben; Der Gute nur wird den des Himmels ewig haben. 45. Du sagst: "die Tugend darbt, indem das Laster prasset." Hast du der Tugend Werth so niedrig aufgefasset? Ist Ueberfluß ihr Lohn? der Lohn ist überflüssig.
Die Tugend aber darbt mit Recht, wenn sie ist müßig. 44. Warum oft gluͤcklich ſtatt des Guten ſei der Boͤſe? Die Frage frageſt du, und willſt, daß ich ſie loͤſe. Den Knoten loͤſ' ich nicht, ich hau' ihn ſo entzwei: Daß nie der Boͤſe ſtatt des Guten gluͤcklich ſei. Er iſt begluͤckt, wenn er ein Gluͤck weiß zu verdienen, Das einem Beſſern nicht des Dienſtes werth geſchienen. Er iſt anſtelliger, arbeitſamer vielleicht, Und billig wird der Lohn dem Fleißigen gereicht. Es iſt der Erde Lohn, der mit ihm wird begraben; Der Gute nur wird den des Himmels ewig haben. 45. Du ſagſt: „die Tugend darbt, indem das Laſter praſſet.“ Haſt du der Tugend Werth ſo niedrig aufgefaſſet? Iſt Ueberfluß ihr Lohn? der Lohn iſt uͤberfluͤſſig.
Die Tugend aber darbt mit Recht, wenn ſie iſt muͤßig. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0038" n="28"/> <div n="2"> <head>44.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Warum oft gluͤcklich ſtatt des Guten ſei der Boͤſe?</l><lb/> <l>Die Frage frageſt du, und willſt, daß ich ſie loͤſe.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Den Knoten loͤſ' ich nicht, ich hau' ihn ſo entzwei:</l><lb/> <l>Daß nie der Boͤſe ſtatt des Guten gluͤcklich ſei.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Er iſt begluͤckt, wenn er ein Gluͤck weiß zu verdienen,</l><lb/> <l>Das einem Beſſern nicht des Dienſtes werth geſchienen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Er iſt anſtelliger, arbeitſamer vielleicht,</l><lb/> <l>Und billig wird der Lohn dem Fleißigen gereicht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Es iſt der Erde Lohn, der mit ihm wird begraben;</l><lb/> <l>Der Gute nur wird den des Himmels ewig haben.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>45.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du ſagſt: „die Tugend darbt, indem das Laſter praſſet.“</l><lb/> <l>Haſt du der Tugend Werth ſo niedrig aufgefaſſet?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Iſt Ueberfluß ihr Lohn? der Lohn iſt uͤberfluͤſſig.</l><lb/> <l>Die Tugend aber darbt mit Recht, wenn ſie iſt muͤßig.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0038]
44.
Warum oft gluͤcklich ſtatt des Guten ſei der Boͤſe?
Die Frage frageſt du, und willſt, daß ich ſie loͤſe.
Den Knoten loͤſ' ich nicht, ich hau' ihn ſo entzwei:
Daß nie der Boͤſe ſtatt des Guten gluͤcklich ſei.
Er iſt begluͤckt, wenn er ein Gluͤck weiß zu verdienen,
Das einem Beſſern nicht des Dienſtes werth geſchienen.
Er iſt anſtelliger, arbeitſamer vielleicht,
Und billig wird der Lohn dem Fleißigen gereicht.
Es iſt der Erde Lohn, der mit ihm wird begraben;
Der Gute nur wird den des Himmels ewig haben.
45.
Du ſagſt: „die Tugend darbt, indem das Laſter praſſet.“
Haſt du der Tugend Werth ſo niedrig aufgefaſſet?
Iſt Ueberfluß ihr Lohn? der Lohn iſt uͤberfluͤſſig.
Die Tugend aber darbt mit Recht, wenn ſie iſt muͤßig.
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