Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.Er quillt und quillt und quillt, und wird nicht matt zu quellen; Er schwillt und schwillt und schwillt, und wird nicht satt zu schwellen. Und wie er quoll und quoll, und wie er schwoll und schwoll, Sein Quellen wird nie leer, sein Schwellen wird nie voll. Kein Gleiches hat die Flur, ein Gleiches ihm hat nur Die ewig sich aus sich gebärende Natur. 74. Sieh an die Pflanze, die empor aus dunklem Grunde Zum Lichte treibt, von dem sie auch hat dunkle Kunde. Mit ihrem Stengel steht sie erst in Einigkeit, Und im Gezweige dann ist sie mit sich entzweit. Nicht in der Einung noch Entzweiung ist gefunden Das Licht, bis höhere Vereinung sie verbunden. Die Knospe rundet sich, aus der die Blüt' erwacht, In deren Farbenduft das Licht ist angefacht. Durch soviel Stufen hat das Licht die Pflanz' erzogen,
Um auf der obersten zu ruhn als Irisbogen. Er quillt und quillt und quillt, und wird nicht matt zu quellen; Er ſchwillt und ſchwillt und ſchwillt, und wird nicht ſatt zu ſchwellen. Und wie er quoll und quoll, und wie er ſchwoll und ſchwoll, Sein Quellen wird nie leer, ſein Schwellen wird nie voll. Kein Gleiches hat die Flur, ein Gleiches ihm hat nur Die ewig ſich aus ſich gebaͤrende Natur. 74. Sieh an die Pflanze, die empor aus dunklem Grunde Zum Lichte treibt, von dem ſie auch hat dunkle Kunde. Mit ihrem Stengel ſteht ſie erſt in Einigkeit, Und im Gezweige dann iſt ſie mit ſich entzweit. Nicht in der Einung noch Entzweiung iſt gefunden Das Licht, bis hoͤhere Vereinung ſie verbunden. Die Knoſpe rundet ſich, aus der die Bluͤt' erwacht, In deren Farbenduft das Licht iſt angefacht. Durch ſoviel Stufen hat das Licht die Pflanz' erzogen,
Um auf der oberſten zu ruhn als Irisbogen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0252" n="242"/> </l> <lg n="9"> <l>Er quillt und quillt und quillt, und wird nicht matt zu quellen;</l><lb/> <l>Er ſchwillt und ſchwillt und ſchwillt, und wird nicht ſatt zu ſchwellen.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Und wie er quoll und quoll, und wie er ſchwoll und ſchwoll,</l><lb/> <l>Sein Quellen wird nie leer, ſein Schwellen wird nie voll.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Kein Gleiches hat die Flur, ein Gleiches ihm hat nur</l><lb/> <l>Die ewig ſich aus ſich gebaͤrende Natur.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>74.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sieh an die Pflanze, die empor aus dunklem Grunde</l><lb/> <l>Zum Lichte treibt, von dem ſie auch hat dunkle Kunde.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Mit ihrem Stengel ſteht ſie erſt in Einigkeit,</l><lb/> <l>Und im Gezweige dann iſt ſie mit ſich entzweit.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Nicht in der Einung noch Entzweiung iſt gefunden</l><lb/> <l>Das Licht, bis hoͤhere Vereinung ſie verbunden.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Die Knoſpe rundet ſich, aus der die Bluͤt' erwacht,</l><lb/> <l>In deren Farbenduft das Licht iſt angefacht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Durch ſoviel Stufen hat das Licht die Pflanz' erzogen,</l><lb/> <l>Um auf der oberſten zu ruhn als Irisbogen.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0252]
Er quillt und quillt und quillt, und wird nicht matt zu quellen;
Er ſchwillt und ſchwillt und ſchwillt, und wird nicht ſatt zu ſchwellen.
Und wie er quoll und quoll, und wie er ſchwoll und ſchwoll,
Sein Quellen wird nie leer, ſein Schwellen wird nie voll.
Kein Gleiches hat die Flur, ein Gleiches ihm hat nur
Die ewig ſich aus ſich gebaͤrende Natur.
74.
Sieh an die Pflanze, die empor aus dunklem Grunde
Zum Lichte treibt, von dem ſie auch hat dunkle Kunde.
Mit ihrem Stengel ſteht ſie erſt in Einigkeit,
Und im Gezweige dann iſt ſie mit ſich entzweit.
Nicht in der Einung noch Entzweiung iſt gefunden
Das Licht, bis hoͤhere Vereinung ſie verbunden.
Die Knoſpe rundet ſich, aus der die Bluͤt' erwacht,
In deren Farbenduft das Licht iſt angefacht.
Durch ſoviel Stufen hat das Licht die Pflanz' erzogen,
Um auf der oberſten zu ruhn als Irisbogen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |