Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.12. Wenn du den lauten Streit vom Pöbel stillen willst, Ich sage dir, wie du am sichersten ihn stillst. Erst laß die Streitenden recht an einander toben, Bis sich zur Heiserkeit die Wuth hat ausgeschnoben. Können sie nicht mehr schrein, dann werden sie dich hören, Dann schlage Frieden vor, sie werden ihn beschwören. 13. An Winterabenden (mir ward der Schwank erzählt Von einem Freunde, den die Bibel viel gequält) Ließ lesen, weil er horcht' in feierlicher Stille, Ein alter Herr die Schrift den Diener mit der Brille. Die Brill' auf seiner Nas', in seiner Hand ein Stift, So las er, bis er kam an einen Punkt der Schrift, Der für des Herrn Verstand zu hoch war und zu kraus
"Verstehst du's, Hans?" - Nein, Herr!-"Ich auch nicht, Hans, streich's aus!" 12. Wenn du den lauten Streit vom Poͤbel ſtillen willſt, Ich ſage dir, wie du am ſicherſten ihn ſtillſt. Erſt laß die Streitenden recht an einander toben, Bis ſich zur Heiſerkeit die Wuth hat ausgeſchnoben. Koͤnnen ſie nicht mehr ſchrein, dann werden ſie dich hoͤren, Dann ſchlage Frieden vor, ſie werden ihn beſchwoͤren. 13. An Winterabenden (mir ward der Schwank erzaͤhlt Von einem Freunde, den die Bibel viel gequaͤlt) Ließ leſen, weil er horcht' in feierlicher Stille, Ein alter Herr die Schrift den Diener mit der Brille. Die Brill' auf ſeiner Naſ', in ſeiner Hand ein Stift, So las er, bis er kam an einen Punkt der Schrift, Der fuͤr des Herrn Verſtand zu hoch war und zu kraus
„Verſtehſt du's, Hans?“ - Nein, Herr!-„Ich auch nicht, Hans, ſtreich's aus!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0215" n="205"/> <div n="2"> <head>12.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn du den lauten Streit vom Poͤbel ſtillen willſt,</l><lb/> <l>Ich ſage dir, wie du am ſicherſten ihn ſtillſt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Erſt laß die Streitenden recht an einander toben,</l><lb/> <l>Bis ſich zur Heiſerkeit die Wuth hat ausgeſchnoben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Koͤnnen ſie nicht mehr ſchrein, dann werden ſie dich hoͤren,</l><lb/> <l>Dann ſchlage Frieden vor, ſie werden ihn beſchwoͤren.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>13.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>An Winterabenden (mir ward der Schwank erzaͤhlt</l><lb/> <l>Von einem Freunde, den die Bibel viel gequaͤlt)</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Ließ leſen, weil er horcht' in feierlicher Stille,</l><lb/> <l>Ein alter Herr die Schrift den Diener mit der Brille.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Brill' auf ſeiner Naſ', in ſeiner Hand ein Stift,</l><lb/> <l>So las er, bis er kam an einen Punkt der Schrift,</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der fuͤr des Herrn Verſtand zu hoch war und zu kraus</l><lb/> <l>„Verſtehſt du's, Hans?“ - Nein, Herr!-„Ich auch nicht, Hans, ſtreich's aus!“</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0215]
12.
Wenn du den lauten Streit vom Poͤbel ſtillen willſt,
Ich ſage dir, wie du am ſicherſten ihn ſtillſt.
Erſt laß die Streitenden recht an einander toben,
Bis ſich zur Heiſerkeit die Wuth hat ausgeſchnoben.
Koͤnnen ſie nicht mehr ſchrein, dann werden ſie dich hoͤren,
Dann ſchlage Frieden vor, ſie werden ihn beſchwoͤren.
13.
An Winterabenden (mir ward der Schwank erzaͤhlt
Von einem Freunde, den die Bibel viel gequaͤlt)
Ließ leſen, weil er horcht' in feierlicher Stille,
Ein alter Herr die Schrift den Diener mit der Brille.
Die Brill' auf ſeiner Naſ', in ſeiner Hand ein Stift,
So las er, bis er kam an einen Punkt der Schrift,
Der fuͤr des Herrn Verſtand zu hoch war und zu kraus
„Verſtehſt du's, Hans?“ - Nein, Herr!-„Ich auch nicht, Hans, ſtreich's aus!“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |