Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.290. Wenn Gott in dir nur ist, so wird in Höhn und Gründen Der Schöpfung überall sein Wirken dir sich künden. Dis ist, und dieses nur, die Hülfe der Natur: Sie lehret dich nicht Gott, doch zeigt dir seine Spur. Das wesentliche Licht muß in dir seyn dein eigen, Wenn sich sein Abglanz soll in tausend Spiegeln zeigen. Der Schlüssel der Natur muß dir in Händen ruhn, Um ihre ewigen Schatzkammern aufzuthun. Wie aber ist nun Gott in dich hineingekommen? Hast du ihn auf- und an-? hat er dich eingenommen? Du hast ihn nicht erdacht, noch selbst hervorgebracht; Schlief er villeicht in dir, und wäre nur erwacht? Du bist die Wiege, die er selber sich erkoren;
Nicht du gebarest ihn, er hat sich dir geboren. 290. Wenn Gott in dir nur iſt, ſo wird in Hoͤhn und Gruͤnden Der Schoͤpfung uͤberall ſein Wirken dir ſich kuͤnden. Dis iſt, und dieſes nur, die Huͤlfe der Natur: Sie lehret dich nicht Gott, doch zeigt dir ſeine Spur. Das weſentliche Licht muß in dir ſeyn dein eigen, Wenn ſich ſein Abglanz ſoll in tauſend Spiegeln zeigen. Der Schluͤſſel der Natur muß dir in Haͤnden ruhn, Um ihre ewigen Schatzkammern aufzuthun. Wie aber iſt nun Gott in dich hineingekommen? Haſt du ihn auf- und an-? hat er dich eingenommen? Du haſt ihn nicht erdacht, noch ſelbſt hervorgebracht; Schlief er villeicht in dir, und waͤre nur erwacht? Du biſt die Wiege, die er ſelber ſich erkoren;
Nicht du gebareſt ihn, er hat ſich dir geboren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0186" n="176"/> <div n="2"> <head>290.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn Gott in dir nur iſt, ſo wird in Hoͤhn und Gruͤnden</l><lb/> <l>Der Schoͤpfung uͤberall ſein Wirken dir ſich kuͤnden.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Dis iſt, und dieſes nur, die Huͤlfe der Natur:</l><lb/> <l>Sie lehret dich nicht Gott, doch zeigt dir ſeine Spur.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Das weſentliche Licht muß in dir ſeyn dein eigen,</l><lb/> <l>Wenn ſich ſein Abglanz ſoll in tauſend Spiegeln zeigen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Schluͤſſel der Natur muß dir in Haͤnden ruhn,</l><lb/> <l>Um ihre ewigen Schatzkammern aufzuthun.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Wie aber iſt nun Gott in dich hineingekommen?</l><lb/> <l>Haſt du ihn auf- und an-? hat er dich eingenommen?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Du haſt ihn nicht erdacht, noch ſelbſt hervorgebracht;</l><lb/> <l>Schlief er villeicht in dir, und waͤre nur erwacht?</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Du biſt die Wiege, die er ſelber ſich erkoren;</l><lb/> <l>Nicht du gebareſt ihn, er hat ſich dir geboren.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0186]
290.
Wenn Gott in dir nur iſt, ſo wird in Hoͤhn und Gruͤnden
Der Schoͤpfung uͤberall ſein Wirken dir ſich kuͤnden.
Dis iſt, und dieſes nur, die Huͤlfe der Natur:
Sie lehret dich nicht Gott, doch zeigt dir ſeine Spur.
Das weſentliche Licht muß in dir ſeyn dein eigen,
Wenn ſich ſein Abglanz ſoll in tauſend Spiegeln zeigen.
Der Schluͤſſel der Natur muß dir in Haͤnden ruhn,
Um ihre ewigen Schatzkammern aufzuthun.
Wie aber iſt nun Gott in dich hineingekommen?
Haſt du ihn auf- und an-? hat er dich eingenommen?
Du haſt ihn nicht erdacht, noch ſelbſt hervorgebracht;
Schlief er villeicht in dir, und waͤre nur erwacht?
Du biſt die Wiege, die er ſelber ſich erkoren;
Nicht du gebareſt ihn, er hat ſich dir geboren.
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