Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.242. Vom Glauben gehst du aus, und kehrst zurück zum Glauben; Der Zweifel steht am Weg, die Ruhe dir zu rauben. Gehst du ihm aus dem Weg? er ist auf allen Wegen, In anderer Gestalt tritt er dir dort entgegen. Drum flieh nicht vor dem Feind, und such' ihn auch nicht auf; Wo er dir aufstößt, räum' ihn fort aus deinem Lauf! Bekämpfen mußt du ihn, du mußt ihn überwinden, Willst du durch sein Gebiet den Weg zur Wahrheit finden. Du zweifelst nicht, weil du geworden weiser bist; Du zweifelst, weil noch reif nicht deine Weisheit ist. Der Zweifel ist die Hüll', in der die Frucht soll reifen, Und die gereifte Frucht wird ihre Hüll' abstreifen. 242. Vom Glauben gehſt du aus, und kehrſt zuruͤck zum Glauben; Der Zweifel ſteht am Weg, die Ruhe dir zu rauben. Gehſt du ihm aus dem Weg? er iſt auf allen Wegen, In anderer Geſtalt tritt er dir dort entgegen. Drum flieh nicht vor dem Feind, und ſuch' ihn auch nicht auf; Wo er dir aufſtoͤßt, raͤum' ihn fort aus deinem Lauf! Bekaͤmpfen mußt du ihn, du mußt ihn uͤberwinden, Willſt du durch ſein Gebiet den Weg zur Wahrheit finden. Du zweifelſt nicht, weil du geworden weiſer biſt; Du zweifelſt, weil noch reif nicht deine Weisheit iſt. Der Zweifel iſt die Huͤll', in der die Frucht ſoll reifen, Und die gereifte Frucht wird ihre Huͤll' abſtreifen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0154" n="144"/> <div n="2"> <head>242.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Vom Glauben gehſt du aus, und kehrſt zuruͤck zum Glauben;</l><lb/> <l>Der Zweifel ſteht am Weg, die Ruhe dir zu rauben.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Gehſt du ihm aus dem Weg? er iſt auf allen Wegen,</l><lb/> <l>In anderer Geſtalt tritt er dir dort entgegen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Drum flieh nicht vor dem Feind, und ſuch' ihn auch nicht auf;</l><lb/> <l>Wo er dir aufſtoͤßt, raͤum' ihn fort aus deinem Lauf!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Bekaͤmpfen mußt du ihn, du mußt ihn uͤberwinden,</l><lb/> <l>Willſt du durch ſein Gebiet den Weg zur Wahrheit finden.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Du zweifelſt nicht, weil du geworden weiſer biſt;</l><lb/> <l>Du zweifelſt, weil noch reif nicht deine Weisheit iſt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der Zweifel iſt die Huͤll', in der die Frucht ſoll reifen,</l><lb/> <l>Und die gereifte Frucht wird ihre Huͤll' abſtreifen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [144/0154]
242.
Vom Glauben gehſt du aus, und kehrſt zuruͤck zum Glauben;
Der Zweifel ſteht am Weg, die Ruhe dir zu rauben.
Gehſt du ihm aus dem Weg? er iſt auf allen Wegen,
In anderer Geſtalt tritt er dir dort entgegen.
Drum flieh nicht vor dem Feind, und ſuch' ihn auch nicht auf;
Wo er dir aufſtoͤßt, raͤum' ihn fort aus deinem Lauf!
Bekaͤmpfen mußt du ihn, du mußt ihn uͤberwinden,
Willſt du durch ſein Gebiet den Weg zur Wahrheit finden.
Du zweifelſt nicht, weil du geworden weiſer biſt;
Du zweifelſt, weil noch reif nicht deine Weisheit iſt.
Der Zweifel iſt die Huͤll', in der die Frucht ſoll reifen,
Und die gereifte Frucht wird ihre Huͤll' abſtreifen.
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