Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Dis Stehende kann seyn das Ewige allein,
Vor dem die Wahrheit steht und niederfällt der Schein.
Zieh alles Irdische vor dieses Gottgericht!
Wahr ist, was mit ihm stimmt, und falsch was widerspricht.

233.
Daß in denselben Fluß du kannst nicht zweimal steigen,
Weil jeden Augenblick ihm andre Flut ist eigen,
Und daß du selber auch, dir selber nicht getreuer,
Bist jeden Augenblick ein anderer und neuer;
Der Weise, der dis sprach, du meinest wol, daß schwach
Er war und wandelbar, beweglich wie der Bach?
Vielmehr unwandelbar war er, und blieb dabei,
Beharrlich, steif und stät, daß Alles unstät sei.
Selbst unbeweglich, ließ er alles sich bewegen,
Und dachte nicht daran sich selbst zu widerlegen.

Dis Stehende kann ſeyn das Ewige allein,
Vor dem die Wahrheit ſteht und niederfaͤllt der Schein.
Zieh alles Irdiſche vor dieſes Gottgericht!
Wahr iſt, was mit ihm ſtimmt, und falſch was widerſpricht.

233.
Daß in denſelben Fluß du kannſt nicht zweimal ſteigen,
Weil jeden Augenblick ihm andre Flut iſt eigen,
Und daß du ſelber auch, dir ſelber nicht getreuer,
Biſt jeden Augenblick ein anderer und neuer;
Der Weiſe, der dis ſprach, du meineſt wol, daß ſchwach
Er war und wandelbar, beweglich wie der Bach?
Vielmehr unwandelbar war er, und blieb dabei,
Beharrlich, ſteif und ſtaͤt, daß Alles unſtaͤt ſei.
Selbſt unbeweglich, ließ er alles ſich bewegen,
Und dachte nicht daran ſich ſelbſt zu widerlegen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0148" n="138"/>
            </l>
            <lg n="6">
              <l>Dis Stehende kann &#x017F;eyn das Ewige allein,</l><lb/>
              <l>Vor dem die Wahrheit &#x017F;teht und niederfa&#x0364;llt der Schein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Zieh alles Irdi&#x017F;che vor die&#x017F;es Gottgericht!</l><lb/>
              <l>Wahr i&#x017F;t, was mit ihm &#x017F;timmt, und fal&#x017F;ch was wider&#x017F;pricht.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>233.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Daß in den&#x017F;elben Fluß du kann&#x017F;t nicht zweimal &#x017F;teigen,</l><lb/>
              <l>Weil jeden Augenblick ihm andre Flut i&#x017F;t eigen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und daß du &#x017F;elber auch, dir &#x017F;elber nicht getreuer,</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t jeden Augenblick ein anderer und neuer;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Der Wei&#x017F;e, der dis &#x017F;prach, du meine&#x017F;t wol, daß &#x017F;chwach</l><lb/>
              <l>Er war und wandelbar, beweglich wie der Bach?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Vielmehr unwandelbar war er, und blieb dabei,</l><lb/>
              <l>Beharrlich, &#x017F;teif und &#x017F;ta&#x0364;t, daß Alles un&#x017F;ta&#x0364;t &#x017F;ei.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Selb&#x017F;t unbeweglich, ließ er alles &#x017F;ich bewegen,</l><lb/>
              <l>Und dachte nicht daran &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu widerlegen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0148] Dis Stehende kann ſeyn das Ewige allein, Vor dem die Wahrheit ſteht und niederfaͤllt der Schein. Zieh alles Irdiſche vor dieſes Gottgericht! Wahr iſt, was mit ihm ſtimmt, und falſch was widerſpricht. 233. Daß in denſelben Fluß du kannſt nicht zweimal ſteigen, Weil jeden Augenblick ihm andre Flut iſt eigen, Und daß du ſelber auch, dir ſelber nicht getreuer, Biſt jeden Augenblick ein anderer und neuer; Der Weiſe, der dis ſprach, du meineſt wol, daß ſchwach Er war und wandelbar, beweglich wie der Bach? Vielmehr unwandelbar war er, und blieb dabei, Beharrlich, ſteif und ſtaͤt, daß Alles unſtaͤt ſei. Selbſt unbeweglich, ließ er alles ſich bewegen, Und dachte nicht daran ſich ſelbſt zu widerlegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/148
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/148>, abgerufen am 21.12.2024.