Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.151. Wie trefflich ist gesagt das Wort des alten Weisen: Mein Sohn, die Zunge ist von Fleisch, das Schwert von Eisen. Laß deine Zunge nie das Amt des Schwertes führen; Zweischneidig, spitz und scharf, das will ihr nicht gebühren. 152. Du bleibst in deiner Klaus' und gehst nicht aus dem Haus, So blicke manchmal doch zum Fenster nur hinaus. Und wenn zu deiner Würd' auch das sich nicht will schicken, So laß die Welt zu dir manchmal durchs Fenster blicken. Dein Fenster liegt so hoch, nichts Niedres schaut herein, Am Tage nur die Sonn', und Nachts der Sterne Schein. Was nicht die Sonne sieht, das werden Sterne sehn; Und theilen sie dirs mit, so wird dir nichts entgehn. 151. Wie trefflich iſt geſagt das Wort des alten Weiſen: Mein Sohn, die Zunge iſt von Fleiſch, das Schwert von Eiſen. Laß deine Zunge nie das Amt des Schwertes fuͤhren; Zweiſchneidig, ſpitz und ſcharf, das will ihr nicht gebuͤhren. 152. Du bleibſt in deiner Klauſ' und gehſt nicht aus dem Haus, So blicke manchmal doch zum Fenſter nur hinaus. Und wenn zu deiner Wuͤrd' auch das ſich nicht will ſchicken, So laß die Welt zu dir manchmal durchs Fenſter blicken. Dein Fenſter liegt ſo hoch, nichts Niedres ſchaut herein, Am Tage nur die Sonn', und Nachts der Sterne Schein. Was nicht die Sonne ſieht, das werden Sterne ſehn; Und theilen ſie dirs mit, ſo wird dir nichts entgehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0103" n="93"/> <div n="2"> <head>151.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie trefflich iſt geſagt das Wort des alten Weiſen:</l><lb/> <l>Mein Sohn, die Zunge iſt von Fleiſch, das Schwert von Eiſen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Laß deine Zunge nie das Amt des Schwertes fuͤhren;</l><lb/> <l>Zweiſchneidig, ſpitz und ſcharf, das will ihr nicht gebuͤhren.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>152.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Du bleibſt in deiner Klauſ' und gehſt nicht aus dem Haus,</l><lb/> <l>So blicke manchmal doch zum Fenſter nur hinaus.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und wenn zu deiner Wuͤrd' auch das ſich nicht will ſchicken,</l><lb/> <l>So laß die Welt zu dir manchmal durchs Fenſter blicken.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Dein Fenſter liegt ſo hoch, nichts Niedres ſchaut herein,</l><lb/> <l>Am Tage nur die Sonn', und Nachts der Sterne Schein.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Was nicht die Sonne ſieht, das werden Sterne ſehn;</l><lb/> <l>Und theilen ſie dirs mit, ſo wird dir nichts entgehn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
151.
Wie trefflich iſt geſagt das Wort des alten Weiſen:
Mein Sohn, die Zunge iſt von Fleiſch, das Schwert von Eiſen.
Laß deine Zunge nie das Amt des Schwertes fuͤhren;
Zweiſchneidig, ſpitz und ſcharf, das will ihr nicht gebuͤhren.
152.
Du bleibſt in deiner Klauſ' und gehſt nicht aus dem Haus,
So blicke manchmal doch zum Fenſter nur hinaus.
Und wenn zu deiner Wuͤrd' auch das ſich nicht will ſchicken,
So laß die Welt zu dir manchmal durchs Fenſter blicken.
Dein Fenſter liegt ſo hoch, nichts Niedres ſchaut herein,
Am Tage nur die Sonn', und Nachts der Sterne Schein.
Was nicht die Sonne ſieht, das werden Sterne ſehn;
Und theilen ſie dirs mit, ſo wird dir nichts entgehn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/103 |
Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/103>, abgerufen am 22.02.2025. |