Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.6. Wenn du das dicke Buch durchblätterst der Geschichte, Du findest wiederholt auf jedem Blatt Berichte Von widerwärt'gem Kampf und greulichem Verrath, Und selbst auf dunklem Grund steht jede lichte That. Und auch des Dichters Kunst, die sich die freie nennt, Doch knechtisch hinterdrein nur der Geschichte rennt. Weiß auch nichts Besseres zu unserem Ergetzen, Als nächtliches Geschick und blutiges Entsetzen. Als sei von Gottes Welt nur dieses vorzuzeigen, Was man ehr sollt' aus ihr vertilgen durch Verschweigen. Als sei in der Natur nur Frost und Hagelschlag, Und gift'ger Raupenfraß, kein blühnder Rosenhag; Und in des Menschen Haus nur Krankenstubenjammer, Kein Kindertummelplatz und keine Hochzeitkammer. 6. Wenn du das dicke Buch durchblaͤtterſt der Geſchichte, Du findeſt wiederholt auf jedem Blatt Berichte Von widerwaͤrt'gem Kampf und greulichem Verrath, Und ſelbſt auf dunklem Grund ſteht jede lichte That. Und auch des Dichters Kunſt, die ſich die freie nennt, Doch knechtiſch hinterdrein nur der Geſchichte rennt. Weiß auch nichts Beſſeres zu unſerem Ergetzen, Als naͤchtliches Geſchick und blutiges Entſetzen. Als ſei von Gottes Welt nur dieſes vorzuzeigen, Was man ehr ſollt' aus ihr vertilgen durch Verſchweigen. Als ſei in der Natur nur Froſt und Hagelſchlag, Und gift'ger Raupenfraß, kein bluͤhnder Roſenhag; Und in des Menſchen Haus nur Krankenſtubenjammer, Kein Kindertummelplatz und keine Hochzeitkammer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0095" n="85"/> <div n="2"> <head>6.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wenn du das dicke Buch durchblaͤtterſt der Geſchichte,</l><lb/> <l>Du findeſt wiederholt auf jedem Blatt Berichte</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Von widerwaͤrt'gem Kampf und greulichem Verrath,</l><lb/> <l>Und ſelbſt auf dunklem Grund ſteht jede lichte That.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und auch des Dichters Kunſt, die ſich die freie nennt,</l><lb/> <l>Doch knechtiſch hinterdrein nur der Geſchichte rennt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Weiß auch nichts Beſſeres zu unſerem Ergetzen,</l><lb/> <l>Als naͤchtliches Geſchick und blutiges Entſetzen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Als ſei von Gottes Welt nur dieſes vorzuzeigen,</l><lb/> <l>Was man ehr ſollt' aus ihr vertilgen durch Verſchweigen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Als ſei in der Natur nur Froſt und Hagelſchlag,</l><lb/> <l>Und gift'ger Raupenfraß, kein bluͤhnder Roſenhag;</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Und in des Menſchen Haus nur Krankenſtubenjammer,</l><lb/> <l>Kein Kindertummelplatz und keine Hochzeitkammer.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0095]
6.
Wenn du das dicke Buch durchblaͤtterſt der Geſchichte,
Du findeſt wiederholt auf jedem Blatt Berichte
Von widerwaͤrt'gem Kampf und greulichem Verrath,
Und ſelbſt auf dunklem Grund ſteht jede lichte That.
Und auch des Dichters Kunſt, die ſich die freie nennt,
Doch knechtiſch hinterdrein nur der Geſchichte rennt.
Weiß auch nichts Beſſeres zu unſerem Ergetzen,
Als naͤchtliches Geſchick und blutiges Entſetzen.
Als ſei von Gottes Welt nur dieſes vorzuzeigen,
Was man ehr ſollt' aus ihr vertilgen durch Verſchweigen.
Als ſei in der Natur nur Froſt und Hagelſchlag,
Und gift'ger Raupenfraß, kein bluͤhnder Roſenhag;
Und in des Menſchen Haus nur Krankenſtubenjammer,
Kein Kindertummelplatz und keine Hochzeitkammer.
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