Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
65.
Verein' mit Selbstvertraun Mistraun in deine Kraft;
Durch stetes Ringen wird der Schüler meisterhaft.
Daß du's noch nicht vollbracht, daß du es kannst vollbringen,
Daß du's vollbringen mußt, das macht es dich erringen.
Auflösen mußt du erst, doch Alles ist das nicht,
Den Glanz der Außenwelt in innerliches Licht.
Entfalten mußt du dann, und dieses ist der Kranz,
Das innerliche Licht in äußerlichen Glanz.
Du mußt die fremde Welt in deinen Busen fassen,
Um als die eigne dann sie schöner zu entlassen.
Das sagt dir der Poet, auch wenn du keiner bist,
Weil doch die Poesie ein Bild des Lebens ist.
Die Dichtkunst mögest du als Kunst des Lebens brauchen,
Um recht dich in die Welt, die Welt in dich zu tauchen.
Auf! wenn dein Bau dir selbst und andern schön soll deuchten,
So mische recht den Stoff des Trocknen und des Feuchten.
65.
Verein' mit Selbſtvertraun Mistraun in deine Kraft;
Durch ſtetes Ringen wird der Schuͤler meiſterhaft.
Daß du's noch nicht vollbracht, daß du es kannſt vollbringen,
Daß du's vollbringen mußt, das macht es dich erringen.
Aufloͤſen mußt du erſt, doch Alles iſt das nicht,
Den Glanz der Außenwelt in innerliches Licht.
Entfalten mußt du dann, und dieſes iſt der Kranz,
Das innerliche Licht in aͤußerlichen Glanz.
Du mußt die fremde Welt in deinen Buſen faſſen,
Um als die eigne dann ſie ſchoͤner zu entlaſſen.
Das ſagt dir der Poet, auch wenn du keiner biſt,
Weil doch die Poeſie ein Bild des Lebens iſt.
Die Dichtkunſt moͤgeſt du als Kunſt des Lebens brauchen,
Um recht dich in die Welt, die Welt in dich zu tauchen.
Auf! wenn dein Bau dir ſelbſt und andern ſchoͤn ſoll deuchten,
So miſche recht den Stoff des Trocknen und des Feuchten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0064" n="54"/>
        <div n="2">
          <head>65.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Verein' mit Selb&#x017F;tvertraun Mistraun in deine Kraft;</l><lb/>
              <l>Durch &#x017F;tetes Ringen wird der Schu&#x0364;ler mei&#x017F;terhaft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Daß du's noch nicht vollbracht, daß du es kann&#x017F;t vollbringen,</l><lb/>
              <l>Daß du's vollbringen mußt, das macht es dich erringen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Auflo&#x0364;&#x017F;en mußt du er&#x017F;t, doch Alles i&#x017F;t das nicht,</l><lb/>
              <l>Den Glanz der Außenwelt in innerliches Licht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Entfalten mußt du dann, und die&#x017F;es i&#x017F;t der Kranz,</l><lb/>
              <l>Das innerliche Licht in a&#x0364;ußerlichen Glanz.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Du mußt die fremde Welt in deinen Bu&#x017F;en fa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Um als die eigne dann &#x017F;ie &#x017F;cho&#x0364;ner zu entla&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Das &#x017F;agt dir der Poet, auch wenn du keiner bi&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Weil doch die Poe&#x017F;ie ein Bild des Lebens i&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Die Dichtkun&#x017F;t mo&#x0364;ge&#x017F;t du als Kun&#x017F;t des Lebens brauchen,</l><lb/>
              <l>Um recht dich in die Welt, die Welt in dich zu tauchen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Auf! wenn dein Bau dir &#x017F;elb&#x017F;t und andern &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;oll deuchten,</l><lb/>
              <l>So mi&#x017F;che recht den Stoff des Trocknen und des Feuchten.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0064] 65. Verein' mit Selbſtvertraun Mistraun in deine Kraft; Durch ſtetes Ringen wird der Schuͤler meiſterhaft. Daß du's noch nicht vollbracht, daß du es kannſt vollbringen, Daß du's vollbringen mußt, das macht es dich erringen. Aufloͤſen mußt du erſt, doch Alles iſt das nicht, Den Glanz der Außenwelt in innerliches Licht. Entfalten mußt du dann, und dieſes iſt der Kranz, Das innerliche Licht in aͤußerlichen Glanz. Du mußt die fremde Welt in deinen Buſen faſſen, Um als die eigne dann ſie ſchoͤner zu entlaſſen. Das ſagt dir der Poet, auch wenn du keiner biſt, Weil doch die Poeſie ein Bild des Lebens iſt. Die Dichtkunſt moͤgeſt du als Kunſt des Lebens brauchen, Um recht dich in die Welt, die Welt in dich zu tauchen. Auf! wenn dein Bau dir ſelbſt und andern ſchoͤn ſoll deuchten, So miſche recht den Stoff des Trocknen und des Feuchten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/64
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/64>, abgerufen am 21.12.2024.