Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.58. Dem Menschen kann nicht leicht ein größrer Spott geschehn, Als, gibt ein Spiegel ihm verzerrt sich selbst zu sehn. Das ist ein Buch, das dir in einem fremden Geist Den eigenen, entstellt zur Geistesfratze, weist. 59. Zum Tod bereite sich, wer nicht mehr kann genesen; Und was nicht weiter hält, mag auseinander wesen. Wol ists ein Trost zu sehn, daß in Verwesung auch Sich neues Leben regt, nur ists kein süßer Hauch. Der Moderschöpfung ab wend' eilig deine Blicke, Daß rein des Lebens Bild dich Lebenden erquicke! 58. Dem Menſchen kann nicht leicht ein groͤßrer Spott geſchehn, Als, gibt ein Spiegel ihm verzerrt ſich ſelbſt zu ſehn. Das iſt ein Buch, das dir in einem fremden Geiſt Den eigenen, entſtellt zur Geiſtesfratze, weiſt. 59. Zum Tod bereite ſich, wer nicht mehr kann geneſen; Und was nicht weiter haͤlt, mag auseinander weſen. Wol iſts ein Troſt zu ſehn, daß in Verweſung auch Sich neues Leben regt, nur iſts kein ſuͤßer Hauch. Der Moderſchoͤpfung ab wend' eilig deine Blicke, Daß rein des Lebens Bild dich Lebenden erquicke! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0060" n="50"/> <div n="2"> <head>58.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Dem Menſchen kann nicht leicht ein groͤßrer Spott geſchehn,</l><lb/> <l>Als, gibt ein Spiegel ihm verzerrt ſich ſelbſt zu ſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das iſt ein Buch, das dir in einem fremden Geiſt</l><lb/> <l>Den eigenen, entſtellt zur Geiſtesfratze, weiſt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>59.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zum Tod bereite ſich, wer nicht mehr kann geneſen;</l><lb/> <l>Und was nicht weiter haͤlt, mag auseinander weſen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wol iſts ein Troſt zu ſehn, daß in Verweſung auch</l><lb/> <l>Sich neues Leben regt, nur iſts kein ſuͤßer Hauch.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Der Moderſchoͤpfung ab wend' eilig deine Blicke,</l><lb/> <l>Daß rein des Lebens Bild dich Lebenden erquicke!</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [50/0060]
58.
Dem Menſchen kann nicht leicht ein groͤßrer Spott geſchehn,
Als, gibt ein Spiegel ihm verzerrt ſich ſelbſt zu ſehn.
Das iſt ein Buch, das dir in einem fremden Geiſt
Den eigenen, entſtellt zur Geiſtesfratze, weiſt.
59.
Zum Tod bereite ſich, wer nicht mehr kann geneſen;
Und was nicht weiter haͤlt, mag auseinander weſen.
Wol iſts ein Troſt zu ſehn, daß in Verweſung auch
Sich neues Leben regt, nur iſts kein ſuͤßer Hauch.
Der Moderſchoͤpfung ab wend' eilig deine Blicke,
Daß rein des Lebens Bild dich Lebenden erquicke!
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