Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.23. Wie ich dich kehren mag, du kehrst dich selber zu Dem Licht, o Blütenzweig, mich selbst beschämest du. Und jeder Sproß, verkehrt im Boden eingesenkt, Hat bald das Unterste nach Oben umgelenkt. Von innerm Drang gedrängt, von äußerm Zug gezogen, Bleibt ihr dem Licht getreu, und bis zum Tod gewogen. So haltet ihr das Licht, ihr dunkeln Trieb', in Ehren, Und nur der lichte Geist kann ab zur Nacht sich kehren. Doch kann auch er, indeß ihr bleibt an Wurzeln hangen, Dem Lichte zugewandt, zum Lichte selbst gelangen. 23. Wie ich dich kehren mag, du kehrſt dich ſelber zu Dem Licht, o Bluͤtenzweig, mich ſelbſt beſchaͤmeſt du. Und jeder Sproß, verkehrt im Boden eingeſenkt, Hat bald das Unterſte nach Oben umgelenkt. Von innerm Drang gedraͤngt, von aͤußerm Zug gezogen, Bleibt ihr dem Licht getreu, und bis zum Tod gewogen. So haltet ihr das Licht, ihr dunkeln Trieb', in Ehren, Und nur der lichte Geiſt kann ab zur Nacht ſich kehren. Doch kann auch er, indeß ihr bleibt an Wurzeln hangen, Dem Lichte zugewandt, zum Lichte ſelbſt gelangen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0033" n="23"/> <div n="2"> <head>23.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie ich dich kehren mag, du kehrſt dich ſelber zu</l><lb/> <l>Dem Licht, o Bluͤtenzweig, mich ſelbſt beſchaͤmeſt du.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Und jeder Sproß, verkehrt im Boden eingeſenkt,</l><lb/> <l>Hat bald das Unterſte nach Oben umgelenkt.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Von innerm Drang gedraͤngt, von aͤußerm Zug gezogen,</l><lb/> <l>Bleibt ihr dem Licht getreu, und bis zum Tod gewogen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>So haltet ihr das Licht, ihr dunkeln Trieb', in Ehren,</l><lb/> <l>Und nur der lichte Geiſt kann ab zur Nacht ſich kehren.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Doch kann auch er, indeß ihr bleibt an Wurzeln hangen,</l><lb/> <l>Dem Lichte zugewandt, zum Lichte ſelbſt gelangen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [23/0033]
23.
Wie ich dich kehren mag, du kehrſt dich ſelber zu
Dem Licht, o Bluͤtenzweig, mich ſelbſt beſchaͤmeſt du.
Und jeder Sproß, verkehrt im Boden eingeſenkt,
Hat bald das Unterſte nach Oben umgelenkt.
Von innerm Drang gedraͤngt, von aͤußerm Zug gezogen,
Bleibt ihr dem Licht getreu, und bis zum Tod gewogen.
So haltet ihr das Licht, ihr dunkeln Trieb', in Ehren,
Und nur der lichte Geiſt kann ab zur Nacht ſich kehren.
Doch kann auch er, indeß ihr bleibt an Wurzeln hangen,
Dem Lichte zugewandt, zum Lichte ſelbſt gelangen.
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