Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.Nicht das gedeiht zumeist, was man gepflegt mit Fleiß; Stets das Lebendigste wächst ohne daß mans weiß. Drum wechselt Tag und Nacht, weil bald Nachtthaubefeuchtung Das Leben nöthig hat, bald Morgensonnerleuchtung. Drum, weil er in der Nacht vergaß die alten Lieder, Singt sie mit neuer Lust der Vogel täglich wieder. Erinnrung dämmert mir, daß ich schon einst so sang, Und immer neu Gefühl liegt in dem alten Klang. 18. Die Blumen blühn so schön noch wie vor tausend Jahren, Und wir sind schlechter nicht als unsre Väter waren. Die Blumen blühen jetzt nicht schöner als vor Jahren, Und wir sind weiser nicht als unsre Väter waren. Denn wo nur Himmelstrich und Jahrzeit es erlaubt, Blüht Geist in Glanz getaucht, Gemüth von Duft bestaubt. Nicht das gedeiht zumeiſt, was man gepflegt mit Fleiß; Stets das Lebendigſte waͤchſt ohne daß mans weiß. Drum wechſelt Tag und Nacht, weil bald Nachtthaubefeuchtung Das Leben noͤthig hat, bald Morgenſonnerleuchtung. Drum, weil er in der Nacht vergaß die alten Lieder, Singt ſie mit neuer Luſt der Vogel taͤglich wieder. Erinnrung daͤmmert mir, daß ich ſchon einſt ſo ſang, Und immer neu Gefuͤhl liegt in dem alten Klang. 18. Die Blumen bluͤhn ſo ſchoͤn noch wie vor tauſend Jahren, Und wir ſind ſchlechter nicht als unſre Vaͤter waren. Die Blumen bluͤhen jetzt nicht ſchoͤner als vor Jahren, Und wir ſind weiſer nicht als unſre Vaͤter waren. Denn wo nur Himmelſtrich und Jahrzeit es erlaubt, Bluͤht Geiſt in Glanz getaucht, Gemuͤth von Duft beſtaubt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0234" n="224"/> <lg n="5"> <l>Nicht das gedeiht zumeiſt, was man gepflegt mit Fleiß;</l><lb/> <l>Stets das Lebendigſte waͤchſt ohne daß mans weiß.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Drum wechſelt Tag und Nacht, weil bald Nachtthaubefeuchtung</l><lb/> <l>Das Leben noͤthig hat, bald Morgenſonnerleuchtung.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Drum, weil er in der Nacht vergaß die alten Lieder,</l><lb/> <l>Singt ſie mit neuer Luſt der Vogel taͤglich wieder.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Erinnrung daͤmmert mir, daß ich ſchon einſt ſo ſang,</l><lb/> <l>Und immer neu Gefuͤhl liegt in dem alten Klang.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>18.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Blumen bluͤhn ſo ſchoͤn noch wie vor tauſend Jahren,</l><lb/> <l>Und wir ſind ſchlechter nicht als unſre Vaͤter waren.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Die Blumen bluͤhen jetzt nicht ſchoͤner als vor Jahren,</l><lb/> <l>Und wir ſind weiſer nicht als unſre Vaͤter waren.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Denn wo nur Himmelſtrich und Jahrzeit es erlaubt,</l><lb/> <l>Bluͤht Geiſt in Glanz getaucht, Gemuͤth von Duft beſtaubt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [224/0234]
Nicht das gedeiht zumeiſt, was man gepflegt mit Fleiß;
Stets das Lebendigſte waͤchſt ohne daß mans weiß.
Drum wechſelt Tag und Nacht, weil bald Nachtthaubefeuchtung
Das Leben noͤthig hat, bald Morgenſonnerleuchtung.
Drum, weil er in der Nacht vergaß die alten Lieder,
Singt ſie mit neuer Luſt der Vogel taͤglich wieder.
Erinnrung daͤmmert mir, daß ich ſchon einſt ſo ſang,
Und immer neu Gefuͤhl liegt in dem alten Klang.
18.
Die Blumen bluͤhn ſo ſchoͤn noch wie vor tauſend Jahren,
Und wir ſind ſchlechter nicht als unſre Vaͤter waren.
Die Blumen bluͤhen jetzt nicht ſchoͤner als vor Jahren,
Und wir ſind weiſer nicht als unſre Vaͤter waren.
Denn wo nur Himmelſtrich und Jahrzeit es erlaubt,
Bluͤht Geiſt in Glanz getaucht, Gemuͤth von Duft beſtaubt.
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