Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.Vom feuchten Dochte kehrt der Lichtblick sich nach oben; So fühlt sich das Gemüth dem Irdischen enthoben. Doch wo Natur fürs Ohr laut Gottes Lob anstimmt, Da schweigt der Geist der Schrift, den nur der Geist vernimmt. 11. Im heil'gen Weda hat sein Wort Gott offenbart; Doch sein Verständnis nun, wo ist es aufbewahrt? Im Weda selber, der, in sich verständlich klar, Zureichend sich aus sich erkläret immerdar. Wol so von Ursprung klar ist Gottes Wort entfaltet, Allein die Sprach', in der es spricht, ist nun veraltet. Du, um sie zu verstehn, mußt sie erst übertragen; Und ob den rechten Sinn du trafst, wer kann dirs sagen? So scheint das heil'ge Wort zu rechten Sinns Erbeutung Zu fordern fort und fort ein heil'ges Amt der Deutung. Vom feuchten Dochte kehrt der Lichtblick ſich nach oben; So fuͤhlt ſich das Gemuͤth dem Irdiſchen enthoben. Doch wo Natur fuͤrs Ohr laut Gottes Lob anſtimmt, Da ſchweigt der Geiſt der Schrift, den nur der Geiſt vernimmt. 11. Im heil'gen Weda hat ſein Wort Gott offenbart; Doch ſein Verſtaͤndnis nun, wo iſt es aufbewahrt? Im Weda ſelber, der, in ſich verſtaͤndlich klar, Zureichend ſich aus ſich erklaͤret immerdar. Wol ſo von Urſprung klar iſt Gottes Wort entfaltet, Allein die Sprach', in der es ſpricht, iſt nun veraltet. Du, um ſie zu verſtehn, mußt ſie erſt uͤbertragen; Und ob den rechten Sinn du trafſt, wer kann dirs ſagen? So ſcheint das heil'ge Wort zu rechten Sinns Erbeutung Zu fordern fort und fort ein heil'ges Amt der Deutung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0228" n="218"/> <lg n="8"> <l>Vom feuchten Dochte kehrt der Lichtblick ſich nach oben;</l><lb/> <l>So fuͤhlt ſich das Gemuͤth dem Irdiſchen enthoben.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Doch wo Natur fuͤrs Ohr laut Gottes Lob anſtimmt,</l><lb/> <l>Da ſchweigt der Geiſt der Schrift, den nur der Geiſt vernimmt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>11.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Im heil'gen Weda hat ſein Wort Gott offenbart;</l><lb/> <l>Doch ſein Verſtaͤndnis nun, wo iſt es aufbewahrt?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Im Weda ſelber, der, in ſich verſtaͤndlich klar,</l><lb/> <l>Zureichend ſich aus ſich erklaͤret immerdar.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wol ſo von Urſprung klar iſt Gottes Wort entfaltet,</l><lb/> <l>Allein die Sprach', in der es ſpricht, iſt nun veraltet.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Du, um ſie zu verſtehn, mußt ſie erſt uͤbertragen;</l><lb/> <l>Und ob den rechten Sinn du trafſt, wer kann dirs ſagen?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>So ſcheint das heil'ge Wort zu rechten Sinns Erbeutung</l><lb/> <l>Zu fordern fort und fort ein heil'ges Amt der Deutung.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0228]
Vom feuchten Dochte kehrt der Lichtblick ſich nach oben;
So fuͤhlt ſich das Gemuͤth dem Irdiſchen enthoben.
Doch wo Natur fuͤrs Ohr laut Gottes Lob anſtimmt,
Da ſchweigt der Geiſt der Schrift, den nur der Geiſt vernimmt.
11.
Im heil'gen Weda hat ſein Wort Gott offenbart;
Doch ſein Verſtaͤndnis nun, wo iſt es aufbewahrt?
Im Weda ſelber, der, in ſich verſtaͤndlich klar,
Zureichend ſich aus ſich erklaͤret immerdar.
Wol ſo von Urſprung klar iſt Gottes Wort entfaltet,
Allein die Sprach', in der es ſpricht, iſt nun veraltet.
Du, um ſie zu verſtehn, mußt ſie erſt uͤbertragen;
Und ob den rechten Sinn du trafſt, wer kann dirs ſagen?
So ſcheint das heil'ge Wort zu rechten Sinns Erbeutung
Zu fordern fort und fort ein heil'ges Amt der Deutung.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |