Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Was, Vater, hilft es dir, daß Gott dir Kinder gab,
Wenn ihnen du den Blick gleichgültig wendest ab?
Wenn du aus reiner Lust nach ihnen schauest selten,
Und fast nur, wann du willst befehlen oder schelten!

69.
Mir kam ein Freund, den ich nicht sah in langen Jahren,
Der hatte nichts von mir, ich nichts von ihm erfahren.
Nun gieng er ohne daß er viel von mir erfuhr,
Weil er von sich allein mich ließ erfahren nur.
Es war ihm offenbar viel minder um mein Leben
Zu thun, als Kunde mir vom seinigen zu geben.
So hat er denn von mir in Wahrheit nichts bekommen;
Ich habe, was von ihm zu brauchen war, genommen.

Was, Vater, hilft es dir, daß Gott dir Kinder gab,
Wenn ihnen du den Blick gleichguͤltig wendeſt ab?
Wenn du aus reiner Luſt nach ihnen ſchaueſt ſelten,
Und faſt nur, wann du willſt befehlen oder ſchelten!

69.
Mir kam ein Freund, den ich nicht ſah in langen Jahren,
Der hatte nichts von mir, ich nichts von ihm erfahren.
Nun gieng er ohne daß er viel von mir erfuhr,
Weil er von ſich allein mich ließ erfahren nur.
Es war ihm offenbar viel minder um mein Leben
Zu thun, als Kunde mir vom ſeinigen zu geben.
So hat er denn von mir in Wahrheit nichts bekommen;
Ich habe, was von ihm zu brauchen war, genommen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0193" n="183"/>
            <lg n="5">
              <l>Was, Vater, hilft es dir, daß Gott dir Kinder gab,</l><lb/>
              <l>Wenn ihnen du den Blick gleichgu&#x0364;ltig wende&#x017F;t ab?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Wenn du aus reiner Lu&#x017F;t nach ihnen &#x017F;chaue&#x017F;t &#x017F;elten,</l><lb/>
              <l>Und fa&#x017F;t nur, wann du will&#x017F;t befehlen oder &#x017F;chelten!</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>69.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Mir kam ein Freund, den ich nicht &#x017F;ah in langen Jahren,</l><lb/>
              <l>Der hatte nichts von mir, ich nichts von ihm erfahren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nun gieng er ohne daß er viel von mir erfuhr,</l><lb/>
              <l>Weil er von &#x017F;ich allein mich ließ erfahren nur.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Es war ihm offenbar viel minder um mein Leben</l><lb/>
              <l>Zu thun, als Kunde mir vom &#x017F;einigen zu geben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>So hat er denn von mir in Wahrheit nichts bekommen;</l><lb/>
              <l>Ich habe, was von ihm zu brauchen war, genommen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0193] Was, Vater, hilft es dir, daß Gott dir Kinder gab, Wenn ihnen du den Blick gleichguͤltig wendeſt ab? Wenn du aus reiner Luſt nach ihnen ſchaueſt ſelten, Und faſt nur, wann du willſt befehlen oder ſchelten! 69. Mir kam ein Freund, den ich nicht ſah in langen Jahren, Der hatte nichts von mir, ich nichts von ihm erfahren. Nun gieng er ohne daß er viel von mir erfuhr, Weil er von ſich allein mich ließ erfahren nur. Es war ihm offenbar viel minder um mein Leben Zu thun, als Kunde mir vom ſeinigen zu geben. So hat er denn von mir in Wahrheit nichts bekommen; Ich habe, was von ihm zu brauchen war, genommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/193
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/193>, abgerufen am 21.12.2024.