Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
Doch bildet' ich mir ein, hätt' ich es je versäumt,
Ich hätte böser Macht den Spielraum eingeräumt.
Und hätt' es deshalb auch nicht minder wohl geruht,
Geschlafen hätt' ich selbst darum doch minder gut.

62.
Was sagst du mir? du willst mir sagen wol von dort,
Wohin du mir voran gegangen bist, ein Wort?
Du stehst, o Schwestergeist, mit sprechenden Geberden
Vor meinen Augen, wie du wandeltest auf Erden.
Die Mienen mir bekannt, die Töne mir vertraut,
Nur leiser für den Sinn, dem Ohre minder laut;
Doch deutlich mir, daß du, mit deinem Looß zufrieden,
Nicht von der Theilnahm' auch an meinem bist geschieden.
Theilnehmen lässest du an deinem Glück mich auch,
Hinschwebend, wie du hergeschwebt, ein Friedenshauch.

Doch bildet' ich mir ein, haͤtt' ich es je verſaͤumt,
Ich haͤtte boͤſer Macht den Spielraum eingeraͤumt.
Und haͤtt' es deshalb auch nicht minder wohl geruht,
Geſchlafen haͤtt' ich ſelbſt darum doch minder gut.

62.
Was ſagſt du mir? du willſt mir ſagen wol von dort,
Wohin du mir voran gegangen biſt, ein Wort?
Du ſtehſt, o Schweſtergeiſt, mit ſprechenden Geberden
Vor meinen Augen, wie du wandelteſt auf Erden.
Die Mienen mir bekannt, die Toͤne mir vertraut,
Nur leiſer fuͤr den Sinn, dem Ohre minder laut;
Doch deutlich mir, daß du, mit deinem Looß zufrieden,
Nicht von der Theilnahm' auch an meinem biſt geſchieden.
Theilnehmen laͤſſeſt du an deinem Gluͤck mich auch,
Hinſchwebend, wie du hergeſchwebt, ein Friedenshauch.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0189" n="179"/>
            <lg n="4">
              <l>Doch bildet' ich mir ein, ha&#x0364;tt' ich es je ver&#x017F;a&#x0364;umt,</l><lb/>
              <l>Ich ha&#x0364;tte bo&#x0364;&#x017F;er Macht den Spielraum eingera&#x0364;umt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und ha&#x0364;tt' es deshalb auch nicht minder wohl geruht,</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;chlafen ha&#x0364;tt' ich &#x017F;elb&#x017F;t darum doch minder gut.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>62.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Was &#x017F;ag&#x017F;t du mir? du will&#x017F;t mir &#x017F;agen wol von dort,</l><lb/>
              <l>Wohin du mir voran gegangen bi&#x017F;t, ein Wort?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Du &#x017F;teh&#x017F;t, o Schwe&#x017F;tergei&#x017F;t, mit &#x017F;prechenden Geberden</l><lb/>
              <l>Vor meinen Augen, wie du wandelte&#x017F;t auf Erden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Die Mienen mir bekannt, die To&#x0364;ne mir vertraut,</l><lb/>
              <l>Nur lei&#x017F;er fu&#x0364;r den Sinn, dem Ohre minder laut;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Doch deutlich mir, daß du, mit deinem Looß zufrieden,</l><lb/>
              <l>Nicht von der Theilnahm' auch an meinem bi&#x017F;t ge&#x017F;chieden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Theilnehmen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t du an deinem Glu&#x0364;ck mich auch,</l><lb/>
              <l>Hin&#x017F;chwebend, wie du herge&#x017F;chwebt, ein Friedenshauch.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0189] Doch bildet' ich mir ein, haͤtt' ich es je verſaͤumt, Ich haͤtte boͤſer Macht den Spielraum eingeraͤumt. Und haͤtt' es deshalb auch nicht minder wohl geruht, Geſchlafen haͤtt' ich ſelbſt darum doch minder gut. 62. Was ſagſt du mir? du willſt mir ſagen wol von dort, Wohin du mir voran gegangen biſt, ein Wort? Du ſtehſt, o Schweſtergeiſt, mit ſprechenden Geberden Vor meinen Augen, wie du wandelteſt auf Erden. Die Mienen mir bekannt, die Toͤne mir vertraut, Nur leiſer fuͤr den Sinn, dem Ohre minder laut; Doch deutlich mir, daß du, mit deinem Looß zufrieden, Nicht von der Theilnahm' auch an meinem biſt geſchieden. Theilnehmen laͤſſeſt du an deinem Gluͤck mich auch, Hinſchwebend, wie du hergeſchwebt, ein Friedenshauch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/189
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/189>, abgerufen am 21.11.2024.