SArah Raymond war die Tochter eines reichen Bürgers neben London-stone in der Cannon-Street wohnhafft. Sie wur- de noch sehr jung an den Mann gebracht; Als aber ihr Hauß-Wirth eine considerable Por- tion, so er mit ihr bekommen, durch die Gurgel gejagt und verschwendet hatte, zudem ihr sehr übel mitspielete, begab sie sich nach Hause zu ihrem Vater, bey dem gleich damals eine Dame, Nah- mens L - - logirte, deren anderer Sohn, ein Advocat des Mittle-temples, hierdurch Ge- legenheit bekam, seine Hochachtung gegen sie zu bezeigen, massen es ihr an keinen Vollkommenhei- ten fehlete, so bey dem weiblichen Geschlechte er- fordert werden, eine Manns-Person zu ihrer Liebe zu verpflichten. Der bittere Haß, den sie wider ihres Mannes Ausschweiffungen geschöpffet hatte, als welche ihn auch nöthigten, sich vor seinen Gläu- bigern unsichtbar zu machen, verleitete sie, daß sie dem Ritter L - - wissen liesse, welcher gestalt sie sein Hertz ihrer Affection würdig erachtete: Da- hero er sich dieser Gunst-Bezeigung aufs beste zu bedienen wuste; Und weil er höchst-begierig
war,
Madame Raymond,
X. Madame Raymond, und der Graf von D ‒ ‒.
SArah Raymond war die Tochter eines reichen Buͤrgers neben London-ſtone in der Cannon-Street wohnhafft. Sie wur- de noch ſehr jung an den Mann gebracht; Als aber ihr Hauß-Wirth eine conſiderable Por- tion, ſo er mit ihr bekommen, durch die Gurgel gejagt und verſchwendet hatte, zudem ihr ſehr uͤbel mitſpielete, begab ſie ſich nach Hauſe zu ihrem Vater, bey dem gleich damals eine Dame, Nah- mens L ‒ ‒ logirte, deren anderer Sohn, ein Advocat des Mittle-temples, hierdurch Ge- legenheit bekam, ſeine Hochachtung gegen ſie zu bezeigen, maſſen es ihr an keinen Vollkommenhei- ten fehlete, ſo bey dem weiblichen Geſchlechte er- fordert werden, eine Manns-Perſon zu ihrer Liebe zu verpflichten. Der bittere Haß, den ſie wider ihres Mannes Ausſchweiffungen geſchoͤpffet hatte, als welche ihn auch noͤthigten, ſich vor ſeinen Glaͤu- bigern unſichtbar zu machen, verleitete ſie, daß ſie dem Ritter L ‒ ‒ wiſſen lieſſe, welcher geſtalt ſie ſein Hertz ihrer Affection wuͤrdig erachtete: Da- hero er ſich dieſer Gunſt-Bezeigung aufs beſte zu bedienen wuſte; Und weil er hoͤchſt-begierig
war,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0128"n="108"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">Madame Raymond,</hi></hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">X.<lb/>
Madame Raymond,</hi> und der<lb/>
Graf von <hirendition="#aq">D</hi>‒‒.</hi></head><lb/><p><hirendition="#aq"><hirendition="#in">S</hi>Arah Raymond</hi> war die Tochter eines<lb/>
reichen Buͤrgers neben <hirendition="#aq">London-ſtone</hi> in<lb/>
der <hirendition="#aq">Cannon-Street</hi> wohnhafft. Sie wur-<lb/>
de noch ſehr jung an den Mann gebracht; Als<lb/>
aber ihr Hauß-Wirth eine <hirendition="#aq">conſiderable Por-<lb/>
tion,</hi>ſo er mit ihr bekommen, durch die Gurgel<lb/>
gejagt und verſchwendet hatte, zudem ihr ſehr uͤbel<lb/>
mitſpielete, begab ſie ſich nach Hauſe zu ihrem<lb/>
Vater, bey dem gleich damals eine <hirendition="#aq">Dame,</hi> Nah-<lb/>
mens <hirendition="#aq">L ‒‒ logi</hi>rte, deren anderer Sohn, ein<lb/><hirendition="#aq">Advocat</hi> des <hirendition="#aq">Mittle-temple</hi>s, hierdurch Ge-<lb/>
legenheit bekam, ſeine Hochachtung gegen ſie zu<lb/>
bezeigen, maſſen es ihr an keinen Vollkommenhei-<lb/>
ten fehlete, ſo bey dem weiblichen Geſchlechte er-<lb/>
fordert werden, eine Manns-Perſon zu ihrer Liebe<lb/>
zu verpflichten. Der bittere Haß, den ſie wider<lb/>
ihres Mannes Ausſchweiffungen geſchoͤpffet hatte,<lb/>
als welche ihn auch noͤthigten, ſich vor ſeinen Glaͤu-<lb/>
bigern unſichtbar zu machen, verleitete ſie, daß ſie<lb/>
dem Ritter <hirendition="#aq">L</hi>‒‒ wiſſen lieſſe, welcher geſtalt ſie<lb/>ſein Hertz ihrer <hirendition="#aq">Affection</hi> wuͤrdig erachtete: Da-<lb/>
hero er ſich dieſer Gunſt-Bezeigung aufs beſte<lb/>
zu bedienen wuſte; Und weil er hoͤchſt-begierig<lb/><fwplace="bottom"type="catch">war,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[108/0128]
Madame Raymond,
X.
Madame Raymond, und der
Graf von D ‒ ‒.
SArah Raymond war die Tochter eines
reichen Buͤrgers neben London-ſtone in
der Cannon-Street wohnhafft. Sie wur-
de noch ſehr jung an den Mann gebracht; Als
aber ihr Hauß-Wirth eine conſiderable Por-
tion, ſo er mit ihr bekommen, durch die Gurgel
gejagt und verſchwendet hatte, zudem ihr ſehr uͤbel
mitſpielete, begab ſie ſich nach Hauſe zu ihrem
Vater, bey dem gleich damals eine Dame, Nah-
mens L ‒ ‒ logirte, deren anderer Sohn, ein
Advocat des Mittle-temples, hierdurch Ge-
legenheit bekam, ſeine Hochachtung gegen ſie zu
bezeigen, maſſen es ihr an keinen Vollkommenhei-
ten fehlete, ſo bey dem weiblichen Geſchlechte er-
fordert werden, eine Manns-Perſon zu ihrer Liebe
zu verpflichten. Der bittere Haß, den ſie wider
ihres Mannes Ausſchweiffungen geſchoͤpffet hatte,
als welche ihn auch noͤthigten, ſich vor ſeinen Glaͤu-
bigern unſichtbar zu machen, verleitete ſie, daß ſie
dem Ritter L ‒ ‒ wiſſen lieſſe, welcher geſtalt ſie
ſein Hertz ihrer Affection wuͤrdig erachtete: Da-
hero er ſich dieſer Gunſt-Bezeigung aufs beſte
zu bedienen wuſte; Und weil er hoͤchſt-begierig
war,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/128>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.