Der Schwarzdorn wächst auf allerlei Boden, selbst auf sehr steinigem, durch ganz Deutschland, namentlich an Waldrändern, vor deren Inneres er sich fast wie ein Verhau legt. Da er keinen schnellen Zuwachs hat, so hat er selbst als Schlagholz keine Bedeutung und findet seine Benutzung fast nur als Schutzwehr junger Bäume gegen das Verbeißen durch Wild und Weidevieh und zu festen Hecken, besonders aber zu Herstellung der Dornwände der Gradirhäuser in Salinen. Die schwarzblaubereifte kugel- runde Frucht, die bekannte Schlehe, verliert ihren außerordentlich herben zusammenziehenden Geschmack nur erst, wenn sie einige tüchtige Nachtfröste ausgehalten hat, wo sie dann weich und saftig und von säuerlich süßem Geschmack ist.
Nach den angegebenen Merkmalen ist der Unterschied zwischen dem Schwarzdorn und dem Weißdorn (S. 504) groß genug; es kommt noch hinzu, daß ersterem die Dornen neben den Blättern fehlen und nur die Spitzen der Kurztriebe in einen Dorn enden.
49. Die Kriechen-Pflaume, Prunus insititia L.
Als fremder Einwanderer hat uns dieser kleine, 15--20 Fuß hoch werdende Baum einige allgemein geschätzte (Mirabelle, Reineclaude, Herrenpflaume) neben vielen werthloseren Obstsorten geliefert, welche man in Süddeutschland als Pflaumen von den Zwetschen (Pr. do- mestica) unterscheidet, ein Unterschied, der in Norddeutschland weniger gemacht wird, wo man meist Alles Pflaume nennt, was diesen beiden Arten angehört.
Die Kriechenpflaume ist der gemeinen Pflaume oder Zwetsche in allen Stücken sehr ähnlich. Ihr Stamm ist, nach Metzger, meist mehr rauh; die Aeste mehr abstehend; Krone ausgebreitet und locker; Holz weicher und heller; Triebe dicker, haarig, violett und selten glatt und grün; Blüthe größer; Früchte meist kugelig, doch auch eiförmig, gelb, roth, blau oder grün (bei den veredelten Abarten). Das Fleisch löst sich meist nicht vom Kern und ist unmittelbar unter der Schale bei den meisten Spielarten sauer. Der Kern weniger zusammengedrückt und kürzer.
Die ursprüngliche Heimath der Kriechenpflaume ist das südliche Asien und Syrien, von wo sie über Italien und Frankreich seit langer Zeit
Der Schwarzdorn wächſt auf allerlei Boden, ſelbſt auf ſehr ſteinigem, durch ganz Deutſchland, namentlich an Waldrändern, vor deren Inneres er ſich faſt wie ein Verhau legt. Da er keinen ſchnellen Zuwachs hat, ſo hat er ſelbſt als Schlagholz keine Bedeutung und findet ſeine Benutzung faſt nur als Schutzwehr junger Bäume gegen das Verbeißen durch Wild und Weidevieh und zu feſten Hecken, beſonders aber zu Herſtellung der Dornwände der Gradirhäuſer in Salinen. Die ſchwarzblaubereifte kugel- runde Frucht, die bekannte Schlehe, verliert ihren außerordentlich herben zuſammenziehenden Geſchmack nur erſt, wenn ſie einige tüchtige Nachtfröſte ausgehalten hat, wo ſie dann weich und ſaftig und von ſäuerlich ſüßem Geſchmack iſt.
Nach den angegebenen Merkmalen iſt der Unterſchied zwiſchen dem Schwarzdorn und dem Weißdorn (S. 504) groß genug; es kommt noch hinzu, daß erſterem die Dornen neben den Blättern fehlen und nur die Spitzen der Kurztriebe in einen Dorn enden.
49. Die Kriechen-Pflaume, Prunus insititia L.
Als fremder Einwanderer hat uns dieſer kleine, 15—20 Fuß hoch werdende Baum einige allgemein geſchätzte (Mirabelle, Reineclaude, Herrenpflaume) neben vielen werthloſeren Obſtſorten geliefert, welche man in Süddeutſchland als Pflaumen von den Zwetſchen (Pr. do- mestica) unterſcheidet, ein Unterſchied, der in Norddeutſchland weniger gemacht wird, wo man meiſt Alles Pflaume nennt, was dieſen beiden Arten angehört.
Die Kriechenpflaume iſt der gemeinen Pflaume oder Zwetſche in allen Stücken ſehr ähnlich. Ihr Stamm iſt, nach Metzger, meiſt mehr rauh; die Aeſte mehr abſtehend; Krone ausgebreitet und locker; Holz weicher und heller; Triebe dicker, haarig, violett und ſelten glatt und grün; Blüthe größer; Früchte meiſt kugelig, doch auch eiförmig, gelb, roth, blau oder grün (bei den veredelten Abarten). Das Fleiſch löſt ſich meiſt nicht vom Kern und iſt unmittelbar unter der Schale bei den meiſten Spielarten ſauer. Der Kern weniger zuſammengedrückt und kürzer.
Die urſprüngliche Heimath der Kriechenpflaume iſt das ſüdliche Aſien und Syrien, von wo ſie über Italien und Frankreich ſeit langer Zeit
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[518/0570]
Der Schwarzdorn wächſt auf allerlei Boden, ſelbſt auf ſehr ſteinigem,
durch ganz Deutſchland, namentlich an Waldrändern, vor deren Inneres
er ſich faſt wie ein Verhau legt. Da er keinen ſchnellen Zuwachs hat,
ſo hat er ſelbſt als Schlagholz keine Bedeutung und findet ſeine Benutzung
faſt nur als Schutzwehr junger Bäume gegen das Verbeißen durch Wild
und Weidevieh und zu feſten Hecken, beſonders aber zu Herſtellung der
Dornwände der Gradirhäuſer in Salinen. Die ſchwarzblaubereifte kugel-
runde Frucht, die bekannte Schlehe, verliert ihren außerordentlich
herben zuſammenziehenden Geſchmack nur erſt, wenn ſie einige tüchtige
Nachtfröſte ausgehalten hat, wo ſie dann weich und ſaftig und von ſäuerlich
ſüßem Geſchmack iſt.
Nach den angegebenen Merkmalen iſt der Unterſchied zwiſchen dem
Schwarzdorn und dem Weißdorn (S. 504) groß genug; es kommt noch
hinzu, daß erſterem die Dornen neben den Blättern fehlen und nur die
Spitzen der Kurztriebe in einen Dorn enden.
49. Die Kriechen-Pflaume, Prunus insititia L.
Als fremder Einwanderer hat uns dieſer kleine, 15—20 Fuß hoch
werdende Baum einige allgemein geſchätzte (Mirabelle, Reineclaude,
Herrenpflaume) neben vielen werthloſeren Obſtſorten geliefert, welche
man in Süddeutſchland als Pflaumen von den Zwetſchen (Pr. do-
mestica) unterſcheidet, ein Unterſchied, der in Norddeutſchland weniger
gemacht wird, wo man meiſt Alles Pflaume nennt, was dieſen beiden
Arten angehört.
Die Kriechenpflaume iſt der gemeinen Pflaume oder Zwetſche in
allen Stücken ſehr ähnlich. Ihr Stamm iſt, nach Metzger, meiſt mehr
rauh; die Aeſte mehr abſtehend; Krone ausgebreitet und locker; Holz
weicher und heller; Triebe dicker, haarig, violett und ſelten glatt und
grün; Blüthe größer; Früchte meiſt kugelig, doch auch eiförmig, gelb,
roth, blau oder grün (bei den veredelten Abarten). Das Fleiſch löſt ſich
meiſt nicht vom Kern und iſt unmittelbar unter der Schale bei den meiſten
Spielarten ſauer. Der Kern weniger zuſammengedrückt und kürzer.
Die urſprüngliche Heimath der Kriechenpflaume iſt das ſüdliche Aſien
und Syrien, von wo ſie über Italien und Frankreich ſeit langer Zeit
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/570>, abgerufen am 21.11.2024.
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