Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

in unseren Gärten und Gewächshäusern lieben und verehren, aber es
nicht gern sehen, wenn sie sich draußen im Walde ansiedeln wollen und
das deutsche Gepräge desselben stören.

7. Der Hornbaum, Carpinus Betulus L.

Der Hornbaum gehört in diejenige Abtheilung der Kätzchenbäume,
welche Betulineen, Birken-Kätzchenbäume genannt wird. Dieser nächste
Systemnachbar, beinahe Ebenbild und Nebenbuhler der Buche, welcher er
den Namen geraubt hat, ist ebenfalls einhäusig, also männliche und weib-
liche Blüthen nebeneinander auf Einem Stamme tragend; es stehen jedoch
nur die weiblichen Blüthenkätzchen am jungen Triebe, die männlichen
dagegen am alten Holze, d. h. vorjährigem Triebe. Die hängenden männ-
lichen Kätzchen
tragen an einer fadendünnen Spindel die zahlreichen
Blüthchen, welche höchst einfach aus einer muschel- oder löffelförmigen,
am hängenden Kätzchen mit der concaven Seite abwärts gerichteten Schuppe
bestehen, unter welcher eine unbestimmte Zahl, meist 8--14 Staubgefäße
stehen (3. 4.), deren zwei Staubbeutelfächer so vollständig gesondert sind,
daß jedes Staubgefäß ein doppeltes zu sein scheint (5.). Das sehr lockere
weibliche Kätzchen ist sehr unansehnlich und will mit aufmerksamen
Blick untersucht sein. Je 2 Blüthchen stehen beisammen, von einem breit
lanzettförmigen Deckblatt (Braktee) umfaßt (6.); jedes Blüthchen besteht
aus einem in 2 lange fädliche Narben ausgehenden, von einem gezähnten
Kelche bekleideten Fruchtknoten, welcher von einer am Grunde undeutlich
dreilappigen Schuppe umhüllt ist (7.). Die Blüthezeit fällt je nach der
dauernd eintretenden Frühjahrswärme zwischen Anfang und Ende des April.
Nach der Befruchtung wächst der Fruchtknoten zu einer von den Kelch-
zähnen gekrönten längsgerippten sehr hartschaligen platten einsamigen Nuß
aus (10. 11.), welche von der zu einer dreilappigen Hülle erwachsenen
Blüthenschuppe -- mit langem Mittel- und kürzeren Seitenlappen -- halb
umfaßt wird (9.).

Das Blatt ist kurz gestielt, regelmäßiger elliptisch und etwas mehr
verlängert als das Buchenblatt, dünner, glatter, fast ohne Behaarung und
nur an den Rippen sparsam mit anliegenden sehr feinen Haaren besetzt;

in unſeren Gärten und Gewächshäuſern lieben und verehren, aber es
nicht gern ſehen, wenn ſie ſich draußen im Walde anſiedeln wollen und
das deutſche Gepräge deſſelben ſtören.

7. Der Hornbaum, Carpinus Betulus L.

Der Hornbaum gehört in diejenige Abtheilung der Kätzchenbäume,
welche Betulineen, Birken-Kätzchenbäume genannt wird. Dieſer nächſte
Syſtemnachbar, beinahe Ebenbild und Nebenbuhler der Buche, welcher er
den Namen geraubt hat, iſt ebenfalls einhäuſig, alſo männliche und weib-
liche Blüthen nebeneinander auf Einem Stamme tragend; es ſtehen jedoch
nur die weiblichen Blüthenkätzchen am jungen Triebe, die männlichen
dagegen am alten Holze, d. h. vorjährigem Triebe. Die hängenden männ-
lichen Kätzchen
tragen an einer fadendünnen Spindel die zahlreichen
Blüthchen, welche höchſt einfach aus einer muſchel- oder löffelförmigen,
am hängenden Kätzchen mit der concaven Seite abwärts gerichteten Schuppe
beſtehen, unter welcher eine unbeſtimmte Zahl, meiſt 8—14 Staubgefäße
ſtehen (3. 4.), deren zwei Staubbeutelfächer ſo vollſtändig geſondert ſind,
daß jedes Staubgefäß ein doppeltes zu ſein ſcheint (5.). Das ſehr lockere
weibliche Kätzchen iſt ſehr unanſehnlich und will mit aufmerkſamen
Blick unterſucht ſein. Je 2 Blüthchen ſtehen beiſammen, von einem breit
lanzettförmigen Deckblatt (Braktee) umfaßt (6.); jedes Blüthchen beſteht
aus einem in 2 lange fädliche Narben ausgehenden, von einem gezähnten
Kelche bekleideten Fruchtknoten, welcher von einer am Grunde undeutlich
dreilappigen Schuppe umhüllt iſt (7.). Die Blüthezeit fällt je nach der
dauernd eintretenden Frühjahrswärme zwiſchen Anfang und Ende des April.
Nach der Befruchtung wächſt der Fruchtknoten zu einer von den Kelch-
zähnen gekrönten längsgerippten ſehr hartſchaligen platten einſamigen Nuß
aus (10. 11.), welche von der zu einer dreilappigen Hülle erwachſenen
Blüthenſchuppe — mit langem Mittel- und kürzeren Seitenlappen — halb
umfaßt wird (9.).

Das Blatt iſt kurz geſtielt, regelmäßiger elliptiſch und etwas mehr
verlängert als das Buchenblatt, dünner, glatter, faſt ohne Behaarung und
nur an den Rippen ſparſam mit anliegenden ſehr feinen Haaren beſetzt;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0444" n="406"/>
in un&#x017F;eren Gärten und Gewächshäu&#x017F;ern lieben und verehren, aber es<lb/>
nicht gern &#x017F;ehen, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich draußen im Walde an&#x017F;iedeln wollen und<lb/>
das deut&#x017F;che Gepräge de&#x017F;&#x017F;elben &#x017F;tören.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">7. Der Hornbaum, <hi rendition="#aq">Carpinus Betulus L.</hi></hi> </head><lb/>
              <p>Der Hornbaum gehört in diejenige Abtheilung der Kätzchenbäume,<lb/>
welche Betulineen, Birken-Kätzchenbäume genannt wird. Die&#x017F;er näch&#x017F;te<lb/>
Sy&#x017F;temnachbar, beinahe Ebenbild und Nebenbuhler der Buche, welcher er<lb/>
den Namen geraubt hat, i&#x017F;t ebenfalls einhäu&#x017F;ig, al&#x017F;o männliche und weib-<lb/>
liche Blüthen nebeneinander auf Einem Stamme tragend; es &#x017F;tehen jedoch<lb/>
nur die weiblichen Blüthenkätzchen am jungen Triebe, die männlichen<lb/>
dagegen am alten Holze, d. h. vorjährigem Triebe. Die hängenden <hi rendition="#g">männ-<lb/>
lichen Kätzchen</hi> tragen an einer fadendünnen Spindel die zahlreichen<lb/>
Blüthchen, welche höch&#x017F;t einfach aus einer mu&#x017F;chel- oder löffelförmigen,<lb/>
am hängenden Kätzchen mit der concaven Seite abwärts gerichteten Schuppe<lb/>
be&#x017F;tehen, unter welcher eine unbe&#x017F;timmte Zahl, mei&#x017F;t 8&#x2014;14 Staubgefäße<lb/>
&#x017F;tehen (3. 4.), deren zwei Staubbeutelfächer &#x017F;o voll&#x017F;tändig ge&#x017F;ondert &#x017F;ind,<lb/>
daß jedes Staubgefäß ein doppeltes zu &#x017F;ein &#x017F;cheint (5.). Das &#x017F;ehr lockere<lb/><hi rendition="#g">weibliche Kätzchen</hi> i&#x017F;t &#x017F;ehr unan&#x017F;ehnlich und will mit aufmerk&#x017F;amen<lb/>
Blick unter&#x017F;ucht &#x017F;ein. Je 2 Blüthchen &#x017F;tehen bei&#x017F;ammen, von einem breit<lb/>
lanzettförmigen Deckblatt (Braktee) umfaßt (6.); jedes Blüthchen be&#x017F;teht<lb/>
aus einem in 2 lange fädliche Narben ausgehenden, von einem gezähnten<lb/>
Kelche bekleideten Fruchtknoten, welcher von einer am Grunde undeutlich<lb/>
dreilappigen Schuppe umhüllt i&#x017F;t (7.). Die <hi rendition="#g">Blüthezeit</hi> fällt je nach der<lb/>
dauernd eintretenden Frühjahrswärme zwi&#x017F;chen Anfang und Ende des April.<lb/>
Nach der Befruchtung wäch&#x017F;t der Fruchtknoten zu einer von den Kelch-<lb/>
zähnen gekrönten längsgerippten &#x017F;ehr hart&#x017F;chaligen platten ein&#x017F;amigen Nuß<lb/>
aus (10. 11.), welche von der zu einer dreilappigen Hülle erwach&#x017F;enen<lb/>
Blüthen&#x017F;chuppe &#x2014; mit langem Mittel- und kürzeren Seitenlappen &#x2014; halb<lb/>
umfaßt wird (9.).</p><lb/>
              <p>Das <hi rendition="#g">Blatt</hi> i&#x017F;t kurz ge&#x017F;tielt, regelmäßiger ellipti&#x017F;ch und etwas mehr<lb/>
verlängert als das Buchenblatt, dünner, glatter, fa&#x017F;t ohne Behaarung und<lb/>
nur an den Rippen &#x017F;par&#x017F;am mit anliegenden &#x017F;ehr feinen Haaren be&#x017F;etzt;<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[406/0444] in unſeren Gärten und Gewächshäuſern lieben und verehren, aber es nicht gern ſehen, wenn ſie ſich draußen im Walde anſiedeln wollen und das deutſche Gepräge deſſelben ſtören. 7. Der Hornbaum, Carpinus Betulus L. Der Hornbaum gehört in diejenige Abtheilung der Kätzchenbäume, welche Betulineen, Birken-Kätzchenbäume genannt wird. Dieſer nächſte Syſtemnachbar, beinahe Ebenbild und Nebenbuhler der Buche, welcher er den Namen geraubt hat, iſt ebenfalls einhäuſig, alſo männliche und weib- liche Blüthen nebeneinander auf Einem Stamme tragend; es ſtehen jedoch nur die weiblichen Blüthenkätzchen am jungen Triebe, die männlichen dagegen am alten Holze, d. h. vorjährigem Triebe. Die hängenden männ- lichen Kätzchen tragen an einer fadendünnen Spindel die zahlreichen Blüthchen, welche höchſt einfach aus einer muſchel- oder löffelförmigen, am hängenden Kätzchen mit der concaven Seite abwärts gerichteten Schuppe beſtehen, unter welcher eine unbeſtimmte Zahl, meiſt 8—14 Staubgefäße ſtehen (3. 4.), deren zwei Staubbeutelfächer ſo vollſtändig geſondert ſind, daß jedes Staubgefäß ein doppeltes zu ſein ſcheint (5.). Das ſehr lockere weibliche Kätzchen iſt ſehr unanſehnlich und will mit aufmerkſamen Blick unterſucht ſein. Je 2 Blüthchen ſtehen beiſammen, von einem breit lanzettförmigen Deckblatt (Braktee) umfaßt (6.); jedes Blüthchen beſteht aus einem in 2 lange fädliche Narben ausgehenden, von einem gezähnten Kelche bekleideten Fruchtknoten, welcher von einer am Grunde undeutlich dreilappigen Schuppe umhüllt iſt (7.). Die Blüthezeit fällt je nach der dauernd eintretenden Frühjahrswärme zwiſchen Anfang und Ende des April. Nach der Befruchtung wächſt der Fruchtknoten zu einer von den Kelch- zähnen gekrönten längsgerippten ſehr hartſchaligen platten einſamigen Nuß aus (10. 11.), welche von der zu einer dreilappigen Hülle erwachſenen Blüthenſchuppe — mit langem Mittel- und kürzeren Seitenlappen — halb umfaßt wird (9.). Das Blatt iſt kurz geſtielt, regelmäßiger elliptiſch und etwas mehr verlängert als das Buchenblatt, dünner, glatter, faſt ohne Behaarung und nur an den Rippen ſparſam mit anliegenden ſehr feinen Haaren beſetzt;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/444
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/444>, abgerufen am 21.11.2024.