Die forstliche Bedeutung der flaumhaarigen Eiche ist sehr unter- geordnet und daß sie irgendwo in Süddeutschland als Waldbaum gezogen und gepflegt werde finde ich nirgends erwähnt, da sie im Gegentheil von den meisten Forstbotanischen Schriftstellern mit Stillschweigen übergangen wird.
5. Die Zerreiche, Quercus cerris L.
Die männlichen und weiblichen Blüthen haben wenig Abweichendes, nur daß die männlichen Kätzchen sehr lang und lockerblüthig sind und man an den weiblichen Blüthen bei einer feinen Zergliederung die Anlage zu dem hervorstechenden Charakter des Fruchtschüsselchens auffinden kann. Die Frucht ist lang, ei-walzenförmig und ihr Schüsselchen von borsten- förmig verlängerten Schuppen igelartig rauh. Besonders bemerkenswerth ist, daß die Früchte erst im zweiten Jahre reifen und auch dann erst abfallen.
Das Blatt (Fig. LVIII. 2.) macht die Zerreiche sehr kenntlich; es ist meist sehr groß im allgemeinen Umrisse verkehrt eiförmig, tief, buchtig- fiederspaltig, jeder Lappen, von denen die größten meist wieder 2 bis 3 Zipfel haben, in eine deutliche kurze Spitze endend; es ist in den deutlich entwickelten Blattstiel verschmächtigt; Oberseite dünn Unterseite dichter mit Sternhaaren bekleidet, ähnlich wie bei voriger Art, nur etwas rauher anzufühlen. Die vorstehend beschriebene Blattform unterliegt zahllosen Abänderungen, unter denen die bemerkenswertheste die ist, bei welcher von einem Blattlappen zum andern eine gerade also mit der Mittelrippe parallele Linie läuft. Ueberhaupt sind die Buchten meist spitzer als bei den vorigen drei Arten. Diese Blattformen begründen aber kaum Spiel- arten, weil oft die verschiedensten nebeneinander an einem Triebe sitzen.
Neben jedem Blatte sitzen wie bei allen Eichen zwei schmal lanzett- liche, lange, behaarte Nebenblättchen, welche aber bleibend sind, ja oft noch neben der Blattstielnarbe an vorjährigen Trieben, also länger als das Blatt selbst, stehen, während sie bei den vorigen Eichen sogleich nach der Blattausbildung abfallen.
Die Knospen weichen von denen der vorigen Arten dadurch bedeu- tend ab, daß sie sehr klein, kurz und wenigschuppig sind und von einigen Nebenblättchen, denen des Blattes ganz ähnlich, umstanden sind. An den Kurztrieben stehen die Blätter auf einem stark hervortretenden Blattkissen.
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Die forſtliche Bedeutung der flaumhaarigen Eiche iſt ſehr unter- geordnet und daß ſie irgendwo in Süddeutſchland als Waldbaum gezogen und gepflegt werde finde ich nirgends erwähnt, da ſie im Gegentheil von den meiſten Forſtbotaniſchen Schriftſtellern mit Stillſchweigen übergangen wird.
5. Die Zerreiche, Quercus cerris L.
Die männlichen und weiblichen Blüthen haben wenig Abweichendes, nur daß die männlichen Kätzchen ſehr lang und lockerblüthig ſind und man an den weiblichen Blüthen bei einer feinen Zergliederung die Anlage zu dem hervorſtechenden Charakter des Fruchtſchüſſelchens auffinden kann. Die Frucht iſt lang, ei-walzenförmig und ihr Schüſſelchen von borſten- förmig verlängerten Schuppen igelartig rauh. Beſonders bemerkenswerth iſt, daß die Früchte erſt im zweiten Jahre reifen und auch dann erſt abfallen.
Das Blatt (Fig. LVIII. 2.) macht die Zerreiche ſehr kenntlich; es iſt meiſt ſehr groß im allgemeinen Umriſſe verkehrt eiförmig, tief, buchtig- fiederſpaltig, jeder Lappen, von denen die größten meiſt wieder 2 bis 3 Zipfel haben, in eine deutliche kurze Spitze endend; es iſt in den deutlich entwickelten Blattſtiel verſchmächtigt; Oberſeite dünn Unterſeite dichter mit Sternhaaren bekleidet, ähnlich wie bei voriger Art, nur etwas rauher anzufühlen. Die vorſtehend beſchriebene Blattform unterliegt zahlloſen Abänderungen, unter denen die bemerkenswertheſte die iſt, bei welcher von einem Blattlappen zum andern eine gerade alſo mit der Mittelrippe parallele Linie läuft. Ueberhaupt ſind die Buchten meiſt ſpitzer als bei den vorigen drei Arten. Dieſe Blattformen begründen aber kaum Spiel- arten, weil oft die verſchiedenſten nebeneinander an einem Triebe ſitzen.
Neben jedem Blatte ſitzen wie bei allen Eichen zwei ſchmal lanzett- liche, lange, behaarte Nebenblättchen, welche aber bleibend ſind, ja oft noch neben der Blattſtielnarbe an vorjährigen Trieben, alſo länger als das Blatt ſelbſt, ſtehen, während ſie bei den vorigen Eichen ſogleich nach der Blattausbildung abfallen.
Die Knospen weichen von denen der vorigen Arten dadurch bedeu- tend ab, daß ſie ſehr klein, kurz und wenigſchuppig ſind und von einigen Nebenblättchen, denen des Blattes ganz ähnlich, umſtanden ſind. An den Kurztrieben ſtehen die Blätter auf einem ſtark hervortretenden Blattkiſſen.
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Die forſtliche Bedeutung der flaumhaarigen Eiche iſt ſehr unter-
geordnet und daß ſie irgendwo in Süddeutſchland als Waldbaum gezogen
und gepflegt werde finde ich nirgends erwähnt, da ſie im Gegentheil von den
meiſten Forſtbotaniſchen Schriftſtellern mit Stillſchweigen übergangen wird.
5. Die Zerreiche, Quercus cerris L.
Die männlichen und weiblichen Blüthen haben wenig Abweichendes,
nur daß die männlichen Kätzchen ſehr lang und lockerblüthig ſind und
man an den weiblichen Blüthen bei einer feinen Zergliederung die Anlage
zu dem hervorſtechenden Charakter des Fruchtſchüſſelchens auffinden kann.
Die Frucht iſt lang, ei-walzenförmig und ihr Schüſſelchen von borſten-
förmig verlängerten Schuppen igelartig rauh. Beſonders bemerkenswerth
iſt, daß die Früchte erſt im zweiten Jahre reifen und auch dann erſt abfallen.
Das Blatt (Fig. LVIII. 2.) macht die Zerreiche ſehr kenntlich; es
iſt meiſt ſehr groß im allgemeinen Umriſſe verkehrt eiförmig, tief, buchtig-
fiederſpaltig, jeder Lappen, von denen die größten meiſt wieder 2 bis 3
Zipfel haben, in eine deutliche kurze Spitze endend; es iſt in den deutlich
entwickelten Blattſtiel verſchmächtigt; Oberſeite dünn Unterſeite dichter
mit Sternhaaren bekleidet, ähnlich wie bei voriger Art, nur etwas rauher
anzufühlen. Die vorſtehend beſchriebene Blattform unterliegt zahlloſen
Abänderungen, unter denen die bemerkenswertheſte die iſt, bei welcher
von einem Blattlappen zum andern eine gerade alſo mit der Mittelrippe
parallele Linie läuft. Ueberhaupt ſind die Buchten meiſt ſpitzer als bei
den vorigen drei Arten. Dieſe Blattformen begründen aber kaum Spiel-
arten, weil oft die verſchiedenſten nebeneinander an einem Triebe ſitzen.
Neben jedem Blatte ſitzen wie bei allen Eichen zwei ſchmal lanzett-
liche, lange, behaarte Nebenblättchen, welche aber bleibend ſind, ja oft
noch neben der Blattſtielnarbe an vorjährigen Trieben, alſo länger als
das Blatt ſelbſt, ſtehen, während ſie bei den vorigen Eichen ſogleich nach
der Blattausbildung abfallen.
Die Knospen weichen von denen der vorigen Arten dadurch bedeu-
tend ab, daß ſie ſehr klein, kurz und wenigſchuppig ſind und von einigen
Nebenblättchen, denen des Blattes ganz ähnlich, umſtanden ſind. An den
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/441>, abgerufen am 21.11.2024.
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