Bodens und -- eine Warnung für die Zweckmäßigkeitstheoretiker! -- sie versäumt über dieser Sorge die andere, sie ankert ihren kolossalen Leib, den schwanken mächtigen Stamm, so unzureichend fest, daß sie bei jedem Sturm dafür büßen muß.
Andere Bäume möchte man klüger nennen. Sie krallen sich tief und immer tiefer selbst in felsigen Boden ein, jede Felsenkluft mit ihren Würzelchen durchdringend. Es wäre aber thöricht, hierin eine Absichtlich- keit zu finden. Das Nahrungsbedürfniß solcher Bäume findet sich mehr in den unteren, an löslichen Steinstoffen reicheren Bodenschichten und indem sie ihrem Nahrungsdrange folgen, erreichen sie gelegentlich, aber nicht als erstrebten Zweck, einen festeren Stand.
Blätter und Blüthen.
Gerade bei unseren Waldbäumen kann man sich überzeugen, daß Blätter und Blüthen im Grunde Eins, nur verschiedene Entwicklungs- stufen desselben Formgedankens sind, denn die Mehrzahl unserer Wald- bäume trägt nur höchst unvollkommene Blüthengebilde, deren Verwandtschaft mit den Blättern ersichtlicher ist, als bei den prangenden Blumen tropischer Bäume und selbst einiger aus gemäßigten Zonen bei uns eingeführter, wie z. B. der Kastanie, des Trompetenbaumes und der Robinie.
Von allen unseren Waldbäumen tragen nur der wilde Apfel-, Birn- und Kirschbaum und einige andere vollkommen entwickelte Blüthen, an denen man die normalen vier Kreise des Kelches, der Blumenkrone, der Staubgefäße und der Stempel unterscheidet, am vollständigsten, obgleich bekanntlich nichts weniger als in die Augen fallend, bei der Linde, welche man zu den vollkommensten aller Gewächse stellen muß.
Die Eiche dagegen, die Esche, die Weiden, Pappeln, Birken, Erlen und die Nadelhölzer haben Blüthen, bei welchen jene vier Kreise niemals beisammen und obendrein, wenigstens Kelch und Blumenkrone, auf das geringste Maaß der Entwicklung beschränkt sind.
Wir sehen uns hier zum Beweise dessen den Blüthenbau der ge- meinen Kiefer, Pinus silvestris, an, obgleich wir den Inhalt der Tafel in allen seinen Einzelnheiten erst später bei der botanischen Beschreibung auch dieses Baumes durchzugehen haben werden.
Bodens und — eine Warnung für die Zweckmäßigkeitstheoretiker! — ſie verſäumt über dieſer Sorge die andere, ſie ankert ihren koloſſalen Leib, den ſchwanken mächtigen Stamm, ſo unzureichend feſt, daß ſie bei jedem Sturm dafür büßen muß.
Andere Bäume möchte man klüger nennen. Sie krallen ſich tief und immer tiefer ſelbſt in felſigen Boden ein, jede Felſenkluft mit ihren Würzelchen durchdringend. Es wäre aber thöricht, hierin eine Abſichtlich- keit zu finden. Das Nahrungsbedürfniß ſolcher Bäume findet ſich mehr in den unteren, an löslichen Steinſtoffen reicheren Bodenſchichten und indem ſie ihrem Nahrungsdrange folgen, erreichen ſie gelegentlich, aber nicht als erſtrebten Zweck, einen feſteren Stand.
Blätter und Blüthen.
Gerade bei unſeren Waldbäumen kann man ſich überzeugen, daß Blätter und Blüthen im Grunde Eins, nur verſchiedene Entwicklungs- ſtufen deſſelben Formgedankens ſind, denn die Mehrzahl unſerer Wald- bäume trägt nur höchſt unvollkommene Blüthengebilde, deren Verwandtſchaft mit den Blättern erſichtlicher iſt, als bei den prangenden Blumen tropiſcher Bäume und ſelbſt einiger aus gemäßigten Zonen bei uns eingeführter, wie z. B. der Kaſtanie, des Trompetenbaumes und der Robinie.
Von allen unſeren Waldbäumen tragen nur der wilde Apfel-, Birn- und Kirſchbaum und einige andere vollkommen entwickelte Blüthen, an denen man die normalen vier Kreiſe des Kelches, der Blumenkrone, der Staubgefäße und der Stempel unterſcheidet, am vollſtändigſten, obgleich bekanntlich nichts weniger als in die Augen fallend, bei der Linde, welche man zu den vollkommenſten aller Gewächſe ſtellen muß.
Die Eiche dagegen, die Eſche, die Weiden, Pappeln, Birken, Erlen und die Nadelhölzer haben Blüthen, bei welchen jene vier Kreiſe niemals beiſammen und obendrein, wenigſtens Kelch und Blumenkrone, auf das geringſte Maaß der Entwicklung beſchränkt ſind.
Wir ſehen uns hier zum Beweiſe deſſen den Blüthenbau der ge- meinen Kiefer, Pinus silvestris, an, obgleich wir den Inhalt der Tafel in allen ſeinen Einzelnheiten erſt ſpäter bei der botaniſchen Beſchreibung auch dieſes Baumes durchzugehen haben werden.
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Bodens und — eine Warnung für die Zweckmäßigkeitstheoretiker! — ſie
verſäumt über dieſer Sorge die andere, ſie ankert ihren koloſſalen Leib,
den ſchwanken mächtigen Stamm, ſo unzureichend feſt, daß ſie bei jedem
Sturm dafür büßen muß.
Andere Bäume möchte man klüger nennen. Sie krallen ſich tief
und immer tiefer ſelbſt in felſigen Boden ein, jede Felſenkluft mit ihren
Würzelchen durchdringend. Es wäre aber thöricht, hierin eine Abſichtlich-
keit zu finden. Das Nahrungsbedürfniß ſolcher Bäume findet ſich mehr
in den unteren, an löslichen Steinſtoffen reicheren Bodenſchichten und
indem ſie ihrem Nahrungsdrange folgen, erreichen ſie gelegentlich, aber
nicht als erſtrebten Zweck, einen feſteren Stand.
Blätter und Blüthen.
Gerade bei unſeren Waldbäumen kann man ſich überzeugen, daß
Blätter und Blüthen im Grunde Eins, nur verſchiedene Entwicklungs-
ſtufen deſſelben Formgedankens ſind, denn die Mehrzahl unſerer Wald-
bäume trägt nur höchſt unvollkommene Blüthengebilde, deren Verwandtſchaft
mit den Blättern erſichtlicher iſt, als bei den prangenden Blumen tropiſcher
Bäume und ſelbſt einiger aus gemäßigten Zonen bei uns eingeführter,
wie z. B. der Kaſtanie, des Trompetenbaumes und der Robinie.
Von allen unſeren Waldbäumen tragen nur der wilde Apfel-, Birn-
und Kirſchbaum und einige andere vollkommen entwickelte Blüthen, an
denen man die normalen vier Kreiſe des Kelches, der Blumenkrone, der
Staubgefäße und der Stempel unterſcheidet, am vollſtändigſten, obgleich
bekanntlich nichts weniger als in die Augen fallend, bei der Linde, welche
man zu den vollkommenſten aller Gewächſe ſtellen muß.
Die Eiche dagegen, die Eſche, die Weiden, Pappeln, Birken, Erlen
und die Nadelhölzer haben Blüthen, bei welchen jene vier Kreiſe niemals
beiſammen und obendrein, wenigſtens Kelch und Blumenkrone, auf das
geringſte Maaß der Entwicklung beſchränkt ſind.
Wir ſehen uns hier zum Beweiſe deſſen den Blüthenbau der ge-
meinen Kiefer, Pinus silvestris, an, obgleich wir den Inhalt der Tafel
in allen ſeinen Einzelnheiten erſt ſpäter bei der botaniſchen Beſchreibung
auch dieſes Baumes durchzugehen haben werden.
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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