ES hat heutiges Tages mit den Flüssen gantz eine andere Beschaffenheit, denn zu den Zeiten des Kaysers Justiniani, Denn damahls stund einer iedweden Privat- Person frey, sich derselben nach Gefallen zu be- dienen, aber ietzund haben sich die Landes-Her- ren eintzig und allein ihrer angemasset, und sich vorbehalten, in Ansehung der darbey vorfallen- den Rechte denen Unterthanen eines und das andere anzubefehlen, und zu verbiethen, oder ihrer Freyheit Ziel und Maß zu setzen.
§. 2. Jndem in einigen Provintzen manche Gräben und Bäche, so aus einer guten Intention angeleget worden, zu ietzigen Zeiten nicht recht ausgeräumet, vielmehr zum Schaden und Ruin des Landes, weil die Feld-Früchte so wohl an Getrayde als Grasung vom Regen- und Schnee- Wasser versauren und verderben, und die Wie- sen und Weiden zu unergründlichen Löchern wer- den müssen, negligiret, und der nöthige Zufluß der Wasserströhme zum grossen Nachtheil der Commercien und der Mühlen-Nutzung verhin- dert werden. Als ist denen Unterthanen anzu- befehlen, daß sie alle Löcher, Brüche und Nie-
derun-
DasXXXIX.Capitel. Von Fluͤſſen.
§. 1.
ES hat heutiges Tages mit den Fluͤſſen gantz eine andere Beſchaffenheit, denn zu den Zeiten des Kayſers Juſtiniani, Denn damahls ſtund einer iedweden Privat- Perſon frey, ſich derſelben nach Gefallen zu be- dienen, aber ietzund haben ſich die Landes-Her- ren eintzig und allein ihrer angemaſſet, und ſich vorbehalten, in Anſehung der darbey vorfallen- den Rechte denen Unterthanen eines und das andere anzubefehlen, und zu verbiethen, oder ihrer Freyheit Ziel und Maß zu ſetzen.
§. 2. Jndem in einigen Provintzen manche Graͤben und Baͤche, ſo aus einer guten Intention angeleget worden, zu ietzigen Zeiten nicht recht ausgeraͤumet, vielmehr zum Schaden und Ruin des Landes, weil die Feld-Fruͤchte ſo wohl an Getrayde als Graſung vom Regen- und Schnee- Waſſer verſauren und verderben, und die Wie- ſen und Weiden zu unergruͤndlichen Loͤchern wer- den muͤſſen, negligiret, und der noͤthige Zufluß der Waſſerſtroͤhme zum groſſen Nachtheil der Commercien und der Muͤhlen-Nutzung verhin- dert werden. Als iſt denen Unterthanen anzu- befehlen, daß ſie alle Loͤcher, Bruͤche und Nie-
derun-
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Das XXXIX. Capitel.
Von Fluͤſſen.
§. 1.
ES hat heutiges Tages mit den Fluͤſſen
gantz eine andere Beſchaffenheit, denn
zu den Zeiten des Kayſers Juſtiniani,
Denn damahls ſtund einer iedweden Privat-
Perſon frey, ſich derſelben nach Gefallen zu be-
dienen, aber ietzund haben ſich die Landes-Her-
ren eintzig und allein ihrer angemaſſet, und ſich
vorbehalten, in Anſehung der darbey vorfallen-
den Rechte denen Unterthanen eines und das
andere anzubefehlen, und zu verbiethen, oder ihrer
Freyheit Ziel und Maß zu ſetzen.
§. 2. Jndem in einigen Provintzen manche
Graͤben und Baͤche, ſo aus einer guten Intention
angeleget worden, zu ietzigen Zeiten nicht recht
ausgeraͤumet, vielmehr zum Schaden und Ruin
des Landes, weil die Feld-Fruͤchte ſo wohl an
Getrayde als Graſung vom Regen- und Schnee-
Waſſer verſauren und verderben, und die Wie-
ſen und Weiden zu unergruͤndlichen Loͤchern wer-
den muͤſſen, negligiret, und der noͤthige Zufluß
der Waſſerſtroͤhme zum groſſen Nachtheil der
Commercien und der Muͤhlen-Nutzung verhin-
dert werden. Als iſt denen Unterthanen anzu-
befehlen, daß ſie alle Loͤcher, Bruͤche und Nie-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Staats-Klugheit. Leipzig, 1718, S. 1198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_julii_1718/1218>, abgerufen am 21.11.2024.
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