Es ist nicht nur zugelassen, sondern auch ver- nünfftig, unsern guten Eigenschafften da- durch zu helffen, damit sie eine Hochach- tung überkommen, daß wir nemlich die Gelegenheit ergreiffen, die Menschen, so zu reden, mit dem ersten Augenwinck einzunehmen, also, daß sie uns gewogen seyn müssen. Die Eigenschaff- ten einer Person, und deren Zustand, darein sie das Glück gesetzet hat, sprechen offtermahls ein gutes Urtheil vor dieselbe, wenn sie manierlich gekleidet ist, wenn sie in einem erbaren Kleide erscheinet, an wel- chem alles sauber und ordentlich, aber nichts nach- läßiges und liederliches zu spühren ist. Hiedurch gewinnet sie alsobald bey dem ersten Anblick das Hertz der Menschen da hingegen diejenigen, welche sich mit ihrer Pracht und Prahlerey vor den Au- gen der Menschen gerne breit machen, und das Ebenbild eines Pfauen vorstellen, selten etwas an- ders damit ausrichten, als daß sie eine böse Mey- nung von ihrem Verstande und von ihren Sinnen bey andern Leuten verursachen. S. den ersten Theil des von Ernst Ludwig von Faramond übersetzten Englischen Spectateurs. p. 104.
§. 2. Die Haupt-Regeln, die von einem ver- nünfftigen Menschen bey seiner Kleidung in Obacht
zu
Das XIII. Capitul. Von der Kleidung.
§. 1.
Es iſt nicht nur zugelaſſen, ſondern auch ver- nuͤnfftig, unſern guten Eigenſchafften da- durch zu helffen, damit ſie eine Hochach- tung uͤberkommen, daß wir nemlich die Gelegenheit ergreiffen, die Menſchen, ſo zu reden, mit dem erſten Augenwinck einzunehmen, alſo, daß ſie uns gewogen ſeyn muͤſſen. Die Eigenſchaff- ten einer Perſon, und deren Zuſtand, darein ſie das Gluͤck geſetzet hat, ſprechen offtermahls ein gutes Urtheil vor dieſelbe, wenn ſie manierlich gekleidet iſt, wenn ſie in einem erbaren Kleide erſcheinet, an wel- chem alles ſauber und ordentlich, aber nichts nach- laͤßiges und liederliches zu ſpuͤhren iſt. Hiedurch gewinnet ſie alſobald bey dem erſten Anblick das Hertz der Menſchen da hingegen diejenigen, welche ſich mit ihrer Pracht und Prahlerey vor den Au- gen der Menſchen gerne breit machen, und das Ebenbild eines Pfauen vorſtellen, ſelten etwas an- ders damit ausrichten, als daß ſie eine boͤſe Mey- nung von ihrem Verſtande und von ihren Sinnen bey andern Leuten verurſachen. S. den erſten Theil des von Ernſt Ludwig von Faramond uͤberſetzten Engliſchen Spectateurs. p. 104.
§. 2. Die Haupt-Regeln, die von einem ver- nuͤnfftigen Menſchen bey ſeiner Kleidung in Obacht
zu
<TEI><text><body><pbfacs="#f0563"n="543"/><fwplace="top"type="header"><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></fw><divn="1"><head><hirendition="#b">Das <hirendition="#aq">XIII.</hi> Capitul.<lb/>
Von der Kleidung.</hi></head><lb/><p><hirendition="#c">§. 1.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s iſt nicht nur zugelaſſen, ſondern auch ver-<lb/>
nuͤnfftig, unſern guten Eigenſchafften da-<lb/>
durch zu helffen, damit ſie eine Hochach-<lb/>
tung uͤberkommen, daß wir nemlich die<lb/>
Gelegenheit ergreiffen, die Menſchen, ſo zu reden,<lb/>
mit dem erſten Augenwinck einzunehmen, alſo, daß<lb/>ſie uns gewogen ſeyn muͤſſen. Die Eigenſchaff-<lb/>
ten einer Perſon, und deren Zuſtand, darein ſie das<lb/>
Gluͤck geſetzet hat, ſprechen offtermahls ein gutes<lb/>
Urtheil vor dieſelbe, wenn ſie manierlich gekleidet iſt,<lb/>
wenn ſie in einem erbaren Kleide erſcheinet, an wel-<lb/>
chem alles ſauber und ordentlich, aber nichts nach-<lb/>
laͤßiges und liederliches zu ſpuͤhren iſt. Hiedurch<lb/>
gewinnet ſie alſobald bey dem erſten Anblick das<lb/>
Hertz der Menſchen da hingegen diejenigen, welche<lb/>ſich mit ihrer Pracht und Prahlerey vor den Au-<lb/>
gen der Menſchen gerne breit machen, und das<lb/>
Ebenbild eines Pfauen vorſtellen, ſelten etwas an-<lb/>
ders damit ausrichten, als daß ſie eine boͤſe Mey-<lb/>
nung von ihrem Verſtande und von ihren Sinnen<lb/>
bey andern Leuten verurſachen. S. den erſten Theil<lb/>
des von Ernſt Ludwig von <hirendition="#aq">Faramond</hi> uͤberſetzten<lb/>
Engliſchen <hirendition="#aq">Spectateurs. p.</hi> 104.</p><lb/><p>§. 2. Die Haupt-Regeln, die von einem ver-<lb/>
nuͤnfftigen Menſchen bey ſeiner Kleidung in Obacht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zu</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[543/0563]
Das XIII. Capitul.
Von der Kleidung.
§. 1.
Es iſt nicht nur zugelaſſen, ſondern auch ver-
nuͤnfftig, unſern guten Eigenſchafften da-
durch zu helffen, damit ſie eine Hochach-
tung uͤberkommen, daß wir nemlich die
Gelegenheit ergreiffen, die Menſchen, ſo zu reden,
mit dem erſten Augenwinck einzunehmen, alſo, daß
ſie uns gewogen ſeyn muͤſſen. Die Eigenſchaff-
ten einer Perſon, und deren Zuſtand, darein ſie das
Gluͤck geſetzet hat, ſprechen offtermahls ein gutes
Urtheil vor dieſelbe, wenn ſie manierlich gekleidet iſt,
wenn ſie in einem erbaren Kleide erſcheinet, an wel-
chem alles ſauber und ordentlich, aber nichts nach-
laͤßiges und liederliches zu ſpuͤhren iſt. Hiedurch
gewinnet ſie alſobald bey dem erſten Anblick das
Hertz der Menſchen da hingegen diejenigen, welche
ſich mit ihrer Pracht und Prahlerey vor den Au-
gen der Menſchen gerne breit machen, und das
Ebenbild eines Pfauen vorſtellen, ſelten etwas an-
ders damit ausrichten, als daß ſie eine boͤſe Mey-
nung von ihrem Verſtande und von ihren Sinnen
bey andern Leuten verurſachen. S. den erſten Theil
des von Ernſt Ludwig von Faramond uͤberſetzten
Engliſchen Spectateurs. p. 104.
§. 2. Die Haupt-Regeln, die von einem ver-
nuͤnfftigen Menſchen bey ſeiner Kleidung in Obacht
zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/563>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.