schen ewig und unvergänglich sein möge. Wenn in späteren Zeiten das anders wurde, so hat dazu Niemand stärker und dauernder gewirkt als der grosse Denker und Dichter, der den theologischen Gedanken der persönlichen Unsterblichkeit mitten im Herzen der Philosophie anpflanzte, und, wenn er ihn so den Philosophen vertraut machte, den Theologen tiefer be- gründet zurückgab, ihn zugleich weit über die Schranken der Schule oder der Secte hinaustrug, so weit wie seine nie ver- altenden Schriften wirkten, die nicht der Schulstube, sondern der höchsten Litteratur des Griechenthums und der Mensch- heit angehören. Es ist unberechenbar, wie viel, seit sie ent- standen sind, Plato's Dialoge zur Kräftigung, Verbreitung und bestimmenden Ausgestaltung des Unsterblichkeitsglaubens, wech- selnd im Laufe der Jahrhunderte, aber ununterbrochen bis in unsere Zeit, gewirkt haben.
2.
Plato hat nicht von jeher den Unsterblichkeitsgedanken bei sich gehegt. Mindestens sehr im Hintergrunde seines Denkens und Glaubens muss dieser Gedanke gestanden haben, solange er selbst die Welt aus dem Gesichtspunkte eines wenig weitergebildeten Sokratismus betrachtete. Nicht nur seinen Sokrates lässt er damals (in der Apologie) ohne jeden Anklang an eine Ueberzeugung von unvergänglicher Lebenskraft seiner Seele in den Tod gehn; auch in dem ersten, noch in dem Boden sokratischer Lebensweisheit wurzelnden Entwurfe seines Staatsideals wird der Unsterblichkeitsglaube nicht zugelassen, ja ausgeschlossen 1).
1) Dass in der Politeia zwei wesentlich verschiedene Entwicklungs- stufen der Platonischen Lehre nur äusserlich verbunden übereinander ge- stellt sind, dass im Besonderen, was von V 471 C bis zum Schluss des 7. Buches von den philosophoi, ihrer Erziehung und Stellung im Staate (und ausserhalb des Staatswesens) gesagt wird, als ein Fremdartiges, an- fangs nicht Vorausgesetztes und ursprünglich nicht im Plan des Ganzen Liegendes nachträglich hinzugekommen ist zu der völlig abgeschlossenen Ausmalung der kallipolis die in B. II--V 471 C geschildert wird -- das
schen ewig und unvergänglich sein möge. Wenn in späteren Zeiten das anders wurde, so hat dazu Niemand stärker und dauernder gewirkt als der grosse Denker und Dichter, der den theologischen Gedanken der persönlichen Unsterblichkeit mitten im Herzen der Philosophie anpflanzte, und, wenn er ihn so den Philosophen vertraut machte, den Theologen tiefer be- gründet zurückgab, ihn zugleich weit über die Schranken der Schule oder der Secte hinaustrug, so weit wie seine nie ver- altenden Schriften wirkten, die nicht der Schulstube, sondern der höchsten Litteratur des Griechenthums und der Mensch- heit angehören. Es ist unberechenbar, wie viel, seit sie ent- standen sind, Plato’s Dialoge zur Kräftigung, Verbreitung und bestimmenden Ausgestaltung des Unsterblichkeitsglaubens, wech- selnd im Laufe der Jahrhunderte, aber ununterbrochen bis in unsere Zeit, gewirkt haben.
2.
Plato hat nicht von jeher den Unsterblichkeitsgedanken bei sich gehegt. Mindestens sehr im Hintergrunde seines Denkens und Glaubens muss dieser Gedanke gestanden haben, solange er selbst die Welt aus dem Gesichtspunkte eines wenig weitergebildeten Sokratismus betrachtete. Nicht nur seinen Sokrates lässt er damals (in der Apologie) ohne jeden Anklang an eine Ueberzeugung von unvergänglicher Lebenskraft seiner Seele in den Tod gehn; auch in dem ersten, noch in dem Boden sokratischer Lebensweisheit wurzelnden Entwurfe seines Staatsideals wird der Unsterblichkeitsglaube nicht zugelassen, ja ausgeschlossen 1).
1) Dass in der Πολιτεία zwei wesentlich verschiedene Entwicklungs- stufen der Platonischen Lehre nur äusserlich verbunden übereinander ge- stellt sind, dass im Besonderen, was von V 471 C bis zum Schluss des 7. Buches von den φιλόσοφοι, ihrer Erziehung und Stellung im Staate (und ausserhalb des Staatswesens) gesagt wird, als ein Fremdartiges, an- fangs nicht Vorausgesetztes und ursprünglich nicht im Plan des Ganzen Liegendes nachträglich hinzugekommen ist zu der völlig abgeschlossenen Ausmalung der καλλίπολις die in B. II—V 471 C geschildert wird — das
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schen ewig und unvergänglich sein möge. Wenn in späteren
Zeiten das anders wurde, so hat dazu Niemand stärker und
dauernder gewirkt als der grosse Denker und Dichter, der den
theologischen Gedanken der persönlichen Unsterblichkeit mitten
im Herzen der Philosophie anpflanzte, und, wenn er ihn so
den Philosophen vertraut machte, den Theologen tiefer be-
gründet zurückgab, ihn zugleich weit über die Schranken der
Schule oder der Secte hinaustrug, so weit wie seine nie ver-
altenden Schriften wirkten, die nicht der Schulstube, sondern
der höchsten Litteratur des Griechenthums und der Mensch-
heit angehören. Es ist unberechenbar, wie viel, seit sie ent-
standen sind, Plato’s Dialoge zur Kräftigung, Verbreitung und
bestimmenden Ausgestaltung des Unsterblichkeitsglaubens, wech-
selnd im Laufe der Jahrhunderte, aber ununterbrochen bis in
unsere Zeit, gewirkt haben.
2.
Plato hat nicht von jeher den Unsterblichkeitsgedanken
bei sich gehegt. Mindestens sehr im Hintergrunde seines
Denkens und Glaubens muss dieser Gedanke gestanden haben,
solange er selbst die Welt aus dem Gesichtspunkte eines wenig
weitergebildeten Sokratismus betrachtete. Nicht nur seinen
Sokrates lässt er damals (in der Apologie) ohne jeden Anklang
an eine Ueberzeugung von unvergänglicher Lebenskraft seiner
Seele in den Tod gehn; auch in dem ersten, noch in dem
Boden sokratischer Lebensweisheit wurzelnden Entwurfe seines
Staatsideals wird der Unsterblichkeitsglaube nicht zugelassen,
ja ausgeschlossen 1).
1) Dass in der Πολιτεία zwei wesentlich verschiedene Entwicklungs-
stufen der Platonischen Lehre nur äusserlich verbunden übereinander ge-
stellt sind, dass im Besonderen, was von V 471 C bis zum Schluss des
7. Buches von den φιλόσοφοι, ihrer Erziehung und Stellung im Staate
(und ausserhalb des Staatswesens) gesagt wird, als ein Fremdartiges, an-
fangs nicht Vorausgesetztes und ursprünglich nicht im Plan des Ganzen
Liegendes nachträglich hinzugekommen ist zu der völlig abgeschlossenen
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/573>, abgerufen am 21.11.2024.
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