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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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3.

Die Verbindung von Religion und einer halb philosophi-
schen Speculation war eine kennzeichnende Eigenthümlichkeit

ihrer Zeitgenossen zugekommenen Mittheilungen aus einer in sich wohl
zusammenhängenden orphischen Theogonie und Anthropogonie stammen,
wie Lobeck mit vollem Recht angenommen hat, aus der en tais Rapho-
diais
Orphikais theologia, en kai oi philosophoi diermeneuousin (Damasc. de
princ.
p. 380 K.), d. h. die seit Syrians Zeiten von den platonischen
Schulhäuptern in Vorlesungen erklärt (Orphikai sunousiai des Syrian: Procl.
in Tim. 96 B; Scholien des Proclus zu Orpheus, ei kai me eis pasas tas
Raphodias: Marin. v. Procli 27), in Schriften erläutert wurden, nament-
lich um sumphonian Orpheos, Puthagorou kai Platonos zu erweisen (Schrift
des Syrian dieses Titels, von Suidas irrig auch dem Proclus gegeben:
s. R. Schöll zu Procl. in Rempubl. p. 5. Wohl aus der Schrift des
Syrian eis ten Orpheos theologian stammt die Anführung der orphischen
Verse fr. 123. 124, die in der Theosophia § 50 auf Surianos en tois eau-
tou ponemasin zurückgeführt wird; und aus Syrian dann auch wohl das
Citat ebendas. § 61 aus Orpheus en te tetarte Raphodia). Die älteren
Neoplatoniker vor Syrian beachten die Orphica wenig: Plotin citirt nichts
daraus (spielt indessen vielleicht 26, 12 p. 247, 29 Kirchh. darauf an.
S. Lobeck p. 555), Jamblich nichts aus unmittelbarer Kenntniss, einiges
Porphyrius, der alles las (fr. 114; 123 [Euseb. aus Porph.]; 211), und
dieses unzweifelhaft aus den Rhapsodien. Ueberhaupt haben die Neo-
platoniker, wo sie O. aus eigener Kenntniss anführen (und nicht etwa
"Orpheus" statt "Pythagoras" nennen [s. oben p. 400 Anm.]), nur die
Rhapsodien benutzt (wie Lobeck 466 richtig feststellt; Abel hat das zum
Schaden seiner Fragmentensammlung verkannt). Der Titel des von ihnen
benutzten Gedichts war schwerlich Theogonia (als Titel scheint diese Be-
zeichnung vorzukommen fr. 188 [Clem. Al. aus dem Autor p. klopes];
fr. 108 nur Inhaltsbezeichnung; fr. 310 Betrug. Bei Suidas in Gaisfords
Hss. allerdings auch eine theogonia, epe ,as': aber die Verszahl stimmt in
verdächtiger Weise überein mit der des voranstehenden onomastikon, ge-
nügt jedenfalls nicht für den grossen Umfang der Rapsodiai). Sehr wahr-
scheinlich bietet (wie schon Lobeck 716. 726 vermuthete) den Titel des
in mehrere Rapsodiai getheilten Gedichts die einzige Benennung einer in meh-
rere Rhapsodien zerfallenden orphischen Dichtung: ieroi logoi en Rapsodiais
kd (Suid.). Dieser ieros logos (der Plural bezeichnet nur die Mehrzahl der
Bücher) ist aber jedenfalls verschieden (was Lobeck 716 verkannte)
von dem ieros logos, den Epigenes (bei Clem. Strom. 1, 333 A) dem Pytha-
goreer Kerkops zuschrieb (und wenn Suid. die 24 Rhaps. dem Thessaler Theo-
gnetos oder dem Kerkops zuschreibt, so ist wohl eben auch der alte,
nicht in Rhapsodien getheilte ieros logos gemeint und mit dem weit-
läuftigen jüngern ieros logos verwechselt). Den älteren ieros logos meint
3.

Die Verbindung von Religion und einer halb philosophi-
schen Speculation war eine kennzeichnende Eigenthümlichkeit

ihrer Zeitgenossen zugekommenen Mittheilungen aus einer in sich wohl
zusammenhängenden orphischen Theogonie und Anthropogonie stammen,
wie Lobeck mit vollem Recht angenommen hat, aus der ἐν ταῖς ῥαφῳ-
δίαις
Ὀρφικαῖς ϑεολογία, ἣν καὶ οἱ φιλόσοφοι διερμηνεύουσιν (Damasc. de
princ.
p. 380 K.), d. h. die seit Syrians Zeiten von den platonischen
Schulhäuptern in Vorlesungen erklärt (Ὀρφικαὶ συνουσίαι des Syrian: Procl.
in Tim. 96 B; Scholien des Proclus zu Orpheus, εἰ καὶ μὴ εἰς πάσας τὰς
ῥαφῳδίας: Marin. v. Procli 27), in Schriften erläutert wurden, nament-
lich um συμφωνίαν Ὀρφέως, Πυϑαγόρου καὶ Πλάτωνος zu erweisen (Schrift
des Syrian dieses Titels, von Suidas irrig auch dem Proclus gegeben:
s. R. Schöll zu Procl. in Rempubl. p. 5. Wohl aus der Schrift des
Syrian εἰς τὴν Ὀρφέως ϑεολογίαν stammt die Anführung der orphischen
Verse fr. 123. 124, die in der Θεοσοφία § 50 auf Συριανὸς ἐν τοῖς ἑαυ-
τοῦ πονήμασιν zurückgeführt wird; und aus Syrian dann auch wohl das
Citat ebendas. § 61 aus Orpheus ἐν τῇ τετάρτῃ ῥαφωδίᾳ). Die älteren
Neoplatoniker vor Syrian beachten die Orphica wenig: Plotin citirt nichts
daraus (spielt indessen vielleicht 26, 12 p. 247, 29 Kirchh. darauf an.
S. Lobeck p. 555), Jamblich nichts aus unmittelbarer Kenntniss, einiges
Porphyrius, der alles las (fr. 114; 123 [Euseb. aus Porph.]; 211), und
dieses unzweifelhaft aus den Rhapsodien. Ueberhaupt haben die Neo-
platoniker, wo sie O. aus eigener Kenntniss anführen (und nicht etwa
„Orpheus“ statt „Pythagoras“ nennen [s. oben p. 400 Anm.]), nur die
Rhapsodien benutzt (wie Lobeck 466 richtig feststellt; Abel hat das zum
Schaden seiner Fragmentensammlung verkannt). Der Titel des von ihnen
benutzten Gedichts war schwerlich Θεογονία (als Titel scheint diese Be-
zeichnung vorzukommen fr. 188 [Clem. Al. aus dem Autor π. κλοπῆς];
fr. 108 nur Inhaltsbezeichnung; fr. 310 Betrug. Bei Suidas in Gaisfords
Hss. allerdings auch eine ϑεογονία, ἔπη ‚ασ‘: aber die Verszahl stimmt in
verdächtiger Weise überein mit der des voranstehenden ὀνομαστικόν, ge-
nügt jedenfalls nicht für den grossen Umfang der ῥαψῳδίαι). Sehr wahr-
scheinlich bietet (wie schon Lobeck 716. 726 vermuthete) den Titel des
in mehrere ῥαψῳδίαι getheilten Gedichts die einzige Benennung einer in meh-
rere Rhapsodien zerfallenden orphischen Dichtung: ἱεροὶ λόγοι ἐν ῥαψῳδίαις
κδ (Suid.). Dieser ἱερὸς λόγος (der Plural bezeichnet nur die Mehrzahl der
Bücher) ist aber jedenfalls verschieden (was Lobeck 716 verkannte)
von dem ἱερὸς λόγος, den Epigenes (bei Clem. Strom. 1, 333 A) dem Pytha-
goreer Kerkops zuschrieb (und wenn Suid. die 24 Rhaps. dem Thessaler Theo-
gnetos oder dem Kerkops zuschreibt, so ist wohl eben auch der alte,
nicht in Rhapsodien getheilte ἱερὸς λόγος gemeint und mit dem weit-
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[407/0423] 3. Die Verbindung von Religion und einer halb philosophi- schen Speculation war eine kennzeichnende Eigenthümlichkeit 2) 2) ihrer Zeitgenossen zugekommenen Mittheilungen aus einer in sich wohl zusammenhängenden orphischen Theogonie und Anthropogonie stammen, wie Lobeck mit vollem Recht angenommen hat, aus der ἐν ταῖς ῥαφῳ- δίαις Ὀρφικαῖς ϑεολογία, ἣν καὶ οἱ φιλόσοφοι διερμηνεύουσιν (Damasc. de princ. p. 380 K.), d. h. die seit Syrians Zeiten von den platonischen Schulhäuptern in Vorlesungen erklärt (Ὀρφικαὶ συνουσίαι des Syrian: Procl. in Tim. 96 B; Scholien des Proclus zu Orpheus, εἰ καὶ μὴ εἰς πάσας τὰς ῥαφῳδίας: Marin. v. Procli 27), in Schriften erläutert wurden, nament- lich um συμφωνίαν Ὀρφέως, Πυϑαγόρου καὶ Πλάτωνος zu erweisen (Schrift des Syrian dieses Titels, von Suidas irrig auch dem Proclus gegeben: s. R. Schöll zu Procl. in Rempubl. p. 5. Wohl aus der Schrift des Syrian εἰς τὴν Ὀρφέως ϑεολογίαν stammt die Anführung der orphischen Verse fr. 123. 124, die in der Θεοσοφία § 50 auf Συριανὸς ἐν τοῖς ἑαυ- τοῦ πονήμασιν zurückgeführt wird; und aus Syrian dann auch wohl das Citat ebendas. § 61 aus Orpheus ἐν τῇ τετάρτῃ ῥαφωδίᾳ). Die älteren Neoplatoniker vor Syrian beachten die Orphica wenig: Plotin citirt nichts daraus (spielt indessen vielleicht 26, 12 p. 247, 29 Kirchh. darauf an. S. Lobeck p. 555), Jamblich nichts aus unmittelbarer Kenntniss, einiges Porphyrius, der alles las (fr. 114; 123 [Euseb. aus Porph.]; 211), und dieses unzweifelhaft aus den Rhapsodien. Ueberhaupt haben die Neo- platoniker, wo sie O. aus eigener Kenntniss anführen (und nicht etwa „Orpheus“ statt „Pythagoras“ nennen [s. oben p. 400 Anm.]), nur die Rhapsodien benutzt (wie Lobeck 466 richtig feststellt; Abel hat das zum Schaden seiner Fragmentensammlung verkannt). Der Titel des von ihnen benutzten Gedichts war schwerlich Θεογονία (als Titel scheint diese Be- zeichnung vorzukommen fr. 188 [Clem. Al. aus dem Autor π. κλοπῆς]; fr. 108 nur Inhaltsbezeichnung; fr. 310 Betrug. Bei Suidas in Gaisfords Hss. allerdings auch eine ϑεογονία, ἔπη ‚ασ‘: aber die Verszahl stimmt in verdächtiger Weise überein mit der des voranstehenden ὀνομαστικόν, ge- nügt jedenfalls nicht für den grossen Umfang der ῥαψῳδίαι). Sehr wahr- scheinlich bietet (wie schon Lobeck 716. 726 vermuthete) den Titel des in mehrere ῥαψῳδίαι getheilten Gedichts die einzige Benennung einer in meh- rere Rhapsodien zerfallenden orphischen Dichtung: ἱεροὶ λόγοι ἐν ῥαψῳδίαις κδ (Suid.). Dieser ἱερὸς λόγος (der Plural bezeichnet nur die Mehrzahl der Bücher) ist aber jedenfalls verschieden (was Lobeck 716 verkannte) von dem ἱερὸς λόγος, den Epigenes (bei Clem. Strom. 1, 333 A) dem Pytha- goreer Kerkops zuschrieb (und wenn Suid. die 24 Rhaps. dem Thessaler Theo- gnetos oder dem Kerkops zuschreibt, so ist wohl eben auch der alte, nicht in Rhapsodien getheilte ἱερὸς λόγος gemeint und mit dem weit- läuftigen jüngern ἱερὸς λόγος verwechselt). Den älteren ἱερὸς λόγος meint

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/423>, abgerufen am 22.12.2024.