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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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gab es Propheten aus dem Stamme der Bessen, welcher das
auf einem hohen Berge gelegene Orakel des Dionysos ver-
waltete. Die Prophetin jenes Tempels war eine Frau, welche
wahrsagte in derselben Weise, wie die Pythia in Delphi, d. h.
also in rasender Verzückung. So erzählt Herodot 1), und wir
hören noch manches von thrakischer Mantik und deren un-
mittelbarem Zusammenhang mit dem Orgiasmus des Dionysos-
cultes 2).

3.

Griechischer Religionsweise ist, vielleicht von Hause aus,
jedenfalls auf der frühesten unserer Wahrnehmung erreich-
baren Stufe ihrer Entwicklung, derjenigen auf welcher wir sie
in den homerischen Gedichten stehn sehen, alles fremd, was
einem Aufregungscult nach der Art der dionysischen Orgien
der Thraker ähnlich sähe. Wie etwas barbarisch Wunderliches

1) Herodot 7, 111 (die Bessoi scheint Her. für einen Theil, etwa für
ein Geschlecht unter den Satrern zu halten. Polybius, Strabo, Plinius,
Cass. Dio u. A. kennen sie als einen eigenen thrakischen Stamm): -- pro-
mantis gune khreousa kataper en Delphoisi, d. h. aber, sie prophezeite in
der Ekstase: denn so that es die Pythia in Delphi. (Schol. Arist. Plut. 40.
Plut. def. orac. 51. Deutlich beschreibt die bei ihrer religiösen Ekstase an-
genommenen Erscheinungen Lucan, Phars. 5, 166 ff.: artus Phoebados irru-
pit Paean, mentemque priorem expulit, atque hominem toto sibi cedere iussit
pectore. bacchatur demens aliena
u. s. w.)
2) o Threxi mantis Dionusos. Eurip. Hecub. 1245. Rhesos, im Pan-
gaios hausend, ist Bakkhou prophetes Rhes. 965. aphikesthai tois Leibethriois
para tou Dionusou manteuma ek Thrakes: Paus. 9, 30, 9. Aristoteles qui
Theologumena scripsit, apud Ligyreos
(vielleicht identisch mit den Ligu-
riskoi, die Strabo 7 p. 296, als andere Benennung der Taurisker, erwähnt)
ait in Thracia esse adytum Libero consecratum, ex quo redduntur oracula.
Macrob. Sat. 1, 18, 1. Die Frau des Spartacus, selbst eine Thrakerin, war
mantike te kai katokhos tois peri ton Dionuson orgiasmois. Plut. Crass. 8. Octa-
vian befragte in Thrakien in Liberi patris luco barbara cerimonia das
Orakel: Suet. Octav. 94. Noch im J. 11 vor Chr. hatten die Besser einen
iereus tou Dionusou Vologeses, der durch Prophezeiungen (polla theiasas)
und te para tou theou doxe sein Volk zum Aufstand gegen die Odrysen
fortriss (Cass. Dio 54, 34, 5). Den Odrysen hatte im J. 29 M. Crassus,
oti to Dionuso proskeintai, die von den Bessen besetzte Landschaft en e
kai ton theon agallousi, geschenkt: Cass. Dio 51, 25, 5.

gab es Propheten aus dem Stamme der Bessen, welcher das
auf einem hohen Berge gelegene Orakel des Dionysos ver-
waltete. Die Prophetin jenes Tempels war eine Frau, welche
wahrsagte in derselben Weise, wie die Pythia in Delphi, d. h.
also in rasender Verzückung. So erzählt Herodot 1), und wir
hören noch manches von thrakischer Mantik und deren un-
mittelbarem Zusammenhang mit dem Orgiasmus des Dionysos-
cultes 2).

3.

Griechischer Religionsweise ist, vielleicht von Hause aus,
jedenfalls auf der frühesten unserer Wahrnehmung erreich-
baren Stufe ihrer Entwicklung, derjenigen auf welcher wir sie
in den homerischen Gedichten stehn sehen, alles fremd, was
einem Aufregungscult nach der Art der dionysischen Orgien
der Thraker ähnlich sähe. Wie etwas barbarisch Wunderliches

1) Herodot 7, 111 (die Βησσοί scheint Her. für einen Theil, etwa für
ein Geschlecht unter den Satrern zu halten. Polybius, Strabo, Plinius,
Cass. Dio u. A. kennen sie als einen eigenen thrakischen Stamm): — πρό-
μαντις γυνὴ χρέουσα κατάπερ ἐν Δελφοῖσι, d. h. aber, sie prophezeite in
der Ekstase: denn so that es die Pythia in Delphi. (Schol. Arist. Plut. 40.
Plut. def. orac. 51. Deutlich beschreibt die bei ihrer religiösen Ekstase an-
genommenen Erscheinungen Lucan, Phars. 5, 166 ff.: artus Phoebados irru-
pit Paean, mentemque priorem expulit, atque hominem toto sibi cedere iussit
pectore. bacchatur demens aliena
u. s. w.)
2) ὁ Θρῃξὶ μάντις Διόνυσος. Eurip. Hecub. 1245. Rhesos, im Pan-
gaios hausend, ist Βάκχου προφήτης Rhes. 965. ἀφικέσϑαι τοῖς Λειβηϑρίοις
παρὰ τοῦ Διονύσου μάντευμα ἐκ Θρᾴκης: Paus. 9, 30, 9. Aristoteles qui
Theologumena scripsit, apud Ligyreos
(vielleicht identisch mit den Λιγυ-
ρίσκοι, die Strabo 7 p. 296, als andere Benennung der Taurisker, erwähnt)
ait in Thracia esse adytum Libero consecratum, ex quo redduntur oracula.
Macrob. Sat. 1, 18, 1. Die Frau des Spartacus, selbst eine Thrakerin, war
μαντική τε καὶ κάτοχος τοῖς περὶ τὸν Δίονυσον ὀργιασμοῖς. Plut. Crass. 8. Octa-
vian befragte in Thrakien in Liberi patris luco barbara cerimonia das
Orakel: Suet. Octav. 94. Noch im J. 11 vor Chr. hatten die Besser einen
ἱερεὺς τοῦ Διονύσου Vologeses, der durch Prophezeiungen (πολλὰ ϑειάσας)
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fortriss (Cass. Dio 54, 34, 5). Den Odrysen hatte im J. 29 M. Crassus,
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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/330>, abgerufen am 22.12.2024.