Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.wendet 1). Man nannte später solche gewordene Unsterbliche Der Name also scheint keinen Wesensunterschied zwischen 3. Auch das silberne Geschlecht gehört einer längst ver- 1) Wenn Philosophen und philosophische Dichter späterer Zeit die vom Leibe wieder frei gewordene Seele bisweilen daimon nennen, so hat das einen ganz anderen Sinn. 2) Mit ähnlichem, wiewohl ja freilich viel weniger kühnem Oxy- moron redet z. B. Isokrates, Euag. § 72 von einem daimon thnetos. Um einen aus einem Sterblichen erst gewordenen Dämon zu bezeichnen, hat man später das kühne Compositum (welches dem hesiodischen makar thnetos ungefähr entspricht) anthropodaimon gebildet: Rhes. 964; Procop. Anecd. 12 p. 79, 17 Dind. (nekudaimon auf einer Defixio aus Karthago: Bull. d. corr. hellen. 12, 299). 3) Das silberne Geschlecht wird durch die Götter des Olymps ge-
schaffen, wie das goldene (v. 110; 128), erst das dritte (v. 143) und dann das vierte Geschlecht (v. 158) allein durch Zeus. Darnach könnte man wendet 1). Man nannte später solche gewordene Unsterbliche Der Name also scheint keinen Wesensunterschied zwischen 3. Auch das silberne Geschlecht gehört einer längst ver- 1) Wenn Philosophen und philosophische Dichter späterer Zeit die vom Leibe wieder frei gewordene Seele bisweilen δαίμων nennen, so hat das einen ganz anderen Sinn. 2) Mit ähnlichem, wiewohl ja freilich viel weniger kühnem Oxy- moron redet z. B. Isokrates, Euag. § 72 von einem δαίμων ϑνητός. Um einen aus einem Sterblichen erst gewordenen Dämon zu bezeichnen, hat man später das kühne Compositum (welches dem hesiodischen μάκαρ ϑνητός ungefähr entspricht) ἀνϑρωποδαίμων gebildet: Rhes. 964; Procop. Anecd. 12 p. 79, 17 Dind. (νεκυδαίμων auf einer Defixio aus Karthago: Bull. d. corr. hellén. 12, 299). 3) Das silberne Geschlecht wird durch die Götter des Olymps ge-
schaffen, wie das goldene (v. 110; 128), erst das dritte (v. 143) und dann das vierte Geschlecht (v. 158) allein durch Zeus. Darnach könnte man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0111" n="95"/> wendet <note place="foot" n="1)">Wenn Philosophen und philosophische Dichter späterer Zeit die<lb/> vom Leibe wieder frei gewordene Seele bisweilen δαίμων nennen, so hat<lb/> das einen ganz anderen Sinn.</note>. Man nannte später solche <hi rendition="#g">gewordene</hi> Unsterbliche<lb/> „Heroen“. Hesiod, der dies Wort in diesem Sinne noch nicht<lb/> verwenden konnte, nennt sie mit kühnem Oxymoron: sterbliche<lb/> Selige, menschliche Götter. Den Göttern ähnlich sind sie in<lb/> ihrem neuen Dasein als ewige Geister; sterblich ist ihre Natur,<lb/> da ja doch ihr Leib sterben musste, und hierin liegt der Unter-<lb/> schied dieser Geister von den ewigen Göttern <note place="foot" n="2)">Mit ähnlichem, wiewohl ja freilich viel weniger kühnem Oxy-<lb/> moron redet z. B. Isokrates, <hi rendition="#i">Euag</hi>. § 72 von einem δαίμων ϑνητός. Um<lb/> einen aus einem Sterblichen erst <hi rendition="#g">gewordenen</hi> Dämon zu bezeichnen,<lb/> hat man später das kühne Compositum (welches dem hesiodischen μάκαρ<lb/> ϑνητός ungefähr entspricht) ἀνϑρωποδαίμων gebildet: <hi rendition="#i">Rhes</hi>. 964; Procop.<lb/><hi rendition="#i">Anecd</hi>. 12 p. 79, 17 Dind. (νεκυδαίμων auf einer Defixio aus Karthago:<lb/><hi rendition="#i">Bull. d. corr. hellén</hi>. 12, 299).</note>.</p><lb/> <p>Der Name also scheint keinen Wesensunterschied zwischen<lb/> diesen Seelengeistern des silbernen Geschlechts und den „Dä-<lb/> monen“ aus dem goldenen Zeitalter andeuten zu sollen. Ver-<lb/> schieden ist der Aufenthalt beider Classen von Geistern: die<lb/> Dämonen des silbernen Geschlechts hausen in den Tiefen der<lb/> Erde. Der Ausdruck „unterirdische“, von ihnen gebraucht,<lb/> ist unbestimmt, nur genügend, um den Gegensatz zu den „ober-<lb/> irdischen“ Geistern des ersten Geschlechts auszudrücken. Jeden-<lb/> falls ist aber als Aufenthalt der Seelen des silbernen Geschlechts<lb/> nicht der ferne Sammelplatz der bewusstlos vegetirenden Seelen-<lb/> schatten, das Haus des Hades, gedacht: die dort schwebenden<lb/> „Abbilder“ können nicht Dämonen oder „sterbliche Götter“<lb/> genannt werden; auch folgt ihnen keinerlei „Verehrung“.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>3.</head><lb/> <p>Auch das silberne Geschlecht gehört einer längst ver-<lb/> sunkenen Vorzeit an <note xml:id="seg2pn_21_1" next="#seg2pn_21_2" place="foot" n="3)">Das silberne Geschlecht wird durch die Götter des Olymps ge-<lb/> schaffen, wie das goldene (v. 110; 128), erst das dritte (v. 143) und dann<lb/> das vierte Geschlecht (v. 158) allein durch Zeus. Darnach könnte man</note>. Die Recken des <hi rendition="#g">ehernen</hi> Geschlechts,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0111]
wendet 1). Man nannte später solche gewordene Unsterbliche
„Heroen“. Hesiod, der dies Wort in diesem Sinne noch nicht
verwenden konnte, nennt sie mit kühnem Oxymoron: sterbliche
Selige, menschliche Götter. Den Göttern ähnlich sind sie in
ihrem neuen Dasein als ewige Geister; sterblich ist ihre Natur,
da ja doch ihr Leib sterben musste, und hierin liegt der Unter-
schied dieser Geister von den ewigen Göttern 2).
Der Name also scheint keinen Wesensunterschied zwischen
diesen Seelengeistern des silbernen Geschlechts und den „Dä-
monen“ aus dem goldenen Zeitalter andeuten zu sollen. Ver-
schieden ist der Aufenthalt beider Classen von Geistern: die
Dämonen des silbernen Geschlechts hausen in den Tiefen der
Erde. Der Ausdruck „unterirdische“, von ihnen gebraucht,
ist unbestimmt, nur genügend, um den Gegensatz zu den „ober-
irdischen“ Geistern des ersten Geschlechts auszudrücken. Jeden-
falls ist aber als Aufenthalt der Seelen des silbernen Geschlechts
nicht der ferne Sammelplatz der bewusstlos vegetirenden Seelen-
schatten, das Haus des Hades, gedacht: die dort schwebenden
„Abbilder“ können nicht Dämonen oder „sterbliche Götter“
genannt werden; auch folgt ihnen keinerlei „Verehrung“.
3.
Auch das silberne Geschlecht gehört einer längst ver-
sunkenen Vorzeit an 3). Die Recken des ehernen Geschlechts,
1) Wenn Philosophen und philosophische Dichter späterer Zeit die
vom Leibe wieder frei gewordene Seele bisweilen δαίμων nennen, so hat
das einen ganz anderen Sinn.
2) Mit ähnlichem, wiewohl ja freilich viel weniger kühnem Oxy-
moron redet z. B. Isokrates, Euag. § 72 von einem δαίμων ϑνητός. Um
einen aus einem Sterblichen erst gewordenen Dämon zu bezeichnen,
hat man später das kühne Compositum (welches dem hesiodischen μάκαρ
ϑνητός ungefähr entspricht) ἀνϑρωποδαίμων gebildet: Rhes. 964; Procop.
Anecd. 12 p. 79, 17 Dind. (νεκυδαίμων auf einer Defixio aus Karthago:
Bull. d. corr. hellén. 12, 299).
3) Das silberne Geschlecht wird durch die Götter des Olymps ge-
schaffen, wie das goldene (v. 110; 128), erst das dritte (v. 143) und dann
das vierte Geschlecht (v. 158) allein durch Zeus. Darnach könnte man
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |