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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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daß die erste Bahnlinie zur Verbindung der Landeshauptstadt mit der nächsten Stadt oder dem nächsten Hafen hergestellt worden ist.

Gleich dem ganzen Aufschwung Japans zu einer modernen Kulturmacht fällt auch das Eisenbahnwesen mit der Wiedereinsetzung der kaiserlichen Regierungsgewalt zusammen. Im Jahre 1868 war nach tausendjähriger Dauer die Residenz aus Kioto nach Tokio verlegt worden und schon 1870 konnte die erste Telegraphen- und 1872 die erste Eisenbahnlinie zwischen der neuen Hauptstadt und Jokohama eröffnet werden. In der Folge hat auch das Eisenbahnwesen eine sprunghafte Entwicklung genommen. In den ersten zehn Jahren kam man auf 70 Meilen (engl.), im folgenden Jahrzehnt auf 1000 und in den darauf folgenden etwa 15 Jahren auf 5000 englische Meilen. Die Eisenbahngeschichte des Landes erinnert an die Preußens, denn auch sie ist beherrscht von der großen Tatsache der allgemeinen Verstaatlichung fast aller Bahnen (1906). Die japanische Entwicklung ist aber dadurch gekennzeichnet, daß zuerst entschieden die Politik staatlichen Eisenbahnbaues und -betriebes eingeschlagen, dann aber wieder fast ganz aufgegeben wurde, um nach 21/2 Jahrzehnten wieder ebenso entschieden auf den Schild erhoben zu werden. Dementsprechend ist die Eisenbahngeschichte Japans in drei Perioden, von 1870-1880, von 1880-1906 und von da an bis heute zu teilen.

Die Wirtschaftsverhältnisse vor der großen Umwälzung waren durchaus nicht dazu angetan, einen lebhaften Reise- und Handelsverkehr aufblühen zu lassen. Nicht wie beim Eisenbahnbeginn Europas und Amerikas oder auch dem Chinas bestand lebhafter Handel und Verkehr, der nach Verbesserungen rief. Auch gab es im Lande nur wenige große Heerstraßen und daneben kleine mangelhafte Pfade.

Das Land zerfiel in eine Unzahl kleiner Teilfürstentümer, die eifersüchtig auf Wahrung ihrer Territorialhoheit bedacht waren. Die Straßen sperrten Tore fast an jeder Festung eines Feudalherrn. Selten führten Brücken über die Flüsse. Nach außen war das Bestreben der die Regierung erblich führenden Reichskanzler, der Shogune nicht minder auf Abschluß gerichtet.

Alle diese Mißstände beseitigte die Restauration. An Stelle der Lehns- und Feudalverfassung mit ihren mehr als 270 halbsouveränen Teilstaaten trat der Einheitsstaat mit einer modernen Einteilung in Kreise und Grafschaften. Die Tore an den Straßen fielen und es entspann sich ein Wetteifer der Lokalbehörden im Bau von Straßen. Die ersten Dampfer erschienen in Kobe, Nagasaki und Jokohama und zeigten den Japanern, welche Verkehrsmöglichkeiten für ihr Inselreich bestanden. Die Schiffahrt blühte auf und der Wettbewerb im Lande erkannte rasch, daß er erfolgreich nur mit Eisenbahnen werde auftreten können.

B. Die Bahnen der einzelnen Inseln.

1. Das Hauptland.

a) Staatsbahnen. Die Geschichte der J. beginnt mit der Entwicklung der Bahnen auf Hondo. Der in Mitteljapan (zwischen Tokio und Kobe - Tokaidobahn) einsetzenden Entwicklung der Eisenbahnen folgte bald der Osten (nordostwärts von Tokio - Nipponbahn) und später der Westen (westwärts von Tokio - Sanyobahn).

Im November 1869 beauftragte der Kaiser Lord Date, Graf Okuma und Fürst Ito, die Lösung des Eisenbahnproblems in Angriff zu nehmen, vor allem Mittel für Bahnbauten aus England zu beschaffen. Als Berater diente der Regierung der Engländer Ley, dessen Namen unlöslich mit dem Beginn des chinesischen Seezolls verknüpft ist. Im Frühjahr 1870 konnte mit dem Bau der Strecke Tokio-Jokohama begonnen werden. Ley wurde beauftragt, in England eine Anleihe aufzubringen und die nötigen Materialien anzukaufen und Beamte und Techniker anzuwerben. Er entsandte denn auch von England aus solche, aber seine Arbeitsweise mißfiel der japanischen Regierung, sie setzte ihn ab und übertrug die Anleihebesorgung der Orientalbank. Es kam zunächst zum Abschluß einer Anleihe von 1 Mill. Pfund zu 9% Zinsen. Noch im Juli 1870 begann der Bau einer zweiten Bahnlinie von Osaka nach Kobe. Die Wichtigkeit der Bahnen erkennend, setzte die Regierung 1871 ein besonderes Eisenbahnamt ein. Dieses beauftragte alsbald fremde Ingenieure mit der Vermessung der Strecke Kioto-Otsu, während es die Weiterführung des Baues der begonnenen Strecken schon großen Teils in eigene Hände nahm. Die Volksstimmung blieb dem allen gegenüber nicht gleichgültig, vielmehr erhob sich großer Widerspruch, der auf allgemeinen Beharrungsgrundsätzen beruhte, aber besonders starke Nahrung in der Erwägung fand, daß die Anstellung der vielen Fremden - es waren zeitweise in den Anfangsstadien gegen 200 fremde Techniker - und die Aufnahme einer Anleihe, noch dazu mit solchem Zinsfuß, das Land den Fremden ausliefern heiße. Aber die leitenden Staatsmänner arbeiteten unbeirrt und mit einer Planmäßigkeit weiter, die Bewunderung verdient. Beispielsweise wurde

daß die erste Bahnlinie zur Verbindung der Landeshauptstadt mit der nächsten Stadt oder dem nächsten Hafen hergestellt worden ist.

Gleich dem ganzen Aufschwung Japans zu einer modernen Kulturmacht fällt auch das Eisenbahnwesen mit der Wiedereinsetzung der kaiserlichen Regierungsgewalt zusammen. Im Jahre 1868 war nach tausendjähriger Dauer die Residenz aus Kioto nach Tokio verlegt worden und schon 1870 konnte die erste Telegraphen- und 1872 die erste Eisenbahnlinie zwischen der neuen Hauptstadt und Jokohama eröffnet werden. In der Folge hat auch das Eisenbahnwesen eine sprunghafte Entwicklung genommen. In den ersten zehn Jahren kam man auf 70 Meilen (engl.), im folgenden Jahrzehnt auf 1000 und in den darauf folgenden etwa 15 Jahren auf 5000 englische Meilen. Die Eisenbahngeschichte des Landes erinnert an die Preußens, denn auch sie ist beherrscht von der großen Tatsache der allgemeinen Verstaatlichung fast aller Bahnen (1906). Die japanische Entwicklung ist aber dadurch gekennzeichnet, daß zuerst entschieden die Politik staatlichen Eisenbahnbaues und -betriebes eingeschlagen, dann aber wieder fast ganz aufgegeben wurde, um nach 21/2 Jahrzehnten wieder ebenso entschieden auf den Schild erhoben zu werden. Dementsprechend ist die Eisenbahngeschichte Japans in drei Perioden, von 1870–1880, von 1880–1906 und von da an bis heute zu teilen.

Die Wirtschaftsverhältnisse vor der großen Umwälzung waren durchaus nicht dazu angetan, einen lebhaften Reise- und Handelsverkehr aufblühen zu lassen. Nicht wie beim Eisenbahnbeginn Europas und Amerikas oder auch dem Chinas bestand lebhafter Handel und Verkehr, der nach Verbesserungen rief. Auch gab es im Lande nur wenige große Heerstraßen und daneben kleine mangelhafte Pfade.

Das Land zerfiel in eine Unzahl kleiner Teilfürstentümer, die eifersüchtig auf Wahrung ihrer Territorialhoheit bedacht waren. Die Straßen sperrten Tore fast an jeder Festung eines Feudalherrn. Selten führten Brücken über die Flüsse. Nach außen war das Bestreben der die Regierung erblich führenden Reichskanzler, der Shogune nicht minder auf Abschluß gerichtet.

Alle diese Mißstände beseitigte die Restauration. An Stelle der Lehns- und Feudalverfassung mit ihren mehr als 270 halbsouveränen Teilstaaten trat der Einheitsstaat mit einer modernen Einteilung in Kreise und Grafschaften. Die Tore an den Straßen fielen und es entspann sich ein Wetteifer der Lokalbehörden im Bau von Straßen. Die ersten Dampfer erschienen in Kobe, Nagasaki und Jokohama und zeigten den Japanern, welche Verkehrsmöglichkeiten für ihr Inselreich bestanden. Die Schiffahrt blühte auf und der Wettbewerb im Lande erkannte rasch, daß er erfolgreich nur mit Eisenbahnen werde auftreten können.

B. Die Bahnen der einzelnen Inseln.

1. Das Hauptland.

a) Staatsbahnen. Die Geschichte der J. beginnt mit der Entwicklung der Bahnen auf Hondo. Der in Mitteljapan (zwischen Tokio und Kobe – Tokaidobahn) einsetzenden Entwicklung der Eisenbahnen folgte bald der Osten (nordostwärts von Tokio – Nipponbahn) und später der Westen (westwärts von Tokio – Sanyobahn).

Im November 1869 beauftragte der Kaiser Lord Date, Graf Okuma und Fürst Ito, die Lösung des Eisenbahnproblems in Angriff zu nehmen, vor allem Mittel für Bahnbauten aus England zu beschaffen. Als Berater diente der Regierung der Engländer Ley, dessen Namen unlöslich mit dem Beginn des chinesischen Seezolls verknüpft ist. Im Frühjahr 1870 konnte mit dem Bau der Strecke Tokio-Jokohama begonnen werden. Ley wurde beauftragt, in England eine Anleihe aufzubringen und die nötigen Materialien anzukaufen und Beamte und Techniker anzuwerben. Er entsandte denn auch von England aus solche, aber seine Arbeitsweise mißfiel der japanischen Regierung, sie setzte ihn ab und übertrug die Anleihebesorgung der Orientalbank. Es kam zunächst zum Abschluß einer Anleihe von 1 Mill. Pfund zu 9% Zinsen. Noch im Juli 1870 begann der Bau einer zweiten Bahnlinie von Osaka nach Kobe. Die Wichtigkeit der Bahnen erkennend, setzte die Regierung 1871 ein besonderes Eisenbahnamt ein. Dieses beauftragte alsbald fremde Ingenieure mit der Vermessung der Strecke Kioto-Otsu, während es die Weiterführung des Baues der begonnenen Strecken schon großen Teils in eigene Hände nahm. Die Volksstimmung blieb dem allen gegenüber nicht gleichgültig, vielmehr erhob sich großer Widerspruch, der auf allgemeinen Beharrungsgrundsätzen beruhte, aber besonders starke Nahrung in der Erwägung fand, daß die Anstellung der vielen Fremden – es waren zeitweise in den Anfangsstadien gegen 200 fremde Techniker – und die Aufnahme einer Anleihe, noch dazu mit solchem Zinsfuß, das Land den Fremden ausliefern heiße. Aber die leitenden Staatsmänner arbeiteten unbeirrt und mit einer Planmäßigkeit weiter, die Bewunderung verdient. Beispielsweise wurde

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[299/0315] daß die erste Bahnlinie zur Verbindung der Landeshauptstadt mit der nächsten Stadt oder dem nächsten Hafen hergestellt worden ist. Gleich dem ganzen Aufschwung Japans zu einer modernen Kulturmacht fällt auch das Eisenbahnwesen mit der Wiedereinsetzung der kaiserlichen Regierungsgewalt zusammen. Im Jahre 1868 war nach tausendjähriger Dauer die Residenz aus Kioto nach Tokio verlegt worden und schon 1870 konnte die erste Telegraphen- und 1872 die erste Eisenbahnlinie zwischen der neuen Hauptstadt und Jokohama eröffnet werden. In der Folge hat auch das Eisenbahnwesen eine sprunghafte Entwicklung genommen. In den ersten zehn Jahren kam man auf 70 Meilen (engl.), im folgenden Jahrzehnt auf 1000 und in den darauf folgenden etwa 15 Jahren auf 5000 englische Meilen. Die Eisenbahngeschichte des Landes erinnert an die Preußens, denn auch sie ist beherrscht von der großen Tatsache der allgemeinen Verstaatlichung fast aller Bahnen (1906). Die japanische Entwicklung ist aber dadurch gekennzeichnet, daß zuerst entschieden die Politik staatlichen Eisenbahnbaues und -betriebes eingeschlagen, dann aber wieder fast ganz aufgegeben wurde, um nach 21/2 Jahrzehnten wieder ebenso entschieden auf den Schild erhoben zu werden. Dementsprechend ist die Eisenbahngeschichte Japans in drei Perioden, von 1870–1880, von 1880–1906 und von da an bis heute zu teilen. Die Wirtschaftsverhältnisse vor der großen Umwälzung waren durchaus nicht dazu angetan, einen lebhaften Reise- und Handelsverkehr aufblühen zu lassen. Nicht wie beim Eisenbahnbeginn Europas und Amerikas oder auch dem Chinas bestand lebhafter Handel und Verkehr, der nach Verbesserungen rief. Auch gab es im Lande nur wenige große Heerstraßen und daneben kleine mangelhafte Pfade. Das Land zerfiel in eine Unzahl kleiner Teilfürstentümer, die eifersüchtig auf Wahrung ihrer Territorialhoheit bedacht waren. Die Straßen sperrten Tore fast an jeder Festung eines Feudalherrn. Selten führten Brücken über die Flüsse. Nach außen war das Bestreben der die Regierung erblich führenden Reichskanzler, der Shogune nicht minder auf Abschluß gerichtet. Alle diese Mißstände beseitigte die Restauration. An Stelle der Lehns- und Feudalverfassung mit ihren mehr als 270 halbsouveränen Teilstaaten trat der Einheitsstaat mit einer modernen Einteilung in Kreise und Grafschaften. Die Tore an den Straßen fielen und es entspann sich ein Wetteifer der Lokalbehörden im Bau von Straßen. Die ersten Dampfer erschienen in Kobe, Nagasaki und Jokohama und zeigten den Japanern, welche Verkehrsmöglichkeiten für ihr Inselreich bestanden. Die Schiffahrt blühte auf und der Wettbewerb im Lande erkannte rasch, daß er erfolgreich nur mit Eisenbahnen werde auftreten können. B. Die Bahnen der einzelnen Inseln. 1. Das Hauptland. a) Staatsbahnen. Die Geschichte der J. beginnt mit der Entwicklung der Bahnen auf Hondo. Der in Mitteljapan (zwischen Tokio und Kobe – Tokaidobahn) einsetzenden Entwicklung der Eisenbahnen folgte bald der Osten (nordostwärts von Tokio – Nipponbahn) und später der Westen (westwärts von Tokio – Sanyobahn). Im November 1869 beauftragte der Kaiser Lord Date, Graf Okuma und Fürst Ito, die Lösung des Eisenbahnproblems in Angriff zu nehmen, vor allem Mittel für Bahnbauten aus England zu beschaffen. Als Berater diente der Regierung der Engländer Ley, dessen Namen unlöslich mit dem Beginn des chinesischen Seezolls verknüpft ist. Im Frühjahr 1870 konnte mit dem Bau der Strecke Tokio-Jokohama begonnen werden. Ley wurde beauftragt, in England eine Anleihe aufzubringen und die nötigen Materialien anzukaufen und Beamte und Techniker anzuwerben. Er entsandte denn auch von England aus solche, aber seine Arbeitsweise mißfiel der japanischen Regierung, sie setzte ihn ab und übertrug die Anleihebesorgung der Orientalbank. Es kam zunächst zum Abschluß einer Anleihe von 1 Mill. Pfund zu 9% Zinsen. Noch im Juli 1870 begann der Bau einer zweiten Bahnlinie von Osaka nach Kobe. Die Wichtigkeit der Bahnen erkennend, setzte die Regierung 1871 ein besonderes Eisenbahnamt ein. Dieses beauftragte alsbald fremde Ingenieure mit der Vermessung der Strecke Kioto-Otsu, während es die Weiterführung des Baues der begonnenen Strecken schon großen Teils in eigene Hände nahm. Die Volksstimmung blieb dem allen gegenüber nicht gleichgültig, vielmehr erhob sich großer Widerspruch, der auf allgemeinen Beharrungsgrundsätzen beruhte, aber besonders starke Nahrung in der Erwägung fand, daß die Anstellung der vielen Fremden – es waren zeitweise in den Anfangsstadien gegen 200 fremde Techniker – und die Aufnahme einer Anleihe, noch dazu mit solchem Zinsfuß, das Land den Fremden ausliefern heiße. Aber die leitenden Staatsmänner arbeiteten unbeirrt und mit einer Planmäßigkeit weiter, die Bewunderung verdient. Beispielsweise wurde

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/315>, abgerufen am 13.11.2024.