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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.

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von den Regierungen und den Volksvertretungen versucht, den Mißbräuchen durch Verschärfung der Staatsaufsicht zu steuern. Es wurden zu diesem Zwecke in einer Reihe von Einzelstaaten staatliche Aufsichtsämter mit mehr oder weniger weitgehenden Befugnissen gegenüber den Eisenbahnen eingesetzt. Die Befugnisse dieser Ämter konnten sich nur erstrecken auf die innerhalb der Staatsgebiete belegenen Bahnen. Es fehlte an einer Überwachung des Verkehres, der sich zwischen den Einzelstaaten bewegte und gerade die wichtigsten, ausgedehntesten und einflußreichsten Eisenbahnen waren an diesem Verkehr beteiligt. Diese Lücke auszufüllen, war der Zweck der I. (Bundesverkehrgesetzes)1, das nach langen Untersuchungen und langen Verhandlungen in beiden Häusern des Kongresses zu stande gekommen ist. Ein besonderes Verdienst um die Durchbringung des Gesetzes gebührt dem Mitgliede des Repräsentantenhauses Reagan und dem Senator Cullom.

Das Gesetz ist durch eine Reihe von Novellen geändert worden, die alle die Richtung verfolgen, die Zuständigkeit des Bundes zu erweitern, die Machtbefugnisse des Bundesverkehrsamts zu verstärken und Unklarheiten zu beseitigen, die sich bei Anwendung des Gesetzes herausgestellt hatten. Es sind folgende Novellen ergangen:

1. Vom 2. März 1889;

2. vom 10. Februar 1891;

3. vom 8. Februar 1895;

4. vom 13. Februar 1903 (sog. Elkins Act);

5. vom 29. Juni 1906 (sog. Hepburn Act);

6. vom 15. April 1908;

7. vom 25. Februar 1909;

8. vom 18. Juni 1910;2

9. vom 1. März 1913.

Das Gesetz besteht jetzt aus 24 Sektionen, deren einzelne besondere zwischengeschobene Zusätze haben. Es findet nach § 1 Anwendung auf alle gemeinen Frachtführer (Common Carriers), die Personen oder Güter, sei es ausschließlich auf Eisenbahnen oder teils auf Eisenbahnen und teils auf Wasserstraßen unter gemeinsamer Verwaltung durchgehend von einem Staat oder Territorium der Union oder dem Bezirk Columbia nach einem andern, oder von einem Ort in den Vereinigten Staaten nach einem Nachbarland, oder von einem Ort in den Vereinigten Staaten durch ein Nachbarland nach einem andern Ort in den Vereinigten Staaten befördern oder verschiffen, ferner auf die gleichartige Beförderung von Gütern von einem Ort in den Vereinigten Staaten nach einem fremden Land, die zuerst von dem gedachten Ort nach dem Verschiffungshafen gefahren, oder umgekehrt von einem fremden Land nach den Vereinigten Staaten verschifft und von dem Einfuhrhafen nach einem Ort in den Vereinigten Staaten oder einem Nachbarland gefahren werden. Außerdem findet es Anwendung auf die Gesellschaften, die sich mit der Beförderung von Erdöl oder anderen Verbrauchsgegenständen, ausgenommen Wasser und Gas, in Röhrenleitungen, befassen, ebenso auf Telephon-, Telegraphen- und Kabelgesellschaften, auch die drahtlos arbeitenden. Auch die sog. Expreßgesellschaften und die Wagenverleihanstalten sind seinen Bestimmungen unterworfen.

Weiter werden folgende allgemeine Bestimmungen getroffen: Alle Frachtsätze und Gebühren (im zwischenstaatlichen Verkehr) müssen gerecht und vernünftig (just and reasonable) sein (§ 1, Abs. 4). Die Gewährung von Vorzugsfrachtsätzen, Nachlässen oder Rückvergütungen u. dgl. ist untersagt (§ 2). Übertretungen dieser Bestimmung verpflichten den Frachtführer zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (§ 8) und haben außerdem Geldstrafen bis zu 5000 Doll. für jeden Übertretungsfall oder Zuchthausstrafe bis zu zwei Jahren zur Folge (§ 9). Die Frachtführer sind verpflichtet, allen Versendern gleiche Beförderungsbedingungen zu gewähren (§ 3). Die Berechnung eines höheren Gesamtfrachtsatzes für eine vorgelegene kürzere Strecke, als für eine längere Strecke auf derselben Linie und unter sonst gleichen Umständen ist in der Regel untersagt, sog. Short haul Clause (s. d.) (§ 4), nach der Novelle von 1910 jedoch unter gewissen Bedingungen zugelassen. Der Abschluß von Verkehrsgemeinschaften zwischen verschiedenen miteinander in Wettbewerb stehenden Gesellschaften ist untersagt. Strafen für Übertretung dieser Bestimmung sind dieselben, wie für Gewährung von Refaktien u. dgl. (sog. Antipooling Clause), s. unter Pool (§ 5). Ebenso sind alle Verträge verboten, die eine Umgehung dieses Gesetzes in der Weise bezwecken, daß ein zwischenstaatlicher Transport in mehrere binnenstaatliche zerlegt wird (§ 7).

1 Der Titel des Gesetzes wird in der Tages- und Fachpresse meist ganz unrichtig übersetzt mit "Zwischenstaatliche Handelskommission". Abgesehen von der falschen sprachlichen Bildung bedeutet Commerce nicht Handel, sondern. Verkehr, und Kommission in diesem Zusammenhang ist nicht das, was man unter einer Kommission (Ausschuß) versteht, sondern eine Behörde, ein Amt. Auch in England ist der Board of Railway Commissioners eine Behörde, eine Art Eisenbahnverwaltungsgerichtshof.
2 Eine Übersetzung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Novellen zu 1-8 ist abgedruckt im Arch. f. Ebw. 1912, S. 12 ff., die Novelle vom 1. März 1913 a. a. O. 1913, S. 1163 f.

von den Regierungen und den Volksvertretungen versucht, den Mißbräuchen durch Verschärfung der Staatsaufsicht zu steuern. Es wurden zu diesem Zwecke in einer Reihe von Einzelstaaten staatliche Aufsichtsämter mit mehr oder weniger weitgehenden Befugnissen gegenüber den Eisenbahnen eingesetzt. Die Befugnisse dieser Ämter konnten sich nur erstrecken auf die innerhalb der Staatsgebiete belegenen Bahnen. Es fehlte an einer Überwachung des Verkehres, der sich zwischen den Einzelstaaten bewegte und gerade die wichtigsten, ausgedehntesten und einflußreichsten Eisenbahnen waren an diesem Verkehr beteiligt. Diese Lücke auszufüllen, war der Zweck der I. (Bundesverkehrgesetzes)1, das nach langen Untersuchungen und langen Verhandlungen in beiden Häusern des Kongresses zu stande gekommen ist. Ein besonderes Verdienst um die Durchbringung des Gesetzes gebührt dem Mitgliede des Repräsentantenhauses Reagan und dem Senator Cullom.

Das Gesetz ist durch eine Reihe von Novellen geändert worden, die alle die Richtung verfolgen, die Zuständigkeit des Bundes zu erweitern, die Machtbefugnisse des Bundesverkehrsamts zu verstärken und Unklarheiten zu beseitigen, die sich bei Anwendung des Gesetzes herausgestellt hatten. Es sind folgende Novellen ergangen:

1. Vom 2. März 1889;

2. vom 10. Februar 1891;

3. vom 8. Februar 1895;

4. vom 13. Februar 1903 (sog. Elkins Act);

5. vom 29. Juni 1906 (sog. Hepburn Act);

6. vom 15. April 1908;

7. vom 25. Februar 1909;

8. vom 18. Juni 1910;2

9. vom 1. März 1913.

Das Gesetz besteht jetzt aus 24 Sektionen, deren einzelne besondere zwischengeschobene Zusätze haben. Es findet nach § 1 Anwendung auf alle gemeinen Frachtführer (Common Carriers), die Personen oder Güter, sei es ausschließlich auf Eisenbahnen oder teils auf Eisenbahnen und teils auf Wasserstraßen unter gemeinsamer Verwaltung durchgehend von einem Staat oder Territorium der Union oder dem Bezirk Columbia nach einem andern, oder von einem Ort in den Vereinigten Staaten nach einem Nachbarland, oder von einem Ort in den Vereinigten Staaten durch ein Nachbarland nach einem andern Ort in den Vereinigten Staaten befördern oder verschiffen, ferner auf die gleichartige Beförderung von Gütern von einem Ort in den Vereinigten Staaten nach einem fremden Land, die zuerst von dem gedachten Ort nach dem Verschiffungshafen gefahren, oder umgekehrt von einem fremden Land nach den Vereinigten Staaten verschifft und von dem Einfuhrhafen nach einem Ort in den Vereinigten Staaten oder einem Nachbarland gefahren werden. Außerdem findet es Anwendung auf die Gesellschaften, die sich mit der Beförderung von Erdöl oder anderen Verbrauchsgegenständen, ausgenommen Wasser und Gas, in Röhrenleitungen, befassen, ebenso auf Telephon-, Telegraphen- und Kabelgesellschaften, auch die drahtlos arbeitenden. Auch die sog. Expreßgesellschaften und die Wagenverleihanstalten sind seinen Bestimmungen unterworfen.

Weiter werden folgende allgemeine Bestimmungen getroffen: Alle Frachtsätze und Gebühren (im zwischenstaatlichen Verkehr) müssen gerecht und vernünftig (just and reasonable) sein (§ 1, Abs. 4). Die Gewährung von Vorzugsfrachtsätzen, Nachlässen oder Rückvergütungen u. dgl. ist untersagt (§ 2). Übertretungen dieser Bestimmung verpflichten den Frachtführer zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (§ 8) und haben außerdem Geldstrafen bis zu 5000 Doll. für jeden Übertretungsfall oder Zuchthausstrafe bis zu zwei Jahren zur Folge (§ 9). Die Frachtführer sind verpflichtet, allen Versendern gleiche Beförderungsbedingungen zu gewähren (§ 3). Die Berechnung eines höheren Gesamtfrachtsatzes für eine vorgelegene kürzere Strecke, als für eine längere Strecke auf derselben Linie und unter sonst gleichen Umständen ist in der Regel untersagt, sog. Short haul Clause (s. d.) (§ 4), nach der Novelle von 1910 jedoch unter gewissen Bedingungen zugelassen. Der Abschluß von Verkehrsgemeinschaften zwischen verschiedenen miteinander in Wettbewerb stehenden Gesellschaften ist untersagt. Strafen für Übertretung dieser Bestimmung sind dieselben, wie für Gewährung von Refaktien u. dgl. (sog. Antipooling Clause), s. unter Pool (§ 5). Ebenso sind alle Verträge verboten, die eine Umgehung dieses Gesetzes in der Weise bezwecken, daß ein zwischenstaatlicher Transport in mehrere binnenstaatliche zerlegt wird (§ 7).

1 Der Titel des Gesetzes wird in der Tages- und Fachpresse meist ganz unrichtig übersetzt mit „Zwischenstaatliche Handelskommission“. Abgesehen von der falschen sprachlichen Bildung bedeutet Commerce nicht Handel, sondern. Verkehr, und Kommission in diesem Zusammenhang ist nicht das, was man unter einer Kommission (Ausschuß) versteht, sondern eine Behörde, ein Amt. Auch in England ist der Board of Railway Commissioners eine Behörde, eine Art Eisenbahnverwaltungsgerichtshof.
2 Eine Übersetzung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Novellen zu 1–8 ist abgedruckt im Arch. f. Ebw. 1912, S. 12 ff., die Novelle vom 1. März 1913 a. a. O. 1913, S. 1163 f.
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[277/0292] von den Regierungen und den Volksvertretungen versucht, den Mißbräuchen durch Verschärfung der Staatsaufsicht zu steuern. Es wurden zu diesem Zwecke in einer Reihe von Einzelstaaten staatliche Aufsichtsämter mit mehr oder weniger weitgehenden Befugnissen gegenüber den Eisenbahnen eingesetzt. Die Befugnisse dieser Ämter konnten sich nur erstrecken auf die innerhalb der Staatsgebiete belegenen Bahnen. Es fehlte an einer Überwachung des Verkehres, der sich zwischen den Einzelstaaten bewegte und gerade die wichtigsten, ausgedehntesten und einflußreichsten Eisenbahnen waren an diesem Verkehr beteiligt. Diese Lücke auszufüllen, war der Zweck der I. (Bundesverkehrgesetzes) 1, das nach langen Untersuchungen und langen Verhandlungen in beiden Häusern des Kongresses zu stande gekommen ist. Ein besonderes Verdienst um die Durchbringung des Gesetzes gebührt dem Mitgliede des Repräsentantenhauses Reagan und dem Senator Cullom. Das Gesetz ist durch eine Reihe von Novellen geändert worden, die alle die Richtung verfolgen, die Zuständigkeit des Bundes zu erweitern, die Machtbefugnisse des Bundesverkehrsamts zu verstärken und Unklarheiten zu beseitigen, die sich bei Anwendung des Gesetzes herausgestellt hatten. Es sind folgende Novellen ergangen: 1. Vom 2. März 1889; 2. vom 10. Februar 1891; 3. vom 8. Februar 1895; 4. vom 13. Februar 1903 (sog. Elkins Act); 5. vom 29. Juni 1906 (sog. Hepburn Act); 6. vom 15. April 1908; 7. vom 25. Februar 1909; 8. vom 18. Juni 1910; 2 9. vom 1. März 1913. Das Gesetz besteht jetzt aus 24 Sektionen, deren einzelne besondere zwischengeschobene Zusätze haben. Es findet nach § 1 Anwendung auf alle gemeinen Frachtführer (Common Carriers), die Personen oder Güter, sei es ausschließlich auf Eisenbahnen oder teils auf Eisenbahnen und teils auf Wasserstraßen unter gemeinsamer Verwaltung durchgehend von einem Staat oder Territorium der Union oder dem Bezirk Columbia nach einem andern, oder von einem Ort in den Vereinigten Staaten nach einem Nachbarland, oder von einem Ort in den Vereinigten Staaten durch ein Nachbarland nach einem andern Ort in den Vereinigten Staaten befördern oder verschiffen, ferner auf die gleichartige Beförderung von Gütern von einem Ort in den Vereinigten Staaten nach einem fremden Land, die zuerst von dem gedachten Ort nach dem Verschiffungshafen gefahren, oder umgekehrt von einem fremden Land nach den Vereinigten Staaten verschifft und von dem Einfuhrhafen nach einem Ort in den Vereinigten Staaten oder einem Nachbarland gefahren werden. Außerdem findet es Anwendung auf die Gesellschaften, die sich mit der Beförderung von Erdöl oder anderen Verbrauchsgegenständen, ausgenommen Wasser und Gas, in Röhrenleitungen, befassen, ebenso auf Telephon-, Telegraphen- und Kabelgesellschaften, auch die drahtlos arbeitenden. Auch die sog. Expreßgesellschaften und die Wagenverleihanstalten sind seinen Bestimmungen unterworfen. Weiter werden folgende allgemeine Bestimmungen getroffen: Alle Frachtsätze und Gebühren (im zwischenstaatlichen Verkehr) müssen gerecht und vernünftig (just and reasonable) sein (§ 1, Abs. 4). Die Gewährung von Vorzugsfrachtsätzen, Nachlässen oder Rückvergütungen u. dgl. ist untersagt (§ 2). Übertretungen dieser Bestimmung verpflichten den Frachtführer zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens (§ 8) und haben außerdem Geldstrafen bis zu 5000 Doll. für jeden Übertretungsfall oder Zuchthausstrafe bis zu zwei Jahren zur Folge (§ 9). Die Frachtführer sind verpflichtet, allen Versendern gleiche Beförderungsbedingungen zu gewähren (§ 3). Die Berechnung eines höheren Gesamtfrachtsatzes für eine vorgelegene kürzere Strecke, als für eine längere Strecke auf derselben Linie und unter sonst gleichen Umständen ist in der Regel untersagt, sog. Short haul Clause (s. d.) (§ 4), nach der Novelle von 1910 jedoch unter gewissen Bedingungen zugelassen. Der Abschluß von Verkehrsgemeinschaften zwischen verschiedenen miteinander in Wettbewerb stehenden Gesellschaften ist untersagt. Strafen für Übertretung dieser Bestimmung sind dieselben, wie für Gewährung von Refaktien u. dgl. (sog. Antipooling Clause), s. unter Pool (§ 5). Ebenso sind alle Verträge verboten, die eine Umgehung dieses Gesetzes in der Weise bezwecken, daß ein zwischenstaatlicher Transport in mehrere binnenstaatliche zerlegt wird (§ 7). 1 Der Titel des Gesetzes wird in der Tages- und Fachpresse meist ganz unrichtig übersetzt mit „Zwischenstaatliche Handelskommission“. Abgesehen von der falschen sprachlichen Bildung bedeutet Commerce nicht Handel, sondern. Verkehr, und Kommission in diesem Zusammenhang ist nicht das, was man unter einer Kommission (Ausschuß) versteht, sondern eine Behörde, ein Amt. Auch in England ist der Board of Railway Commissioners eine Behörde, eine Art Eisenbahnverwaltungsgerichtshof. 2 Eine Übersetzung des Gesetzes unter Berücksichtigung der Novellen zu 1–8 ist abgedruckt im Arch. f. Ebw. 1912, S. 12 ff., die Novelle vom 1. März 1913 a. a. O. 1913, S. 1163 f.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen06_1914/292>, abgerufen am 13.11.2024.