Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.Grunderwerb, Grundeinlösung (purchase, acquisition of land; acquisition du terrain; acquisto di terreno); Gegenstand des G. im engeren Sinne bildet in erster Linie der dauernde Erwerb des Eigentums an jenen Bodenflächen, die zur Herstellung der Bahnanlage selbst (des Bahnkörpers, der Hochbauten, Stationsplätze u. s. w.) sowie der Nebenanlagen erforderlich sind; weiters bildet aber auch den Gegenstand der "Grundeinlösung" im weiteren Sinne der dauernde oder vorübergehende Erwerb solcher dinglicher Rechte (Servitute), deren Ausübung für den Bau der Bahn und für deren späteren Betrieb nötig erscheint. Der Inhalt dieser Servitute besteht meist in der Einräumung eines Rechtes zu Gunsten des Bahnunternehmens, z. B. des Rechtes zur Unter- oder Überfahrung eines fremden Grundes (Unter-, Überfahrt- oder Tunnelservitut), zur Herstellung von Wasserleitungen auf fremdem Grunde, zum Bezug von Wasser aus Quellen, Teichen oder sonstigen Privatgewässern u. dgl., öfters aber auch darin, daß den Anrainern gewisse mit Rücksicht auf den sicheren Bestand und Betrieb der Bahn notwendig werdende Beschränkungen in der Ausübung ihres Eigentumsrechtes auferlegt oder daß sie zur Duldung von Vorkehrungen an ihrem Besitztum verhalten werden. An Stelle des Erwerbes zu Alleineigentum tritt - allerdings selten - der Erwerb des Miteigentums oder eines dauernden Mitbenützungsrechtes, ersteres bei Führung einer Neubahnlinie auf dem Bahnkörper einer bereits bestehenden Bahn, letzteres insbesondere bei Kreuzungen in Schienenhöhe der Eisenbahnen mit öffentlichen Straßen in Ansehung der von der Bahn durchschnittenen Wegteile, bei Kreuzungen mehrerer Bahnen, bei Mitbenützung eines Bahnhofes sowie endlich auch bei Führung der Bahn auf Straßengrund. Neben dem dauernden Erwerbe von Grundstücken werden an solchen insbesondere während des Baues häufig auch vorübergehend Eigentums- oder Benützungsrechte erworben, so z. B. zur Materialablagerung, zur Lagerung von Schienen, Schwellen, Schotter, zur Errichtung provisorischer Arbeiterbaracken, Schuppen u. dgl. Die für letztere Zwecke in Anspruch genommenen Grundflächen gehen, wenn sie von der Bahn nicht mehr benötigt werden, nach Leistung einer entsprechenden Entschädigung an die Vorbesitzer für die erfolgte Benützung meist wieder in deren Eigentum über oder werden anderweitig veräußert. Der G. geschieht entweder unentgeltlich durch Schenkung oder entgeltlich, u. zw. im Wege der Enteignung oder des freihändigen Ankaufes, selten durch Tausch; zur unentgeltlichen Beistellung der für den Bahnbau notwendigen Gründe kommt es insbesondere, wenn die Interessenten, um den Bahnbau überhaupt zu ermöglichen oder die Führung der Trasse in einer für sie maßgebenden Richtung zu erreichen, sich bereit erklären, entweder die Gründe der Eisenbahnunternehmung unentgeltlich beizustellen oder aber den für den G. erforderlichen Kostenbetrag der Eisenbahnunternehmung rückzuerstatten sich verpflichten. Grundschenkungen im großen Maßstabe erfolgten insbesondere in Amerika (s. den Art. Grant). In den Gesetzen über die Herstellung von Lokalbahnen war häufig die Bedingung aufgenommen, daß die zum Bahnbau nötigen Gründe von den Interessenten unentgeltlich gewidmet werden müssen, ein Vorgang, der sich jedoch in der Praxis nicht bewährt hat und wiederholt zu Streitigkeiten zwischen der Eisenbahnunternehmung und den Interessenten führte. Der entgeltliche G. kann auf zweierlei Arten erfolgen: entweder durch freihändigen Ankauf oder durch zwangsweise Enteignung (in letzterem Belange s. den Artikel Enteignung). Der Kauf von Grund und Boden für Bahnzwecke durch freihändigen Erwerb im Wege gütlichen Übereinkommens wird durch eine etwa bereits erfolgte Fällung des Enteignungserkenntnisses nicht behindert. Der freihändige Ankauf geschieht durch freiwillige Abtretung des zu Bahnzwecken erforderlichen oder sonst von dem Bahnunternehmen begehrten Grundes seitens des Eigentümers an dieses. Hierbei wird der Preis entweder einvernehmlich bestimmt oder dessen Ermittlung der amtlichen Schätzung vorbehalten. In Preußen kann eine Einigung zwischen den Beteiligten über den Gegenstand der Abtretung zum Zwecke sowohl der Überlassung des Besitzes als der sofortigen Abtretung des Eigentums stattfinden. Es kann hierbei die Entschädigung nachträglicher Feststellung vorbehalten werden, die alsdann nach den Vorschriften des Gesetzes oder auch, je nach Verabredung der Beteiligten, sofort im Rechtswege erfolgt. Es kann ferner dabei zur Regelung der Rechte Dritter die Durchführung des förmlichen Enteignungsverfahrens, nach Befinden ohne Berührung der Entschädigungsfrage, vorbehalten werden. Für die freiwillige Abtretung von Grundflächen in Gemäßheit des § 16 sind die nach den bestehenden Gesetzen für die Veräußerung von Grundeigentum vorgeschriebenen Formen zu wahren. Enteignungsgesetz v. 1874, § 16 u. ff. Der G. im Wege des Tausches kommt namentlich bei Durchschneidung von Grundstücken Grunderwerb, Grundeinlösung (purchase, acquisition of land; acquisition du terrain; acquisto di terreno); Gegenstand des G. im engeren Sinne bildet in erster Linie der dauernde Erwerb des Eigentums an jenen Bodenflächen, die zur Herstellung der Bahnanlage selbst (des Bahnkörpers, der Hochbauten, Stationsplätze u. s. w.) sowie der Nebenanlagen erforderlich sind; weiters bildet aber auch den Gegenstand der „Grundeinlösung“ im weiteren Sinne der dauernde oder vorübergehende Erwerb solcher dinglicher Rechte (Servitute), deren Ausübung für den Bau der Bahn und für deren späteren Betrieb nötig erscheint. Der Inhalt dieser Servitute besteht meist in der Einräumung eines Rechtes zu Gunsten des Bahnunternehmens, z. B. des Rechtes zur Unter- oder Überfahrung eines fremden Grundes (Unter-, Überfahrt- oder Tunnelservitut), zur Herstellung von Wasserleitungen auf fremdem Grunde, zum Bezug von Wasser aus Quellen, Teichen oder sonstigen Privatgewässern u. dgl., öfters aber auch darin, daß den Anrainern gewisse mit Rücksicht auf den sicheren Bestand und Betrieb der Bahn notwendig werdende Beschränkungen in der Ausübung ihres Eigentumsrechtes auferlegt oder daß sie zur Duldung von Vorkehrungen an ihrem Besitztum verhalten werden. An Stelle des Erwerbes zu Alleineigentum tritt – allerdings selten – der Erwerb des Miteigentums oder eines dauernden Mitbenützungsrechtes, ersteres bei Führung einer Neubahnlinie auf dem Bahnkörper einer bereits bestehenden Bahn, letzteres insbesondere bei Kreuzungen in Schienenhöhe der Eisenbahnen mit öffentlichen Straßen in Ansehung der von der Bahn durchschnittenen Wegteile, bei Kreuzungen mehrerer Bahnen, bei Mitbenützung eines Bahnhofes sowie endlich auch bei Führung der Bahn auf Straßengrund. Neben dem dauernden Erwerbe von Grundstücken werden an solchen insbesondere während des Baues häufig auch vorübergehend Eigentums- oder Benützungsrechte erworben, so z. B. zur Materialablagerung, zur Lagerung von Schienen, Schwellen, Schotter, zur Errichtung provisorischer Arbeiterbaracken, Schuppen u. dgl. Die für letztere Zwecke in Anspruch genommenen Grundflächen gehen, wenn sie von der Bahn nicht mehr benötigt werden, nach Leistung einer entsprechenden Entschädigung an die Vorbesitzer für die erfolgte Benützung meist wieder in deren Eigentum über oder werden anderweitig veräußert. Der G. geschieht entweder unentgeltlich durch Schenkung oder entgeltlich, u. zw. im Wege der Enteignung oder des freihändigen Ankaufes, selten durch Tausch; zur unentgeltlichen Beistellung der für den Bahnbau notwendigen Gründe kommt es insbesondere, wenn die Interessenten, um den Bahnbau überhaupt zu ermöglichen oder die Führung der Trasse in einer für sie maßgebenden Richtung zu erreichen, sich bereit erklären, entweder die Gründe der Eisenbahnunternehmung unentgeltlich beizustellen oder aber den für den G. erforderlichen Kostenbetrag der Eisenbahnunternehmung rückzuerstatten sich verpflichten. Grundschenkungen im großen Maßstabe erfolgten insbesondere in Amerika (s. den Art. Grant). In den Gesetzen über die Herstellung von Lokalbahnen war häufig die Bedingung aufgenommen, daß die zum Bahnbau nötigen Gründe von den Interessenten unentgeltlich gewidmet werden müssen, ein Vorgang, der sich jedoch in der Praxis nicht bewährt hat und wiederholt zu Streitigkeiten zwischen der Eisenbahnunternehmung und den Interessenten führte. Der entgeltliche G. kann auf zweierlei Arten erfolgen: entweder durch freihändigen Ankauf oder durch zwangsweise Enteignung (in letzterem Belange s. den Artikel Enteignung). Der Kauf von Grund und Boden für Bahnzwecke durch freihändigen Erwerb im Wege gütlichen Übereinkommens wird durch eine etwa bereits erfolgte Fällung des Enteignungserkenntnisses nicht behindert. Der freihändige Ankauf geschieht durch freiwillige Abtretung des zu Bahnzwecken erforderlichen oder sonst von dem Bahnunternehmen begehrten Grundes seitens des Eigentümers an dieses. Hierbei wird der Preis entweder einvernehmlich bestimmt oder dessen Ermittlung der amtlichen Schätzung vorbehalten. In Preußen kann eine Einigung zwischen den Beteiligten über den Gegenstand der Abtretung zum Zwecke sowohl der Überlassung des Besitzes als der sofortigen Abtretung des Eigentums stattfinden. Es kann hierbei die Entschädigung nachträglicher Feststellung vorbehalten werden, die alsdann nach den Vorschriften des Gesetzes oder auch, je nach Verabredung der Beteiligten, sofort im Rechtswege erfolgt. Es kann ferner dabei zur Regelung der Rechte Dritter die Durchführung des förmlichen Enteignungsverfahrens, nach Befinden ohne Berührung der Entschädigungsfrage, vorbehalten werden. Für die freiwillige Abtretung von Grundflächen in Gemäßheit des § 16 sind die nach den bestehenden Gesetzen für die Veräußerung von Grundeigentum vorgeschriebenen Formen zu wahren. Enteignungsgesetz v. 1874, § 16 u. ff. 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Grunderwerb, Grundeinlösung (purchase, acquisition of land; acquisition du terrain; acquisto di terreno); Gegenstand des G. im engeren Sinne bildet in erster Linie der dauernde Erwerb des Eigentums an jenen Bodenflächen, die zur Herstellung der Bahnanlage selbst (des Bahnkörpers, der Hochbauten, Stationsplätze u. s. w.) sowie der Nebenanlagen erforderlich sind; weiters bildet aber auch den Gegenstand der „Grundeinlösung“ im weiteren Sinne der dauernde oder vorübergehende Erwerb solcher dinglicher Rechte (Servitute), deren Ausübung für den Bau der Bahn und für deren späteren Betrieb nötig erscheint. Der Inhalt dieser Servitute besteht meist in der Einräumung eines Rechtes zu Gunsten des Bahnunternehmens, z. B. des Rechtes zur Unter- oder Überfahrung eines fremden Grundes (Unter-, Überfahrt- oder Tunnelservitut), zur Herstellung von Wasserleitungen auf fremdem Grunde, zum Bezug von Wasser aus Quellen, Teichen oder sonstigen Privatgewässern u. dgl., öfters aber auch darin, daß den Anrainern gewisse mit Rücksicht auf den sicheren Bestand und Betrieb der Bahn notwendig werdende Beschränkungen in der Ausübung ihres Eigentumsrechtes auferlegt oder daß sie zur Duldung von Vorkehrungen an ihrem Besitztum verhalten werden.
An Stelle des Erwerbes zu Alleineigentum tritt – allerdings selten – der Erwerb des Miteigentums oder eines dauernden Mitbenützungsrechtes, ersteres bei Führung einer Neubahnlinie auf dem Bahnkörper einer bereits bestehenden Bahn, letzteres insbesondere bei Kreuzungen in Schienenhöhe der Eisenbahnen mit öffentlichen Straßen in Ansehung der von der Bahn durchschnittenen Wegteile, bei Kreuzungen mehrerer Bahnen, bei Mitbenützung eines Bahnhofes sowie endlich auch bei Führung der Bahn auf Straßengrund.
Neben dem dauernden Erwerbe von Grundstücken werden an solchen insbesondere während des Baues häufig auch vorübergehend Eigentums- oder Benützungsrechte erworben, so z. B. zur Materialablagerung, zur Lagerung von Schienen, Schwellen, Schotter, zur Errichtung provisorischer Arbeiterbaracken, Schuppen u. dgl. Die für letztere Zwecke in Anspruch genommenen Grundflächen gehen, wenn sie von der Bahn nicht mehr benötigt werden, nach Leistung einer entsprechenden Entschädigung an die Vorbesitzer für die erfolgte Benützung meist wieder in deren Eigentum über oder werden anderweitig veräußert.
Der G. geschieht entweder unentgeltlich durch Schenkung oder entgeltlich, u. zw. im Wege der Enteignung oder des freihändigen Ankaufes, selten durch Tausch; zur unentgeltlichen Beistellung der für den Bahnbau notwendigen Gründe kommt es insbesondere, wenn die Interessenten, um den Bahnbau überhaupt zu ermöglichen oder die Führung der Trasse in einer für sie maßgebenden Richtung zu erreichen, sich bereit erklären, entweder die Gründe der Eisenbahnunternehmung unentgeltlich beizustellen oder aber den für den G. erforderlichen Kostenbetrag der Eisenbahnunternehmung rückzuerstatten sich verpflichten.
Grundschenkungen im großen Maßstabe erfolgten insbesondere in Amerika (s. den Art. Grant). In den Gesetzen über die Herstellung von Lokalbahnen war häufig die Bedingung aufgenommen, daß die zum Bahnbau nötigen Gründe von den Interessenten unentgeltlich gewidmet werden müssen, ein Vorgang, der sich jedoch in der Praxis nicht bewährt hat und wiederholt zu Streitigkeiten zwischen der Eisenbahnunternehmung und den Interessenten führte.
Der entgeltliche G. kann auf zweierlei Arten erfolgen: entweder durch freihändigen Ankauf oder durch zwangsweise Enteignung (in letzterem Belange s. den Artikel Enteignung).
Der Kauf von Grund und Boden für Bahnzwecke durch freihändigen Erwerb im Wege gütlichen Übereinkommens wird durch eine etwa bereits erfolgte Fällung des Enteignungserkenntnisses nicht behindert. Der freihändige Ankauf geschieht durch freiwillige Abtretung des zu Bahnzwecken erforderlichen oder sonst von dem Bahnunternehmen begehrten Grundes seitens des Eigentümers an dieses. Hierbei wird der Preis entweder einvernehmlich bestimmt oder dessen Ermittlung der amtlichen Schätzung vorbehalten.
In Preußen kann eine Einigung zwischen den Beteiligten über den Gegenstand der Abtretung zum Zwecke sowohl der Überlassung des Besitzes als der sofortigen Abtretung des Eigentums stattfinden. Es kann hierbei die Entschädigung nachträglicher Feststellung vorbehalten werden, die alsdann nach den Vorschriften des Gesetzes oder auch, je nach Verabredung der Beteiligten, sofort im Rechtswege erfolgt. Es kann ferner dabei zur Regelung der Rechte Dritter die Durchführung des förmlichen Enteignungsverfahrens, nach Befinden ohne Berührung der Entschädigungsfrage, vorbehalten werden.
Für die freiwillige Abtretung von Grundflächen in Gemäßheit des § 16 sind die nach den bestehenden Gesetzen für die Veräußerung von Grundeigentum vorgeschriebenen Formen zu wahren.
Enteignungsgesetz v. 1874, § 16 u. ff.
Der G. im Wege des Tausches kommt namentlich bei Durchschneidung von Grundstücken
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