Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.Unfahrbarkeit eines Gleises ein. Gleisunterbrechungen, die nicht länger als eine Pause des Zugsverkehrs dauern, sind nicht als G. im eigentlichen Sinne anzusehen. Bei Verhängung einer G. sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beobachten, damit jede Möglichkeit, Züge auf das gesperrte Gleis zu leiten, ausgeschlossen wird. Vorhergesehene G. treten insbesondere ein bei Brückenauswechslungen, Schienenneulagen u. s. w. Bei diesen Arbeiten ist es wichtig, die zu ihrer Durchführung erforderliche Zeit richtig zu bemessen, um die G. nicht über die angesetzte Frist ausdehnen zu müssen, was Verkehrsstörungen zur Folge haben könnte. Gleisverbindungen (connections between tracks; changements de voie; communicazioni tra binari), Vorrichtungen, die den Übergang eines Eisenbahnfahrzeuges von einem Gleis auf ein anderes ermöglichten. Die wichtigsten G. sind Weichen, Drehscheiben und Schiebebühnen. Neuerdings wendet man in weitaus den meisten Fällen Weichen als G. an; sie haben gegenüber den Drehscheiben und Schiebebühnen den Vorteil, daß sie die gleichzeitige Bewegung größerer Wagengruppen ohne Unterbrechung gestatten und die Einstellung auf verschiedene Gleise in einfacher Weise ohne Mitbewegung der Last und mit geringem Zeitaufwand ermöglichen. Dagegen werden bei Drehscheiben und Schiebebühnen die Wege z. T. erheblich kürzer; auch kann man erforderlichenfalls einzelne Wagen mitten aus dem Zuge herausnehmen, ohne die anderen mitzubewegen. Endlich ist die Gleisentwicklung in der Regel kürzer als bei Weichen. Als G. für geschlossene Züge oder Zugteile kommen nur Weichen in Frage. Man wendet auch auf Verschiebebahnhöfen heutzutage im Gegensatz zu früheren Zeiten ausschließlich Weichenverbindungen an. Drehscheiben und Schiebebühnen benutzt man nur dort, wo es sich um die Verteilung einzelner Fahrzeuge handelt und Weichenentwicklungen sehr lang werden würden oder überhaupt nicht ausführbar sind, also z. B. bei Privatanschlüssen, in Werkstätten und Lokomotivschuppen; auch auf Hafenbahnhöfen sind Schiebebühnenverbindungen häufig. Früher wurden in England und Frankreich Drehscheiben und Schiebebühnen zum Rangieren auch auf größeren Güter- und Verschiebebahnhöfen unter Zuhilfenahme mechanischer Kräfte vielfach benutzt. Neuerdings ist man aber auch dort mehr und mehr davon abgekommen. In Amerika, wo die Güterwagen Drehgestelle haben, mithin Bogen und Weichen von sehr kleinem Halbmesser durchfahren können, werden Drehscheiben und Schiebebühnen im Verschubdienst überhaupt nicht verwendet. Im folgenden sollen nur G. mittels Weichen kurz erörtert werden. In Deutschland und Österreich verwendet man außer den einfachen Weichen auch Doppelweichen, sowie einfache und doppelte Kreuzungsweichen. Anderwärts, z. B. in England, bevorzugt man dagegen die einfachen Weichen und sucht insbesondere Kreuzungsweichen in Hauptgleisen zu vermeiden, trotzdem durch ihre Verwendung die Gleisentwicklungen bedeutend. kürzer werden. Als Nachteile der Kreuzungsweichen betrachtet man dort die scharfen Gleiskrümmungen, die sich bei ihnen nicht vermeiden lassen, solange man Doppelherzstücke mit festen Spitzen benutzt (s. u.), sowie die Schwierigkeit, Druckschienen anzubringen. Auch in Amerika bevorzugt man einfache Weichen. Doppelweichen sind nicht besonders beliebt, ebensowenig Kreuzungsweichen. Doch finden sich auf mehreren bedeutenden amerikanischen Personenbahnhöfen lange kreuzförmige Weichenstraßen mit Kreuzungsweichen ("grand crossing"), die eine Verbindung zwischen jedem Hauptgleis und jedem Bahnsteiggleis herstellen. Von großer Bedeutung für die Gleisentwicklung ist der Weichenwinkel. Er wird in der Regel durch einen echten Bruch dargestellt. Auf den preußisch-hessischen Bahnen, in Bayern, Sachsen, Österreich, der Schweiz u. s. w. entspricht dieser Bruch der Tangente des Neigungswinkels zwischen den Herzstückschienen, anderwärts dagegen der doppelten Tangente bzw. dem doppelten Sinus des halben Neigungswinkels; doch weichen die drei Werte nur wenig voneinander ab. In Nordamerika (wo man die Neigung durch die doppelte Tangente des halben Winkels mißt) bezeichnet man die Herzstücke mit Nummern, die dem Nenner des Bruches entsprechen, also z. B. ein Herzstück mit der Neigung 2 tg a/2 = 1/8 als Nr. 8 u. s. w. Es gibt dort als Normalbauarten Herzstücke von Nr. 4 bis Nr. 24, u. zw. je um eine halbe Nummer steigend. Am häufigsten werden überall die einfachen Weichen angewandt, bei denen sich aus einem geraden Strang, dem Mutterstrang, ein krummer Strang abzweigt. Hierbei ergeben sich Schwierigkeiten, falls eine derartige Weiche in ein gekrümmtes Gleis eingelegt werden soll. Man muß dann unter Anwendung schärferer Krümmungen eine Gerade in den Bogen einschalten, die etwas länger ist als die zu verlegende Weiche. Dadurch entsteht eine Unstetigkeit in der Führung des Gleises, die bei schnellfahrenden Zügen einen unregelmäßigen Unfahrbarkeit eines Gleises ein. Gleisunterbrechungen, die nicht länger als eine Pause des Zugsverkehrs dauern, sind nicht als G. im eigentlichen Sinne anzusehen. Bei Verhängung einer G. sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beobachten, damit jede Möglichkeit, Züge auf das gesperrte Gleis zu leiten, ausgeschlossen wird. Vorhergesehene G. treten insbesondere ein bei Brückenauswechslungen, Schienenneulagen u. s. w. Bei diesen Arbeiten ist es wichtig, die zu ihrer Durchführung erforderliche Zeit richtig zu bemessen, um die G. nicht über die angesetzte Frist ausdehnen zu müssen, was Verkehrsstörungen zur Folge haben könnte. Gleisverbindungen (connections between tracks; changements de voie; communicazioni tra binari), Vorrichtungen, die den Übergang eines Eisenbahnfahrzeuges von einem Gleis auf ein anderes ermöglichten. Die wichtigsten G. sind Weichen, Drehscheiben und Schiebebühnen. Neuerdings wendet man in weitaus den meisten Fällen Weichen als G. an; sie haben gegenüber den Drehscheiben und Schiebebühnen den Vorteil, daß sie die gleichzeitige Bewegung größerer Wagengruppen ohne Unterbrechung gestatten und die Einstellung auf verschiedene Gleise in einfacher Weise ohne Mitbewegung der Last und mit geringem Zeitaufwand ermöglichen. Dagegen werden bei Drehscheiben und Schiebebühnen die Wege z. T. erheblich kürzer; auch kann man erforderlichenfalls einzelne Wagen mitten aus dem Zuge herausnehmen, ohne die anderen mitzubewegen. Endlich ist die Gleisentwicklung in der Regel kürzer als bei Weichen. Als G. für geschlossene Züge oder Zugteile kommen nur Weichen in Frage. Man wendet auch auf Verschiebebahnhöfen heutzutage im Gegensatz zu früheren Zeiten ausschließlich Weichenverbindungen an. Drehscheiben und Schiebebühnen benutzt man nur dort, wo es sich um die Verteilung einzelner Fahrzeuge handelt und Weichenentwicklungen sehr lang werden würden oder überhaupt nicht ausführbar sind, also z. B. bei Privatanschlüssen, in Werkstätten und Lokomotivschuppen; auch auf Hafenbahnhöfen sind Schiebebühnenverbindungen häufig. Früher wurden in England und Frankreich Drehscheiben und Schiebebühnen zum Rangieren auch auf größeren Güter- und Verschiebebahnhöfen unter Zuhilfenahme mechanischer Kräfte vielfach benutzt. Neuerdings ist man aber auch dort mehr und mehr davon abgekommen. In Amerika, wo die Güterwagen Drehgestelle haben, mithin Bogen und Weichen von sehr kleinem Halbmesser durchfahren können, werden Drehscheiben und Schiebebühnen im Verschubdienst überhaupt nicht verwendet. Im folgenden sollen nur G. mittels Weichen kurz erörtert werden. In Deutschland und Österreich verwendet man außer den einfachen Weichen auch Doppelweichen, sowie einfache und doppelte Kreuzungsweichen. Anderwärts, z. B. in England, bevorzugt man dagegen die einfachen Weichen und sucht insbesondere Kreuzungsweichen in Hauptgleisen zu vermeiden, trotzdem durch ihre Verwendung die Gleisentwicklungen bedeutend. kürzer werden. Als Nachteile der Kreuzungsweichen betrachtet man dort die scharfen Gleiskrümmungen, die sich bei ihnen nicht vermeiden lassen, solange man Doppelherzstücke mit festen Spitzen benutzt (s. u.), sowie die Schwierigkeit, Druckschienen anzubringen. Auch in Amerika bevorzugt man einfache Weichen. Doppelweichen sind nicht besonders beliebt, ebensowenig Kreuzungsweichen. Doch finden sich auf mehreren bedeutenden amerikanischen Personenbahnhöfen lange kreuzförmige Weichenstraßen mit Kreuzungsweichen („grand crossing“), die eine Verbindung zwischen jedem Hauptgleis und jedem Bahnsteiggleis herstellen. Von großer Bedeutung für die Gleisentwicklung ist der Weichenwinkel. Er wird in der Regel durch einen echten Bruch dargestellt. Auf den preußisch-hessischen Bahnen, in Bayern, Sachsen, Österreich, der Schweiz u. s. w. entspricht dieser Bruch der Tangente des Neigungswinkels zwischen den Herzstückschienen, anderwärts dagegen der doppelten Tangente bzw. dem doppelten Sinus des halben Neigungswinkels; doch weichen die drei Werte nur wenig voneinander ab. In Nordamerika (wo man die Neigung durch die doppelte Tangente des halben Winkels mißt) bezeichnet man die Herzstücke mit Nummern, die dem Nenner des Bruches entsprechen, also z. B. ein Herzstück mit der Neigung 2 tg α/2 = 1/8 als Nr. 8 u. s. w. Es gibt dort als Normalbauarten Herzstücke von Nr. 4 bis Nr. 24, u. zw. je um eine halbe Nummer steigend. Am häufigsten werden überall die einfachen Weichen angewandt, bei denen sich aus einem geraden Strang, dem Mutterstrang, ein krummer Strang abzweigt. Hierbei ergeben sich Schwierigkeiten, falls eine derartige Weiche in ein gekrümmtes Gleis eingelegt werden soll. Man muß dann unter Anwendung schärferer Krümmungen eine Gerade in den Bogen einschalten, die etwas länger ist als die zu verlegende Weiche. Dadurch entsteht eine Unstetigkeit in der Führung des Gleises, die bei schnellfahrenden Zügen einen unregelmäßigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0361" n="351"/> Unfahrbarkeit eines Gleises ein. Gleisunterbrechungen, die nicht länger als eine Pause des Zugsverkehrs dauern, sind nicht als G. im eigentlichen Sinne anzusehen.</p><lb/> <p>Bei Verhängung einer G. sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beobachten, damit jede Möglichkeit, Züge auf das gesperrte Gleis zu leiten, ausgeschlossen wird.</p><lb/> <p>Vorhergesehene G. treten insbesondere ein bei Brückenauswechslungen, Schienenneulagen u. s. w. Bei diesen Arbeiten ist es wichtig, die zu ihrer Durchführung erforderliche Zeit richtig zu bemessen, um die G. nicht über die angesetzte Frist ausdehnen zu müssen, was Verkehrsstörungen zur Folge haben könnte.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Gleisverbindungen</hi><hi rendition="#i">(connections between tracks; changements de voie; communicazioni tra binari),</hi> Vorrichtungen, die den Übergang eines Eisenbahnfahrzeuges von einem Gleis auf ein anderes ermöglichten. Die wichtigsten G. sind Weichen, Drehscheiben und Schiebebühnen. Neuerdings wendet man in weitaus den meisten Fällen Weichen als G. an; sie haben gegenüber den Drehscheiben und Schiebebühnen den Vorteil, daß sie die gleichzeitige Bewegung größerer Wagengruppen ohne Unterbrechung gestatten und die Einstellung auf verschiedene Gleise in einfacher Weise ohne Mitbewegung der Last und mit geringem Zeitaufwand ermöglichen. Dagegen werden bei Drehscheiben und Schiebebühnen die Wege z. T. erheblich kürzer; auch kann man erforderlichenfalls einzelne Wagen mitten aus dem Zuge herausnehmen, ohne die anderen mitzubewegen. Endlich ist die Gleisentwicklung in der Regel kürzer als bei Weichen.</p><lb/> <p>Als G. für geschlossene Züge oder Zugteile kommen nur Weichen in Frage. Man wendet auch auf Verschiebebahnhöfen heutzutage im Gegensatz zu früheren Zeiten ausschließlich Weichenverbindungen an. Drehscheiben und Schiebebühnen benutzt man nur dort, wo es sich um die Verteilung einzelner Fahrzeuge handelt und Weichenentwicklungen sehr lang werden würden oder überhaupt nicht ausführbar sind, also z. B. bei Privatanschlüssen, in Werkstätten und Lokomotivschuppen; auch auf Hafenbahnhöfen sind Schiebebühnenverbindungen häufig. Früher wurden in England und Frankreich Drehscheiben und Schiebebühnen zum Rangieren auch auf größeren Güter- und Verschiebebahnhöfen unter Zuhilfenahme mechanischer Kräfte vielfach benutzt. Neuerdings ist man aber auch dort mehr und mehr davon abgekommen. In Amerika, wo die Güterwagen Drehgestelle haben, mithin Bogen und Weichen von sehr kleinem Halbmesser durchfahren können, werden Drehscheiben und Schiebebühnen im Verschubdienst überhaupt nicht verwendet. Im folgenden sollen nur G. mittels Weichen kurz erörtert werden.</p><lb/> <p>In Deutschland und Österreich verwendet man außer den einfachen Weichen auch Doppelweichen, sowie einfache und doppelte Kreuzungsweichen. Anderwärts, z. B. in England, bevorzugt man dagegen die einfachen Weichen und sucht insbesondere Kreuzungsweichen in Hauptgleisen zu vermeiden, trotzdem durch ihre Verwendung die Gleisentwicklungen bedeutend. kürzer werden. Als Nachteile der Kreuzungsweichen betrachtet man dort die scharfen Gleiskrümmungen, die sich bei ihnen nicht vermeiden lassen, solange man Doppelherzstücke mit festen Spitzen benutzt (s. u.), sowie die Schwierigkeit, Druckschienen anzubringen. Auch in Amerika bevorzugt man einfache Weichen. Doppelweichen sind nicht besonders beliebt, ebensowenig Kreuzungsweichen. Doch finden sich auf mehreren bedeutenden amerikanischen Personenbahnhöfen lange kreuzförmige Weichenstraßen mit Kreuzungsweichen („grand crossing“), die eine Verbindung zwischen jedem Hauptgleis und jedem Bahnsteiggleis herstellen.</p><lb/> <p>Von großer Bedeutung für die Gleisentwicklung ist der Weichenwinkel. Er wird in der Regel durch einen echten Bruch dargestellt. Auf den preußisch-hessischen Bahnen, in Bayern, Sachsen, Österreich, der Schweiz u. s. w. entspricht dieser Bruch der Tangente des Neigungswinkels zwischen den Herzstückschienen, anderwärts dagegen der doppelten Tangente bzw. dem doppelten Sinus des halben Neigungswinkels; doch weichen die drei Werte nur wenig voneinander ab. In Nordamerika (wo man die Neigung durch die doppelte Tangente des halben Winkels mißt) bezeichnet man die Herzstücke mit Nummern, die dem Nenner des Bruches entsprechen, also z. B.</p><lb/> <p>ein Herzstück mit der Neigung 2 tg α/2 = 1/8 als Nr. 8 u. s. w. Es gibt dort als Normalbauarten Herzstücke von Nr. 4 bis Nr. 24, u. zw. je um eine halbe Nummer steigend.</p><lb/> <p>Am häufigsten werden überall die einfachen Weichen angewandt, bei denen sich aus einem geraden Strang, dem Mutterstrang, ein krummer Strang abzweigt. Hierbei ergeben sich Schwierigkeiten, falls eine derartige Weiche in ein gekrümmtes Gleis eingelegt werden soll. Man muß dann unter Anwendung schärferer Krümmungen eine Gerade in den Bogen einschalten, die etwas länger ist als die zu verlegende Weiche. Dadurch entsteht eine Unstetigkeit in der Führung des Gleises, die bei schnellfahrenden Zügen einen unregelmäßigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [351/0361]
Unfahrbarkeit eines Gleises ein. Gleisunterbrechungen, die nicht länger als eine Pause des Zugsverkehrs dauern, sind nicht als G. im eigentlichen Sinne anzusehen.
Bei Verhängung einer G. sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beobachten, damit jede Möglichkeit, Züge auf das gesperrte Gleis zu leiten, ausgeschlossen wird.
Vorhergesehene G. treten insbesondere ein bei Brückenauswechslungen, Schienenneulagen u. s. w. Bei diesen Arbeiten ist es wichtig, die zu ihrer Durchführung erforderliche Zeit richtig zu bemessen, um die G. nicht über die angesetzte Frist ausdehnen zu müssen, was Verkehrsstörungen zur Folge haben könnte.
Gleisverbindungen (connections between tracks; changements de voie; communicazioni tra binari), Vorrichtungen, die den Übergang eines Eisenbahnfahrzeuges von einem Gleis auf ein anderes ermöglichten. Die wichtigsten G. sind Weichen, Drehscheiben und Schiebebühnen. Neuerdings wendet man in weitaus den meisten Fällen Weichen als G. an; sie haben gegenüber den Drehscheiben und Schiebebühnen den Vorteil, daß sie die gleichzeitige Bewegung größerer Wagengruppen ohne Unterbrechung gestatten und die Einstellung auf verschiedene Gleise in einfacher Weise ohne Mitbewegung der Last und mit geringem Zeitaufwand ermöglichen. Dagegen werden bei Drehscheiben und Schiebebühnen die Wege z. T. erheblich kürzer; auch kann man erforderlichenfalls einzelne Wagen mitten aus dem Zuge herausnehmen, ohne die anderen mitzubewegen. Endlich ist die Gleisentwicklung in der Regel kürzer als bei Weichen.
Als G. für geschlossene Züge oder Zugteile kommen nur Weichen in Frage. Man wendet auch auf Verschiebebahnhöfen heutzutage im Gegensatz zu früheren Zeiten ausschließlich Weichenverbindungen an. Drehscheiben und Schiebebühnen benutzt man nur dort, wo es sich um die Verteilung einzelner Fahrzeuge handelt und Weichenentwicklungen sehr lang werden würden oder überhaupt nicht ausführbar sind, also z. B. bei Privatanschlüssen, in Werkstätten und Lokomotivschuppen; auch auf Hafenbahnhöfen sind Schiebebühnenverbindungen häufig. Früher wurden in England und Frankreich Drehscheiben und Schiebebühnen zum Rangieren auch auf größeren Güter- und Verschiebebahnhöfen unter Zuhilfenahme mechanischer Kräfte vielfach benutzt. Neuerdings ist man aber auch dort mehr und mehr davon abgekommen. In Amerika, wo die Güterwagen Drehgestelle haben, mithin Bogen und Weichen von sehr kleinem Halbmesser durchfahren können, werden Drehscheiben und Schiebebühnen im Verschubdienst überhaupt nicht verwendet. Im folgenden sollen nur G. mittels Weichen kurz erörtert werden.
In Deutschland und Österreich verwendet man außer den einfachen Weichen auch Doppelweichen, sowie einfache und doppelte Kreuzungsweichen. Anderwärts, z. B. in England, bevorzugt man dagegen die einfachen Weichen und sucht insbesondere Kreuzungsweichen in Hauptgleisen zu vermeiden, trotzdem durch ihre Verwendung die Gleisentwicklungen bedeutend. kürzer werden. Als Nachteile der Kreuzungsweichen betrachtet man dort die scharfen Gleiskrümmungen, die sich bei ihnen nicht vermeiden lassen, solange man Doppelherzstücke mit festen Spitzen benutzt (s. u.), sowie die Schwierigkeit, Druckschienen anzubringen. Auch in Amerika bevorzugt man einfache Weichen. Doppelweichen sind nicht besonders beliebt, ebensowenig Kreuzungsweichen. Doch finden sich auf mehreren bedeutenden amerikanischen Personenbahnhöfen lange kreuzförmige Weichenstraßen mit Kreuzungsweichen („grand crossing“), die eine Verbindung zwischen jedem Hauptgleis und jedem Bahnsteiggleis herstellen.
Von großer Bedeutung für die Gleisentwicklung ist der Weichenwinkel. Er wird in der Regel durch einen echten Bruch dargestellt. Auf den preußisch-hessischen Bahnen, in Bayern, Sachsen, Österreich, der Schweiz u. s. w. entspricht dieser Bruch der Tangente des Neigungswinkels zwischen den Herzstückschienen, anderwärts dagegen der doppelten Tangente bzw. dem doppelten Sinus des halben Neigungswinkels; doch weichen die drei Werte nur wenig voneinander ab. In Nordamerika (wo man die Neigung durch die doppelte Tangente des halben Winkels mißt) bezeichnet man die Herzstücke mit Nummern, die dem Nenner des Bruches entsprechen, also z. B.
ein Herzstück mit der Neigung 2 tg α/2 = 1/8 als Nr. 8 u. s. w. Es gibt dort als Normalbauarten Herzstücke von Nr. 4 bis Nr. 24, u. zw. je um eine halbe Nummer steigend.
Am häufigsten werden überall die einfachen Weichen angewandt, bei denen sich aus einem geraden Strang, dem Mutterstrang, ein krummer Strang abzweigt. Hierbei ergeben sich Schwierigkeiten, falls eine derartige Weiche in ein gekrümmtes Gleis eingelegt werden soll. Man muß dann unter Anwendung schärferer Krümmungen eine Gerade in den Bogen einschalten, die etwas länger ist als die zu verlegende Weiche. Dadurch entsteht eine Unstetigkeit in der Führung des Gleises, die bei schnellfahrenden Zügen einen unregelmäßigen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-06-17T17:32:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-06-17T17:32:45Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben. Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |