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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 75 km in der Stunde. Es verkehren direkte Schnellzüge in der Strecke Bern-Pontarlier-Paris.

Dietler.


Berufskrankheiten (professional maladys; maladies professionelles; malattie professionali) der Bahnbediensteten. In bezug auf die dienstliche Beschäftigung und deren Einfluß auf die Gesundheit hat man bei den Bediensteten der Eisenbahnen zwei wesentlich verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Die erste umfaßt jene, die sich mit dem Bureaudienst befassen, die zweite Gruppe jene, die beim äußeren Dienst, beim Bau und Betrieb beschäftigt sind.

Was die Eisenbahnbediensteten der ersten Gruppe betrifft, so unterliegen sie vermöge der sitzenden Lebensweise jenen Störungen der körperlichen Funktionen, die mit einer solchen Lebensweise überhaupt verbunden zu sein pflegen (Erhöhung der Anlage zur Lungentuberkulose, Stauungen des Bluts im Pfortadernsystem, Funktionsstörungen des Magens und der Leber, Hämorrhoidalleiden, Nervosität u. s. w.).

Dagegen sind gewisse Gruppen der beim äußeren Eisenbahndienst verwendeten Personen besonderen Störungen ihres Gesundheitszustands ausgesetzt. Zunächst sei hier des gesundheitsschädlichen Einflusses gedacht, dem die bei der pneumatischen Gründung von Brücken und beim Bau von Tunneln verwendeten Arbeiter ausgesetzt sind. Beim Tunnelbau treten ganz eigentümliche Krankheitsformen auf. Die lange Zeit fortgesetzte Tunnelarbeit gibt den Menschen ein eigentümliches Aussehen, sie werden bleich und mager, öfters auch lungen-tuberkulos, zumal beim Bohren in trockenem, zerstäubendem Gestein.

Sehr interessante Beobachtungen wurden in sanitärer Beziehung beim Bau des Gotthardtunnels gemacht. Die Zahl der Erkrankungen unter den Tunnelarbeitern war namentlich bis zum Durchstich des Tunnels eine außerordentlich große, und herrschten insbesondere typhöse Krankheiten. Im Jahr 1879 brach eine Epidemie aus, die man von ärztlicher Seite teils als die altbekannte Blutschwäche der Bergleute (Bergsucht) feststellen zu können, teils auf einen Eingeweidewurm (Anchylostomum duodenale) zurückführen zu sollen glaubte.

Im Durchschnitte belief sich der Krankenstand für den Monat auf 10%; im Jahr 1880 stieg diese Ziffer in Airolo auf etwa 14%.

Auch die Zahl der Verwundungen der Arbeiter bei Tunnelbauten ist häufig eine sehr große und belief sich während der ganzen Dauer des Gotthardtunnelbaues auf 11.000 Fälle.

Weit günstigere sanitäre Verhältnisse herrschten beim Bau des Arlbergtunnels, und kamen dort auch weniger Verletzungen vor als beim Bau des Gotthardtunnels.

Der Betriebsdienst in Tunneln ist ebenfalls häufig mit Gefahren für die körperliche Gesundheit der hierbei beschäftigten Personen verbunden und erfordert deshalb die Organisation des Betriebsdienstes in großen Tunneln ganz besondere Vorkehrungen. Im Gegensatz zum Gotthardtunnel, bei dem infolge der vorzüglichen natürlichen Lüftung sehr gute Gesundheitsverhältnisse herrschen, kamen sowohl beim Mont-Cenis- als beim Arlbergtunnel, namentlich in der ersten Zeit nach der Betriebseröffnung, bei den Tunnelwärtern sehr häufige Erkrankungen vor; es traten Unterleibskrankheiten, Abmagerung, Ohnmachtsanfälle und Katarrhe der Atmungsorgane auf, denen auch durch Respiratoren nicht abgeholfen werden konnte.

Um diesen ungünstigen Verhältnissen zu begegnen, werden die Tunnelwärter gewöhnlich nur wenige Stunden (6-8) zum Dienst im Tunnel verwendet, worauf eine längere Zeit vollständiger Ruhe gewährt wird; zeitweise werden solche Wärter vom Dienst im Tunnel für mehrere Wochen ganz abgezogen und zur Dienstleistung außerhalb des Tunnels verwendet.

Für die Unterkunft der Arbeiter und Wärter in den Tunneln werden eigene Kammern und Rettungsnischen angebracht.

Die Wärter erhalten Zulagen, um sie in die Lage zu setzen, sich besser nähren zu können, außerdem gibt man ihnen Flanellblusen zum Schutz gegen Erkältung.

Das Zugspersonal erhält in Tunneln mit geringem Luftwechsel in Essig u. dgl. getauchte Schwämme.

Auch anderweitig ist das Maschinen- und Zugbegleitungspersonal vielfachen Gesundheitsstörungen ausgesetzt; besonders wirken nachteilig der scharfe Luftzug und häufige Temperaturwechsel, dann die fortwährende Erschütterung des andauernd aufrechtstehenden Körpers während der Fahrt bei bedeutender Anstrengung der Augen und Ohren.

Was die strahlende Wärme des Kessels betrifft, von der das Lokomotivpersonal getroffen wird, so schwankte bei den auf fünf Lokomotiven angestellten Wärmemessungen eine etwa 50 cm von der hinteren Kesselwand entfernte Quecksilbersäule je nach dem Einfluß des Windes zwischen 31° C und 38° C, während die Wärme der atmosphärischen Luft 20° C im Schatten betrug. Eine belästigende

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 75 km in der Stunde. Es verkehren direkte Schnellzüge in der Strecke Bern-Pontarlier-Paris.

Dietler.


Berufskrankheiten (professional maladys; maladies professionelles; malattie professionali) der Bahnbediensteten. In bezug auf die dienstliche Beschäftigung und deren Einfluß auf die Gesundheit hat man bei den Bediensteten der Eisenbahnen zwei wesentlich verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Die erste umfaßt jene, die sich mit dem Bureaudienst befassen, die zweite Gruppe jene, die beim äußeren Dienst, beim Bau und Betrieb beschäftigt sind.

Was die Eisenbahnbediensteten der ersten Gruppe betrifft, so unterliegen sie vermöge der sitzenden Lebensweise jenen Störungen der körperlichen Funktionen, die mit einer solchen Lebensweise überhaupt verbunden zu sein pflegen (Erhöhung der Anlage zur Lungentuberkulose, Stauungen des Bluts im Pfortadernsystem, Funktionsstörungen des Magens und der Leber, Hämorrhoidalleiden, Nervosität u. s. w.).

Dagegen sind gewisse Gruppen der beim äußeren Eisenbahndienst verwendeten Personen besonderen Störungen ihres Gesundheitszustands ausgesetzt. Zunächst sei hier des gesundheitsschädlichen Einflusses gedacht, dem die bei der pneumatischen Gründung von Brücken und beim Bau von Tunneln verwendeten Arbeiter ausgesetzt sind. Beim Tunnelbau treten ganz eigentümliche Krankheitsformen auf. Die lange Zeit fortgesetzte Tunnelarbeit gibt den Menschen ein eigentümliches Aussehen, sie werden bleich und mager, öfters auch lungen-tuberkulos, zumal beim Bohren in trockenem, zerstäubendem Gestein.

Sehr interessante Beobachtungen wurden in sanitärer Beziehung beim Bau des Gotthardtunnels gemacht. Die Zahl der Erkrankungen unter den Tunnelarbeitern war namentlich bis zum Durchstich des Tunnels eine außerordentlich große, und herrschten insbesondere typhöse Krankheiten. Im Jahr 1879 brach eine Epidemie aus, die man von ärztlicher Seite teils als die altbekannte Blutschwäche der Bergleute (Bergsucht) feststellen zu können, teils auf einen Eingeweidewurm (Anchylostomum duodenale) zurückführen zu sollen glaubte.

Im Durchschnitte belief sich der Krankenstand für den Monat auf 10%; im Jahr 1880 stieg diese Ziffer in Airolo auf etwa 14%.

Auch die Zahl der Verwundungen der Arbeiter bei Tunnelbauten ist häufig eine sehr große und belief sich während der ganzen Dauer des Gotthardtunnelbaues auf 11.000 Fälle.

Weit günstigere sanitäre Verhältnisse herrschten beim Bau des Arlbergtunnels, und kamen dort auch weniger Verletzungen vor als beim Bau des Gotthardtunnels.

Der Betriebsdienst in Tunneln ist ebenfalls häufig mit Gefahren für die körperliche Gesundheit der hierbei beschäftigten Personen verbunden und erfordert deshalb die Organisation des Betriebsdienstes in großen Tunneln ganz besondere Vorkehrungen. Im Gegensatz zum Gotthardtunnel, bei dem infolge der vorzüglichen natürlichen Lüftung sehr gute Gesundheitsverhältnisse herrschen, kamen sowohl beim Mont-Cenis- als beim Arlbergtunnel, namentlich in der ersten Zeit nach der Betriebseröffnung, bei den Tunnelwärtern sehr häufige Erkrankungen vor; es traten Unterleibskrankheiten, Abmagerung, Ohnmachtsanfälle und Katarrhe der Atmungsorgane auf, denen auch durch Respiratoren nicht abgeholfen werden konnte.

Um diesen ungünstigen Verhältnissen zu begegnen, werden die Tunnelwärter gewöhnlich nur wenige Stunden (6–8) zum Dienst im Tunnel verwendet, worauf eine längere Zeit vollständiger Ruhe gewährt wird; zeitweise werden solche Wärter vom Dienst im Tunnel für mehrere Wochen ganz abgezogen und zur Dienstleistung außerhalb des Tunnels verwendet.

Für die Unterkunft der Arbeiter und Wärter in den Tunneln werden eigene Kammern und Rettungsnischen angebracht.

Die Wärter erhalten Zulagen, um sie in die Lage zu setzen, sich besser nähren zu können, außerdem gibt man ihnen Flanellblusen zum Schutz gegen Erkältung.

Das Zugspersonal erhält in Tunneln mit geringem Luftwechsel in Essig u. dgl. getauchte Schwämme.

Auch anderweitig ist das Maschinen- und Zugbegleitungspersonal vielfachen Gesundheitsstörungen ausgesetzt; besonders wirken nachteilig der scharfe Luftzug und häufige Temperaturwechsel, dann die fortwährende Erschütterung des andauernd aufrechtstehenden Körpers während der Fahrt bei bedeutender Anstrengung der Augen und Ohren.

Was die strahlende Wärme des Kessels betrifft, von der das Lokomotivpersonal getroffen wird, so schwankte bei den auf fünf Lokomotiven angestellten Wärmemessungen eine etwa 50 cm von der hinteren Kesselwand entfernte Quecksilbersäule je nach dem Einfluß des Windes zwischen 31° C und 38° C, während die Wärme der atmosphärischen Luft 20° C im Schatten betrug. Eine belästigende

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[260/0270] Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 75 km in der Stunde. Es verkehren direkte Schnellzüge in der Strecke Bern-Pontarlier-Paris. Dietler. Berufskrankheiten (professional maladys; maladies professionelles; malattie professionali) der Bahnbediensteten. In bezug auf die dienstliche Beschäftigung und deren Einfluß auf die Gesundheit hat man bei den Bediensteten der Eisenbahnen zwei wesentlich verschiedene Gruppen zu unterscheiden. Die erste umfaßt jene, die sich mit dem Bureaudienst befassen, die zweite Gruppe jene, die beim äußeren Dienst, beim Bau und Betrieb beschäftigt sind. Was die Eisenbahnbediensteten der ersten Gruppe betrifft, so unterliegen sie vermöge der sitzenden Lebensweise jenen Störungen der körperlichen Funktionen, die mit einer solchen Lebensweise überhaupt verbunden zu sein pflegen (Erhöhung der Anlage zur Lungentuberkulose, Stauungen des Bluts im Pfortadernsystem, Funktionsstörungen des Magens und der Leber, Hämorrhoidalleiden, Nervosität u. s. w.). Dagegen sind gewisse Gruppen der beim äußeren Eisenbahndienst verwendeten Personen besonderen Störungen ihres Gesundheitszustands ausgesetzt. Zunächst sei hier des gesundheitsschädlichen Einflusses gedacht, dem die bei der pneumatischen Gründung von Brücken und beim Bau von Tunneln verwendeten Arbeiter ausgesetzt sind. Beim Tunnelbau treten ganz eigentümliche Krankheitsformen auf. Die lange Zeit fortgesetzte Tunnelarbeit gibt den Menschen ein eigentümliches Aussehen, sie werden bleich und mager, öfters auch lungen-tuberkulos, zumal beim Bohren in trockenem, zerstäubendem Gestein. Sehr interessante Beobachtungen wurden in sanitärer Beziehung beim Bau des Gotthardtunnels gemacht. Die Zahl der Erkrankungen unter den Tunnelarbeitern war namentlich bis zum Durchstich des Tunnels eine außerordentlich große, und herrschten insbesondere typhöse Krankheiten. Im Jahr 1879 brach eine Epidemie aus, die man von ärztlicher Seite teils als die altbekannte Blutschwäche der Bergleute (Bergsucht) feststellen zu können, teils auf einen Eingeweidewurm (Anchylostomum duodenale) zurückführen zu sollen glaubte. Im Durchschnitte belief sich der Krankenstand für den Monat auf 10%; im Jahr 1880 stieg diese Ziffer in Airolo auf etwa 14%. Auch die Zahl der Verwundungen der Arbeiter bei Tunnelbauten ist häufig eine sehr große und belief sich während der ganzen Dauer des Gotthardtunnelbaues auf 11.000 Fälle. Weit günstigere sanitäre Verhältnisse herrschten beim Bau des Arlbergtunnels, und kamen dort auch weniger Verletzungen vor als beim Bau des Gotthardtunnels. Der Betriebsdienst in Tunneln ist ebenfalls häufig mit Gefahren für die körperliche Gesundheit der hierbei beschäftigten Personen verbunden und erfordert deshalb die Organisation des Betriebsdienstes in großen Tunneln ganz besondere Vorkehrungen. Im Gegensatz zum Gotthardtunnel, bei dem infolge der vorzüglichen natürlichen Lüftung sehr gute Gesundheitsverhältnisse herrschen, kamen sowohl beim Mont-Cenis- als beim Arlbergtunnel, namentlich in der ersten Zeit nach der Betriebseröffnung, bei den Tunnelwärtern sehr häufige Erkrankungen vor; es traten Unterleibskrankheiten, Abmagerung, Ohnmachtsanfälle und Katarrhe der Atmungsorgane auf, denen auch durch Respiratoren nicht abgeholfen werden konnte. Um diesen ungünstigen Verhältnissen zu begegnen, werden die Tunnelwärter gewöhnlich nur wenige Stunden (6–8) zum Dienst im Tunnel verwendet, worauf eine längere Zeit vollständiger Ruhe gewährt wird; zeitweise werden solche Wärter vom Dienst im Tunnel für mehrere Wochen ganz abgezogen und zur Dienstleistung außerhalb des Tunnels verwendet. Für die Unterkunft der Arbeiter und Wärter in den Tunneln werden eigene Kammern und Rettungsnischen angebracht. Die Wärter erhalten Zulagen, um sie in die Lage zu setzen, sich besser nähren zu können, außerdem gibt man ihnen Flanellblusen zum Schutz gegen Erkältung. Das Zugspersonal erhält in Tunneln mit geringem Luftwechsel in Essig u. dgl. getauchte Schwämme. Auch anderweitig ist das Maschinen- und Zugbegleitungspersonal vielfachen Gesundheitsstörungen ausgesetzt; besonders wirken nachteilig der scharfe Luftzug und häufige Temperaturwechsel, dann die fortwährende Erschütterung des andauernd aufrechtstehenden Körpers während der Fahrt bei bedeutender Anstrengung der Augen und Ohren. Was die strahlende Wärme des Kessels betrifft, von der das Lokomotivpersonal getroffen wird, so schwankte bei den auf fünf Lokomotiven angestellten Wärmemessungen eine etwa 50 cm von der hinteren Kesselwand entfernte Quecksilbersäule je nach dem Einfluß des Windes zwischen 31° C und 38° C, während die Wärme der atmosphärischen Luft 20° C im Schatten betrug. Eine belästigende

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/270>, abgerufen am 21.11.2024.