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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912.

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1200 Auswanderer beherbergen kann. Die hygienischen Einrichtungen sind so gehalten, daß die neuangekommenen Passagiere in eigene Isolierräume aufgenommen und erst nach eingehender Untersuchung ihres Gesundheitszustandes in die Anstalt eingelassen werden. Auch das Reisegepäck wird unterschiedlos einer gründlichen Revision unterzogen, so daß in jeder Hinsicht die Gefahr der Einschleppung ansteckender Krankheiten geradezu ausgeschlossen ist.

Entschieden die modernsten A. besitzt gegenwärtig Fiume. Nachdem man sich dortselbst seit der im Jahre 1903 erfolgten Aufnahme der Auswanderung mit einer Notherberge behalf, baute die ungarische Regierung nach Abschluß der Auswanderungsgesetzgebung ein Auswandererhaus, das am 5. April 1908 dem Betrieb übergeben wurde. Es umfaßt eine Baufläche von 3840 m2 und kostete rund 1,300.000 K, die aus dem Auswandererfonds bestritten wurden. Die hygienischen und administrativen Einrichtungen folgen ganz dem Hamburger System; es befinden sich in dem mit Lufthöfen ausgestatteten Gebäude das Amtslokal der Schiffahrtsgesellschaft, das der Auswanderungskommission, ferner ein Post- und Telegraphenamt, eine Tabaktrafik, ein Warenlager etc. Die Aufnahmsfähigkeit reicht bis an 2000 Personen; die Dimensionen des Speisesaales sind so gehalten, daß 1200 Personen auf einmal abgespeist werden können.

Sehr spät kam Bremen, obwohl der bedeutendste Auswanderungshafen Europas, zu A. Lange Jahre schon reichten die Bremer Auswanderergasthäuser für die Beherbergung der Auswanderer nicht mehr aus; es wurden zwar ständig Notquartiere in Anspruch genommen, aber die ungeheure Masse der Auswanderer konnte oft doch nur zum Teil untergebracht werden. Der Norddeutsche Lloyd und die Firma F. Mißler errichteten daher die "Bremer Auswandererhallen, G. m. b. H." und bauten endlich die "Bremer Auswandererhallen", die am 9. März 1907 in Betrieb genommen wurden. Zunächst wurden zwei Gebäude mit Unterkunft für insgesamt 1232 Personen errichtet, doch mußten, veranlaßt durch die große Auswandererbewegung, bereits wenige Monate später 8 Logierhallen hinzugebaut werden, in denen weitere 1876 Personen, unter Zugrundelegung von 10 m3 für den Auswanderer, beherbergt zu werden vermögen. Zu den vorgenannten Hallen kommt noch das von der Genossenschaft erworbene Gasthaus "Stadt Warschau" mit Belegräumen für 274 Auswanderer, so daß einschließlich der den gleichen Zwecken zur Verfügung stehenden 27 Gasthäuser des Wirtevereins in Bremen gleichzeitig 4894 Auswanderer untergebracht werden können. Wenn auch die Einrichtungen der Bremer A. vollständig mustergültige sind, so erscheint doch der Grundsatz, alle Auswanderer ausschließlich in den A. unterzubringen, nicht vollständig durchgeführt. Es bleibt sohin in Bremen eine einheitliche Zusammenfassung erst der Zukunft vorbehalten.

Großartige Anlagen besitzen auch Antwerpen und Havre, die gleichfalls das Hamburger System angenommen haben, während Neapel wohl die hübschesten A. besitzt, die jedoch, um nicht private Interessen zu verletzen, nicht benützt werden dürfen.

v. Frey.


Auswandererkontrollstationen heißen die zur Hintanhaltung einer Einschleppung ansteckender Krankheiten durch ausländische Auswanderer an den Grenzen Deutschlands nach einem Übereinkommen zwischen der Regierung und den deutschen Dampfschifffahrtsgesellschaften errichteten Untersuchungsstationen.

Zur Weiterreise nach den Hafenplätzen werden von den Kontrollstationen aus nur solche Auswanderer zugelassen, die gesundheitlich unverdächtig befunden wurden, sich im Besitz der zur Reise nötigen Mittel befinden und gegen deren Zulassung in die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem amerikanischen Einwanderungsgesetz kein Hindernis besteht. Um den Zweck dieser Anstalten noch besonders zu sichern, werden beförderungsfähig befundene Auswanderer, wenn der Arzt es für nötig hält, noch vor ihrer Weiterreise gebadet und wird auch deren Gepäck desinfiziert. Die A. sind daher auch mit Bade- und Desinfektionseinrichtungen versehen, besitzen überdies stets ein Lazarett und unterstehen einer strengen staatlichen und ärztlichen Kontrolle.

Als A. fungieren an der Ostgrenze Deutschlands: Bajohren, Eydtkuhnen, Tilsit, Insterburg, Prostken, Illowo, Ottloschin, Thorn, Posen und Ostrowo; in Schlesien: Ratibor und Myslowitz; in Sachsen Leipzig und im Rheinlande Bingerbrück. Außerdem besteht in Ruhleben bei Berlin eine wie die A. an der Grenze eingerichtete größere Anlage, nach der alle jene außer deutschen Auswanderer geleitet werden, denen es gelungen ist, die Grenze verbotswidrig, das heißt ohne Abfertigung in einer A. zu überschreiten. Die Auswanderer haben sich hier den gleichen Untersuchungen wie an der Grenze zu unterziehen und werden dann unter den gleichen Voraussetzungen, wie von den Grenzen, nach den Hafenstädten Hamburg, Bremen, Rotterdam und Antwerpen in besonderen geschlossenen Auswandererzügen bzw. Waggons befördert.

v. Frey.


1200 Auswanderer beherbergen kann. Die hygienischen Einrichtungen sind so gehalten, daß die neuangekommenen Passagiere in eigene Isolierräume aufgenommen und erst nach eingehender Untersuchung ihres Gesundheitszustandes in die Anstalt eingelassen werden. Auch das Reisegepäck wird unterschiedlos einer gründlichen Revision unterzogen, so daß in jeder Hinsicht die Gefahr der Einschleppung ansteckender Krankheiten geradezu ausgeschlossen ist.

Entschieden die modernsten A. besitzt gegenwärtig Fiume. Nachdem man sich dortselbst seit der im Jahre 1903 erfolgten Aufnahme der Auswanderung mit einer Notherberge behalf, baute die ungarische Regierung nach Abschluß der Auswanderungsgesetzgebung ein Auswandererhaus, das am 5. April 1908 dem Betrieb übergeben wurde. Es umfaßt eine Baufläche von 3840 m2 und kostete rund 1,300.000 K, die aus dem Auswandererfonds bestritten wurden. Die hygienischen und administrativen Einrichtungen folgen ganz dem Hamburger System; es befinden sich in dem mit Lufthöfen ausgestatteten Gebäude das Amtslokal der Schiffahrtsgesellschaft, das der Auswanderungskommission, ferner ein Post- und Telegraphenamt, eine Tabaktrafik, ein Warenlager etc. Die Aufnahmsfähigkeit reicht bis an 2000 Personen; die Dimensionen des Speisesaales sind so gehalten, daß 1200 Personen auf einmal abgespeist werden können.

Sehr spät kam Bremen, obwohl der bedeutendste Auswanderungshafen Europas, zu A. Lange Jahre schon reichten die Bremer Auswanderergasthäuser für die Beherbergung der Auswanderer nicht mehr aus; es wurden zwar ständig Notquartiere in Anspruch genommen, aber die ungeheure Masse der Auswanderer konnte oft doch nur zum Teil untergebracht werden. Der Norddeutsche Lloyd und die Firma F. Mißler errichteten daher die „Bremer Auswandererhallen, G. m. b. H.“ und bauten endlich die „Bremer Auswandererhallen“, die am 9. März 1907 in Betrieb genommen wurden. Zunächst wurden zwei Gebäude mit Unterkunft für insgesamt 1232 Personen errichtet, doch mußten, veranlaßt durch die große Auswandererbewegung, bereits wenige Monate später 8 Logierhallen hinzugebaut werden, in denen weitere 1876 Personen, unter Zugrundelegung von 10 m3 für den Auswanderer, beherbergt zu werden vermögen. Zu den vorgenannten Hallen kommt noch das von der Genossenschaft erworbene Gasthaus „Stadt Warschau“ mit Belegräumen für 274 Auswanderer, so daß einschließlich der den gleichen Zwecken zur Verfügung stehenden 27 Gasthäuser des Wirtevereins in Bremen gleichzeitig 4894 Auswanderer untergebracht werden können. Wenn auch die Einrichtungen der Bremer A. vollständig mustergültige sind, so erscheint doch der Grundsatz, alle Auswanderer ausschließlich in den A. unterzubringen, nicht vollständig durchgeführt. Es bleibt sohin in Bremen eine einheitliche Zusammenfassung erst der Zukunft vorbehalten.

Großartige Anlagen besitzen auch Antwerpen und Havre, die gleichfalls das Hamburger System angenommen haben, während Neapel wohl die hübschesten A. besitzt, die jedoch, um nicht private Interessen zu verletzen, nicht benützt werden dürfen.

v. Frey.


Auswandererkontrollstationen heißen die zur Hintanhaltung einer Einschleppung ansteckender Krankheiten durch ausländische Auswanderer an den Grenzen Deutschlands nach einem Übereinkommen zwischen der Regierung und den deutschen Dampfschifffahrtsgesellschaften errichteten Untersuchungsstationen.

Zur Weiterreise nach den Hafenplätzen werden von den Kontrollstationen aus nur solche Auswanderer zugelassen, die gesundheitlich unverdächtig befunden wurden, sich im Besitz der zur Reise nötigen Mittel befinden und gegen deren Zulassung in die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem amerikanischen Einwanderungsgesetz kein Hindernis besteht. Um den Zweck dieser Anstalten noch besonders zu sichern, werden beförderungsfähig befundene Auswanderer, wenn der Arzt es für nötig hält, noch vor ihrer Weiterreise gebadet und wird auch deren Gepäck desinfiziert. Die A. sind daher auch mit Bade- und Desinfektionseinrichtungen versehen, besitzen überdies stets ein Lazarett und unterstehen einer strengen staatlichen und ärztlichen Kontrolle.

Als A. fungieren an der Ostgrenze Deutschlands: Bajohren, Eydtkuhnen, Tilsit, Insterburg, Prostken, Illowo, Ottloschin, Thorn, Posen und Ostrowo; in Schlesien: Ratibor und Myslowitz; in Sachsen Leipzig und im Rheinlande Bingerbrück. Außerdem besteht in Ruhleben bei Berlin eine wie die A. an der Grenze eingerichtete größere Anlage, nach der alle jene außer deutschen Auswanderer geleitet werden, denen es gelungen ist, die Grenze verbotswidrig, das heißt ohne Abfertigung in einer A. zu überschreiten. Die Auswanderer haben sich hier den gleichen Untersuchungen wie an der Grenze zu unterziehen und werden dann unter den gleichen Voraussetzungen, wie von den Grenzen, nach den Hafenstädten Hamburg, Bremen, Rotterdam und Antwerpen in besonderen geschlossenen Auswandererzügen bzw. Waggons befördert.

v. Frey.


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[334/0344] 1200 Auswanderer beherbergen kann. Die hygienischen Einrichtungen sind so gehalten, daß die neuangekommenen Passagiere in eigene Isolierräume aufgenommen und erst nach eingehender Untersuchung ihres Gesundheitszustandes in die Anstalt eingelassen werden. Auch das Reisegepäck wird unterschiedlos einer gründlichen Revision unterzogen, so daß in jeder Hinsicht die Gefahr der Einschleppung ansteckender Krankheiten geradezu ausgeschlossen ist. Entschieden die modernsten A. besitzt gegenwärtig Fiume. Nachdem man sich dortselbst seit der im Jahre 1903 erfolgten Aufnahme der Auswanderung mit einer Notherberge behalf, baute die ungarische Regierung nach Abschluß der Auswanderungsgesetzgebung ein Auswandererhaus, das am 5. April 1908 dem Betrieb übergeben wurde. Es umfaßt eine Baufläche von 3840 m2 und kostete rund 1,300.000 K, die aus dem Auswandererfonds bestritten wurden. Die hygienischen und administrativen Einrichtungen folgen ganz dem Hamburger System; es befinden sich in dem mit Lufthöfen ausgestatteten Gebäude das Amtslokal der Schiffahrtsgesellschaft, das der Auswanderungskommission, ferner ein Post- und Telegraphenamt, eine Tabaktrafik, ein Warenlager etc. Die Aufnahmsfähigkeit reicht bis an 2000 Personen; die Dimensionen des Speisesaales sind so gehalten, daß 1200 Personen auf einmal abgespeist werden können. Sehr spät kam Bremen, obwohl der bedeutendste Auswanderungshafen Europas, zu A. Lange Jahre schon reichten die Bremer Auswanderergasthäuser für die Beherbergung der Auswanderer nicht mehr aus; es wurden zwar ständig Notquartiere in Anspruch genommen, aber die ungeheure Masse der Auswanderer konnte oft doch nur zum Teil untergebracht werden. Der Norddeutsche Lloyd und die Firma F. Mißler errichteten daher die „Bremer Auswandererhallen, G. m. b. H.“ und bauten endlich die „Bremer Auswandererhallen“, die am 9. März 1907 in Betrieb genommen wurden. Zunächst wurden zwei Gebäude mit Unterkunft für insgesamt 1232 Personen errichtet, doch mußten, veranlaßt durch die große Auswandererbewegung, bereits wenige Monate später 8 Logierhallen hinzugebaut werden, in denen weitere 1876 Personen, unter Zugrundelegung von 10 m3 für den Auswanderer, beherbergt zu werden vermögen. Zu den vorgenannten Hallen kommt noch das von der Genossenschaft erworbene Gasthaus „Stadt Warschau“ mit Belegräumen für 274 Auswanderer, so daß einschließlich der den gleichen Zwecken zur Verfügung stehenden 27 Gasthäuser des Wirtevereins in Bremen gleichzeitig 4894 Auswanderer untergebracht werden können. Wenn auch die Einrichtungen der Bremer A. vollständig mustergültige sind, so erscheint doch der Grundsatz, alle Auswanderer ausschließlich in den A. unterzubringen, nicht vollständig durchgeführt. Es bleibt sohin in Bremen eine einheitliche Zusammenfassung erst der Zukunft vorbehalten. Großartige Anlagen besitzen auch Antwerpen und Havre, die gleichfalls das Hamburger System angenommen haben, während Neapel wohl die hübschesten A. besitzt, die jedoch, um nicht private Interessen zu verletzen, nicht benützt werden dürfen. v. Frey. Auswandererkontrollstationen heißen die zur Hintanhaltung einer Einschleppung ansteckender Krankheiten durch ausländische Auswanderer an den Grenzen Deutschlands nach einem Übereinkommen zwischen der Regierung und den deutschen Dampfschifffahrtsgesellschaften errichteten Untersuchungsstationen. Zur Weiterreise nach den Hafenplätzen werden von den Kontrollstationen aus nur solche Auswanderer zugelassen, die gesundheitlich unverdächtig befunden wurden, sich im Besitz der zur Reise nötigen Mittel befinden und gegen deren Zulassung in die Vereinigten Staaten von Amerika nach dem amerikanischen Einwanderungsgesetz kein Hindernis besteht. Um den Zweck dieser Anstalten noch besonders zu sichern, werden beförderungsfähig befundene Auswanderer, wenn der Arzt es für nötig hält, noch vor ihrer Weiterreise gebadet und wird auch deren Gepäck desinfiziert. Die A. sind daher auch mit Bade- und Desinfektionseinrichtungen versehen, besitzen überdies stets ein Lazarett und unterstehen einer strengen staatlichen und ärztlichen Kontrolle. Als A. fungieren an der Ostgrenze Deutschlands: Bajohren, Eydtkuhnen, Tilsit, Insterburg, Prostken, Illowo, Ottloschin, Thorn, Posen und Ostrowo; in Schlesien: Ratibor und Myslowitz; in Sachsen Leipzig und im Rheinlande Bingerbrück. Außerdem besteht in Ruhleben bei Berlin eine wie die A. an der Grenze eingerichtete größere Anlage, nach der alle jene außer deutschen Auswanderer geleitet werden, denen es gelungen ist, die Grenze verbotswidrig, das heißt ohne Abfertigung in einer A. zu überschreiten. Die Auswanderer haben sich hier den gleichen Untersuchungen wie an der Grenze zu unterziehen und werden dann unter den gleichen Voraussetzungen, wie von den Grenzen, nach den Hafenstädten Hamburg, Bremen, Rotterdam und Antwerpen in besonderen geschlossenen Auswandererzügen bzw. Waggons befördert. v. Frey.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, Wien, 1912, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen01_1912/344>, abgerufen am 21.11.2024.