Unter diesem Titel sollen aphoristisch einige teils auf den Inhalt und die Verbreitung der beiden Fortsetzungen der Ilias, teils auf die Traditionen über ihre Verfasser bezügliche Be- merkungen zusammengestellt werden, Bemerkungen, die zwar ge- wiss schon von Vielen gemacht, aber meines Wissens noch nicht mit genügender Entschiedenheit ausgesprochen worden sind, und die ich hier um so weniger übergehen kann, als sie für einige der in diesem Buche gegebenen Darlegungen die notwendige Voraussetzung bilden.
Bereits K. O. Müller Kl. deutsche Schriften I 401 und neuer- dings wieder Th. Schreiber im Hermes X S. 312 haben mit Recht darauf hingewiesen, dass Proklos vor allem darauf ausgeht, eine zusammenhängende Erzählung des troianischen Krieges zu geben. Um dies zu erreichen, war er gezwungen, wenn etwa dasselbe Ereignis in zwei verschiedenen Epen erzählt war, nur die Fas- sung des einen aufzunehmen, die des anderen zu verwerfen. Um für eine summarische Übersicht über die Ereignisse des troischen Krieges benutzt zu werden, mussten sich die Hypothe- seis der einzelnen Epen mindestens erhebliche Kürzungen, viel- leicht auch Änderungen anderer Art gefallen lassen, wobei es zunächst unerörtert bleiben mag, ob Proklos selbst zuerst diese Operation vornahm oder ob er sie bereits in irgend einer mytho- graphischen Quelle vollzogen vorfand. So viel ergiebt sich ohne
EXCURS III.
ARKTINOS UND LESCHES.
Unter diesem Titel sollen aphoristisch einige teils auf den Inhalt und die Verbreitung der beiden Fortsetzungen der Ilias, teils auf die Traditionen über ihre Verfasser bezügliche Be- merkungen zusammengestellt werden, Bemerkungen, die zwar ge- wiſs schon von Vielen gemacht, aber meines Wissens noch nicht mit genügender Entschiedenheit ausgesprochen worden sind, und die ich hier um so weniger übergehen kann, als sie für einige der in diesem Buche gegebenen Darlegungen die notwendige Voraussetzung bilden.
Bereits K. O. Müller Kl. deutsche Schriften I 401 und neuer- dings wieder Th. Schreiber im Hermes X S. 312 haben mit Recht darauf hingewiesen, daſs Proklos vor allem darauf ausgeht, eine zusammenhängende Erzählung des troianischen Krieges zu geben. Um dies zu erreichen, war er gezwungen, wenn etwa dasselbe Ereignis in zwei verschiedenen Epen erzählt war, nur die Fas- sung des einen aufzunehmen, die des anderen zu verwerfen. Um für eine summarische Übersicht über die Ereignisse des troischen Krieges benutzt zu werden, muſsten sich die Hypothe- seis der einzelnen Epen mindestens erhebliche Kürzungen, viel- leicht auch Änderungen anderer Art gefallen lassen, wobei es zunächst unerörtert bleiben mag, ob Proklos selbst zuerst diese Operation vornahm oder ob er sie bereits in irgend einer mytho- graphischen Quelle vollzogen vorfand. So viel ergiebt sich ohne
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbn="[222]"facs="#f0236"/><divn="3"><head><hirendition="#b">EXCURS III.</hi></head><lb/><milestoneunit="section"rendition="#hr"/><divn="4"><head><hirendition="#b">ARKTINOS UND LESCHES.</hi></head><lb/><p>Unter diesem Titel sollen aphoristisch einige teils auf den<lb/>
Inhalt und die Verbreitung der beiden Fortsetzungen der Ilias,<lb/>
teils auf die Traditionen über ihre Verfasser bezügliche Be-<lb/>
merkungen zusammengestellt werden, Bemerkungen, die zwar ge-<lb/>
wiſs schon von Vielen gemacht, aber meines Wissens noch nicht<lb/>
mit genügender Entschiedenheit ausgesprochen worden sind, und<lb/>
die ich hier um so weniger übergehen kann, als sie für einige<lb/>
der in diesem Buche gegebenen Darlegungen die notwendige<lb/>
Voraussetzung bilden.</p><lb/><p>Bereits K. O. Müller Kl. deutsche Schriften I 401 und neuer-<lb/>
dings wieder Th. Schreiber im Hermes X S. 312 haben mit Recht<lb/>
darauf hingewiesen, daſs Proklos vor allem darauf ausgeht, eine<lb/>
zusammenhängende Erzählung des troianischen Krieges zu geben.<lb/>
Um dies zu erreichen, war er gezwungen, wenn etwa dasselbe<lb/>
Ereignis in zwei verschiedenen Epen erzählt war, nur die Fas-<lb/>
sung des einen aufzunehmen, die des anderen zu verwerfen.<lb/>
Um für eine summarische Übersicht über die Ereignisse des<lb/>
troischen Krieges benutzt zu werden, muſsten sich die Hypothe-<lb/>
seis der einzelnen Epen mindestens erhebliche Kürzungen, viel-<lb/>
leicht auch Änderungen anderer Art gefallen lassen, wobei es<lb/>
zunächst unerörtert bleiben mag, ob Proklos selbst zuerst diese<lb/>
Operation vornahm oder ob er sie bereits in irgend einer mytho-<lb/>
graphischen Quelle vollzogen vorfand. So viel ergiebt sich ohne<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[[222]/0236]
EXCURS III.
ARKTINOS UND LESCHES.
Unter diesem Titel sollen aphoristisch einige teils auf den
Inhalt und die Verbreitung der beiden Fortsetzungen der Ilias,
teils auf die Traditionen über ihre Verfasser bezügliche Be-
merkungen zusammengestellt werden, Bemerkungen, die zwar ge-
wiſs schon von Vielen gemacht, aber meines Wissens noch nicht
mit genügender Entschiedenheit ausgesprochen worden sind, und
die ich hier um so weniger übergehen kann, als sie für einige
der in diesem Buche gegebenen Darlegungen die notwendige
Voraussetzung bilden.
Bereits K. O. Müller Kl. deutsche Schriften I 401 und neuer-
dings wieder Th. Schreiber im Hermes X S. 312 haben mit Recht
darauf hingewiesen, daſs Proklos vor allem darauf ausgeht, eine
zusammenhängende Erzählung des troianischen Krieges zu geben.
Um dies zu erreichen, war er gezwungen, wenn etwa dasselbe
Ereignis in zwei verschiedenen Epen erzählt war, nur die Fas-
sung des einen aufzunehmen, die des anderen zu verwerfen.
Um für eine summarische Übersicht über die Ereignisse des
troischen Krieges benutzt zu werden, muſsten sich die Hypothe-
seis der einzelnen Epen mindestens erhebliche Kürzungen, viel-
leicht auch Änderungen anderer Art gefallen lassen, wobei es
zunächst unerörtert bleiben mag, ob Proklos selbst zuerst diese
Operation vornahm oder ob er sie bereits in irgend einer mytho-
graphischen Quelle vollzogen vorfand. So viel ergiebt sich ohne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. [222]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/236>, abgerufen am 04.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.