Unsre Alte und ihre Nymphen sagen, ich wäre eine recht feige Memme, und kein Love- lace, und fast denke ichs selbst. Aber dies Kind lächelt und zieret sich nicht, wie ich andre ge- funden habe, wenn ich so von ferne auf gewis- se kitzliche Materien gekommen bin. Zwei bis dreimal habe ich es mit ihr versucht. Die Alte mußte sie aufs Tapet bringen, als wir drei nur beisammen waren; weil sie als ein Frauenzim- mer gegen eine ihres Geschlechts eher dergleichen Reden führen durfte. Aber sie ist über den Zwang erhaben, daß sie sich stellet, als verstün- de sie euch nicht. Sie zeiget vielmehr durch ihr Misvergnügen, und einen Stolz, der ih- rem Auge nicht natürlich ist, daß sie nach einem unreinen Munde ein unreines Herz beurtheilet; und tödtet die Hofnungen eines dreisten Liebha- bers, ehe sie gebohren werden; wenn sie sich noch so fern zeigen, und ehe ein bedeutendes Wort zu einer Zweideutigkeit werden kann.
Warhaftig Bruder u. s. w.
Th. IV. S. 310. statt des Abschnitts, der sich anhebt: Herr Lovelace sucht in dem nächsten, lies folgenden Brief:
Herr Lovelace an Herrn Johann Belford.
Nunmehr, da meine Liebste in ihrem Netz sicher zu seyn scheinet, soll mein Anschlag auf den kleinen Teufel, die Fräulein Howe, und ihre
Mutter
Unſre Alte und ihre Nymphen ſagen, ich waͤre eine recht feige Memme, und kein Love- lace, und faſt denke ichs ſelbſt. Aber dies Kind laͤchelt und zieret ſich nicht, wie ich andre ge- funden habe, wenn ich ſo von ferne auf gewiſ- ſe kitzliche Materien gekommen bin. Zwei bis dreimal habe ich es mit ihr verſucht. Die Alte mußte ſie aufs Tapet bringen, als wir drei nur beiſammen waren; weil ſie als ein Frauenzim- mer gegen eine ihres Geſchlechts eher dergleichen Reden fuͤhren durfte. Aber ſie iſt uͤber den Zwang erhaben, daß ſie ſich ſtellet, als verſtuͤn- de ſie euch nicht. Sie zeiget vielmehr durch ihr Misvergnuͤgen, und einen Stolz, der ih- rem Auge nicht natuͤrlich iſt, daß ſie nach einem unreinen Munde ein unreines Herz beurtheilet; und toͤdtet die Hofnungen eines dreiſten Liebha- bers, ehe ſie gebohren werden; wenn ſie ſich noch ſo fern zeigen, und ehe ein bedeutendes Wort zu einer Zweideutigkeit werden kann.
Warhaftig Bruder u. ſ. w.
Th. IV. S. 310. ſtatt des Abſchnitts, der ſich anhebt: Herr Lovelace ſucht in dem naͤchſten, lies folgenden Brief:
Herr Lovelace an Herrn Johann Belford.
Nunmehr, da meine Liebſte in ihrem Netz ſicher zu ſeyn ſcheinet, ſoll mein Anſchlag auf den kleinen Teufel, die Fraͤulein Howe, und ihre
Mutter
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Unſre Alte und ihre Nymphen ſagen, ich
waͤre eine recht feige Memme, und kein Love-
lace, und faſt denke ichs ſelbſt. Aber dies Kind
laͤchelt und zieret ſich nicht, wie ich andre ge-
funden habe, wenn ich ſo von ferne auf gewiſ-
ſe kitzliche Materien gekommen bin. Zwei bis
dreimal habe ich es mit ihr verſucht. Die Alte
mußte ſie aufs Tapet bringen, als wir drei nur
beiſammen waren; weil ſie als ein Frauenzim-
mer gegen eine ihres Geſchlechts eher dergleichen
Reden fuͤhren durfte. Aber ſie iſt uͤber den
Zwang erhaben, daß ſie ſich ſtellet, als verſtuͤn-
de ſie euch nicht. Sie zeiget vielmehr durch
ihr Misvergnuͤgen, und einen Stolz, der ih-
rem Auge nicht natuͤrlich iſt, daß ſie nach einem
unreinen Munde ein unreines Herz beurtheilet;
und toͤdtet die Hofnungen eines dreiſten Liebha-
bers, ehe ſie gebohren werden; wenn ſie ſich
noch ſo fern zeigen, und ehe ein bedeutendes
Wort zu einer Zweideutigkeit werden kann.
Warhaftig Bruder u. ſ. w.
Th. IV. S. 310. ſtatt des Abſchnitts,
der ſich anhebt: Herr Lovelace ſucht
in dem naͤchſten, lies folgenden Brief:
Herr Lovelace an Herrn Johann
Belford.
Nunmehr, da meine Liebſte in ihrem Netz
ſicher zu ſeyn ſcheinet, ſoll mein Anſchlag auf
den kleinen Teufel, die Fraͤulein Howe, und ihre
Mutter
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/174>, abgerufen am 22.02.2025.
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