feinen Stadt-Damen keine Annehmlichkeiten mehr. Sie erscheinen so oft öffentlich, und sind so abgehärtet, daß sie sich eben so sehr schä- men würden, wenn man sie dieser Schwach- heiten beschuldigen könnte, als die Mannsper- sonen.
Vertheidigen sie diese zwei Frauenzimmer durch die Anmerkungen über die Hälfte ihres Geschlechts? Doch Herr Lovelace, sie müs- sen mein Verlangen unterstützen, das ich habe, (so ungern ich auch mag, daß man mich für eigen halten soll) allein zu frühstücken, und A- bends zu speisen, wenn ich ja speisen werde.
Er sagte, wenn ich es u. s. w
Th. III. S. 471. L. 7. nach den Worten: kein Unmensch ist.
Wiewol, wie konnte eine Person, die ge- gen sich selbst unhöflich war, und einem Mann Gelegenheit gab, mit ihm wegzulaufen, von eben diesem Mann einen hohen Grad von höfli- cher Begegnung erwarten?
Aber warum, werden meine liebste Freun- din Jhre Clarissa fragen, warum denn eben jetzt solche traurige Betrachtungen, da sich an- genehmere Aussichten zu öfnen scheinen?
Warum? meine liebste Freundin? Können Sie darum noch ein Mädgen fragen, das in den Augen der Welt, unter die thörichten und unbedachtsamen gerechnet wird; das unter dem Fluche eines Vaters liegt, und mit den grau-
samen
G 4
feinen Stadt-Damen keine Annehmlichkeiten mehr. Sie erſcheinen ſo oft oͤffentlich, und ſind ſo abgehaͤrtet, daß ſie ſich eben ſo ſehr ſchaͤ- men wuͤrden, wenn man ſie dieſer Schwach- heiten beſchuldigen koͤnnte, als die Mannsper- ſonen.
Vertheidigen ſie dieſe zwei Frauenzimmer durch die Anmerkungen uͤber die Haͤlfte ihres Geſchlechts? Doch Herr Lovelace, ſie muͤſ- ſen mein Verlangen unterſtuͤtzen, das ich habe, (ſo ungern ich auch mag, daß man mich fuͤr eigen halten ſoll) allein zu fruͤhſtuͤcken, und A- bends zu ſpeiſen, wenn ich ja ſpeiſen werde.
Er ſagte, wenn ich es u. ſ. w
Th. III. S. 471. L. 7. nach den Worten: kein Unmenſch iſt.
Wiewol, wie konnte eine Perſon, die ge- gen ſich ſelbſt unhoͤflich war, und einem Mann Gelegenheit gab, mit ihm wegzulaufen, von eben dieſem Mann einen hohen Grad von hoͤfli- cher Begegnung erwarten?
Aber warum, werden meine liebſte Freun- din Jhre Clariſſa fragen, warum denn eben jetzt ſolche traurige Betrachtungen, da ſich an- genehmere Ausſichten zu oͤfnen ſcheinen?
Warum? meine liebſte Freundin? Koͤnnen Sie darum noch ein Maͤdgen fragen, das in den Augen der Welt, unter die thoͤrichten und unbedachtſamen gerechnet wird; das unter dem Fluche eines Vaters liegt, und mit den grau-
ſamen
G 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0111"n="103"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
feinen Stadt-Damen keine Annehmlichkeiten<lb/>
mehr. Sie erſcheinen ſo oft oͤffentlich, und<lb/>ſind ſo abgehaͤrtet, daß ſie ſich eben ſo ſehr ſchaͤ-<lb/>
men wuͤrden, wenn man ſie dieſer Schwach-<lb/>
heiten beſchuldigen koͤnnte, als die Mannsper-<lb/>ſonen.</p><lb/><p>Vertheidigen ſie dieſe zwei Frauenzimmer<lb/>
durch die Anmerkungen uͤber die Haͤlfte ihres<lb/>
Geſchlechts? Doch Herr <hirendition="#fr">Lovelace,</hi>ſie muͤſ-<lb/>ſen mein Verlangen unterſtuͤtzen, das ich habe,<lb/>
(ſo ungern ich auch mag, daß man mich fuͤr<lb/>
eigen halten ſoll) allein zu fruͤhſtuͤcken, und A-<lb/>
bends zu ſpeiſen, wenn ich ja ſpeiſen werde.</p><lb/><p>Er ſagte, wenn ich es u. ſ. w</p></div><lb/><divn="2"><head>Th. <hirendition="#aq">III.</hi> S. 471. L. 7. nach den Worten:<lb/><hirendition="#fr">kein Unmenſch iſt.</hi></head><lb/><p>Wiewol, wie konnte eine Perſon, die ge-<lb/>
gen ſich ſelbſt unhoͤflich war, und einem Mann<lb/>
Gelegenheit gab, mit ihm wegzulaufen, von<lb/>
eben dieſem Mann einen hohen Grad von hoͤfli-<lb/>
cher Begegnung erwarten?</p><lb/><p>Aber warum, werden meine liebſte Freun-<lb/>
din Jhre <hirendition="#fr">Clariſſa</hi> fragen, warum denn eben<lb/>
jetzt ſolche traurige Betrachtungen, da ſich an-<lb/>
genehmere Ausſichten zu oͤfnen ſcheinen?</p><lb/><p>Warum? meine liebſte Freundin? Koͤnnen<lb/>
Sie darum noch ein Maͤdgen fragen, das in<lb/>
den Augen der Welt, unter die thoͤrichten und<lb/>
unbedachtſamen gerechnet wird; das unter dem<lb/>
Fluche eines Vaters liegt, und mit den grau-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſamen</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[103/0111]
feinen Stadt-Damen keine Annehmlichkeiten
mehr. Sie erſcheinen ſo oft oͤffentlich, und
ſind ſo abgehaͤrtet, daß ſie ſich eben ſo ſehr ſchaͤ-
men wuͤrden, wenn man ſie dieſer Schwach-
heiten beſchuldigen koͤnnte, als die Mannsper-
ſonen.
Vertheidigen ſie dieſe zwei Frauenzimmer
durch die Anmerkungen uͤber die Haͤlfte ihres
Geſchlechts? Doch Herr Lovelace, ſie muͤſ-
ſen mein Verlangen unterſtuͤtzen, das ich habe,
(ſo ungern ich auch mag, daß man mich fuͤr
eigen halten ſoll) allein zu fruͤhſtuͤcken, und A-
bends zu ſpeiſen, wenn ich ja ſpeiſen werde.
Er ſagte, wenn ich es u. ſ. w
Th. III. S. 471. L. 7. nach den Worten:
kein Unmenſch iſt.
Wiewol, wie konnte eine Perſon, die ge-
gen ſich ſelbſt unhoͤflich war, und einem Mann
Gelegenheit gab, mit ihm wegzulaufen, von
eben dieſem Mann einen hohen Grad von hoͤfli-
cher Begegnung erwarten?
Aber warum, werden meine liebſte Freun-
din Jhre Clariſſa fragen, warum denn eben
jetzt ſolche traurige Betrachtungen, da ſich an-
genehmere Ausſichten zu oͤfnen ſcheinen?
Warum? meine liebſte Freundin? Koͤnnen
Sie darum noch ein Maͤdgen fragen, das in
den Augen der Welt, unter die thoͤrichten und
unbedachtſamen gerechnet wird; das unter dem
Fluche eines Vaters liegt, und mit den grau-
ſamen
G 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/111>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.