gut genug befinden, mit der Post des nächstfolgen- den Tages einen langen Brief an sie zu schreiben, und ihn itzo nicht aufhalten wollte.
Sonnabends, um sechse, Nach- mittags.
Jch habe eben itzo angefragt und die Fräulein beschäfftigt gefunden, an Fräulein Howe zu schreiben. Sie bezeigte mir eine traurige Höf- lichkeit durch die Entschuldigung, daß sie mir den Brief von der Fräulein Howe nicht zeigte, weil ich ihn und alle ihre Papiere bald vor mir haben sollte. Sie erzählte mir aber, daß die Fräulein Howe mit vieler Bedächtlichkeit bey dem Obrist Morden verschiedenen Dingen, die zu Misver- ständnissen zwischen ihm und mir Anlaß möchten gegeben haben, vorgebauet, und auch einige von euren Handlungen, um des Friedens willen, bes- ser ausgedeutet hätte, als sie es verdienten.
Sie setzte hinzu, ihr Vetter Morden nähme sich ihrer bey ihren Freunden mit großem Ernst an: und eine gute Neuigkeit enthielte der Brief von der Fräulein Howe, daß ihr Vater einige Dinge aufgeben wollte, welche ihr von Rechtswe- gen zukämen, und also meine Vollziehung ihres letzten Willens in einigen Stücken, die ihr ein we- nig Sorge gemacht hätten, erleichtern würden.
Sie gestand, daß sie bey dem Briefe, den sie schrieb, vor Schwachheit abzubrechen genöthigt worden wäre.
Wilhelm
gut genug befinden, mit der Poſt des naͤchſtfolgen- den Tages einen langen Brief an ſie zu ſchreiben, und ihn itzo nicht aufhalten wollte.
Sonnabends, um ſechſe, Nach- mittags.
Jch habe eben itzo angefragt und die Fraͤulein beſchaͤfftigt gefunden, an Fraͤulein Howe zu ſchreiben. Sie bezeigte mir eine traurige Hoͤf- lichkeit durch die Entſchuldigung, daß ſie mir den Brief von der Fraͤulein Howe nicht zeigte, weil ich ihn und alle ihre Papiere bald vor mir haben ſollte. Sie erzaͤhlte mir aber, daß die Fraͤulein Howe mit vieler Bedaͤchtlichkeit bey dem Obriſt Morden verſchiedenen Dingen, die zu Misver- ſtaͤndniſſen zwiſchen ihm und mir Anlaß moͤchten gegeben haben, vorgebauet, und auch einige von euren Handlungen, um des Friedens willen, beſ- ſer ausgedeutet haͤtte, als ſie es verdienten.
Sie ſetzte hinzu, ihr Vetter Morden naͤhme ſich ihrer bey ihren Freunden mit großem Ernſt an: und eine gute Neuigkeit enthielte der Brief von der Fraͤulein Howe, daß ihr Vater einige Dinge aufgeben wollte, welche ihr von Rechtswe- gen zukaͤmen, und alſo meine Vollziehung ihres letzten Willens in einigen Stuͤcken, die ihr ein we- nig Sorge gemacht haͤtten, erleichtern wuͤrden.
Sie geſtand, daß ſie bey dem Briefe, den ſie ſchrieb, vor Schwachheit abzubrechen genoͤthigt worden waͤre.
Wilhelm
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gut genug befinden, mit der Poſt des naͤchſtfolgen-
den Tages einen langen Brief an ſie zu ſchreiben,
und ihn itzo nicht aufhalten wollte.
Sonnabends, um ſechſe, Nach-
mittags.
Jch habe eben itzo angefragt und die Fraͤulein
beſchaͤfftigt gefunden, an Fraͤulein Howe zu
ſchreiben. Sie bezeigte mir eine traurige Hoͤf-
lichkeit durch die Entſchuldigung, daß ſie mir den
Brief von der Fraͤulein Howe nicht zeigte, weil
ich ihn und alle ihre Papiere bald vor mir haben
ſollte. Sie erzaͤhlte mir aber, daß die Fraͤulein
Howe mit vieler Bedaͤchtlichkeit bey dem Obriſt
Morden verſchiedenen Dingen, die zu Misver-
ſtaͤndniſſen zwiſchen ihm und mir Anlaß moͤchten
gegeben haben, vorgebauet, und auch einige von
euren Handlungen, um des Friedens willen, beſ-
ſer ausgedeutet haͤtte, als ſie es verdienten.
Sie ſetzte hinzu, ihr Vetter Morden naͤhme
ſich ihrer bey ihren Freunden mit großem Ernſt
an: und eine gute Neuigkeit enthielte der Brief
von der Fraͤulein Howe, daß ihr Vater einige
Dinge aufgeben wollte, welche ihr von Rechtswe-
gen zukaͤmen, und alſo meine Vollziehung ihres
letzten Willens in einigen Stuͤcken, die ihr ein we-
nig Sorge gemacht haͤtten, erleichtern wuͤrden.
Sie geſtand, daß ſie bey dem Briefe, den ſie
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Wilhelm
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/298>, abgerufen am 21.11.2024.
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