Vergnügens beraubet, Schande gebracht hat. Jch bin nicht willens, Jhrer bekannten Klugheit in diesem Falle etwas vorzuschreiben: sondern überlasse Jhnen, es zu machen, wie Sie es für das dienlichste halten.
Der vier und sechzigste Brief von Fr. Howe, zur Antwort.
Sonnabends, den 22ten Jul.
Gnädige Frau.
Jch bin über die Briefe meiner Tochter an Fräulein Harlowe höchst unwillig. Jch habe gar nicht gewußt, daß sie sich solche Frey- heit genommen hatte. Diese junge Mägdchen haben solche romanenmäßige Begriffe, theils von der Liebe, theils von der Freundschaft, daß man sie in keinem von beyden regieren kann. Nichts, als Zeit, und theur erkaufte Erfahrung, wird sie von den Ungereimtheiten in beyden über- führen. Jch hatte vorher schon so gerechte Vor- stellungen von dem, was das Unglück Jhrer gan- zen Familie auf sich haben müßte, daß ich ihr oft verboten hatte, wie ich auch Jhrem Bruder,
Herrn
G g 4
Vergnuͤgens beraubet, Schande gebracht hat. Jch bin nicht willens, Jhrer bekannten Klugheit in dieſem Falle etwas vorzuſchreiben: ſondern uͤberlaſſe Jhnen, es zu machen, wie Sie es fuͤr das dienlichſte halten.
Der vier und ſechzigſte Brief von Fr. Howe, zur Antwort.
Sonnabends, den 22ten Jul.
Gnaͤdige Frau.
Jch bin uͤber die Briefe meiner Tochter an Fraͤulein Harlowe hoͤchſt unwillig. Jch habe gar nicht gewußt, daß ſie ſich ſolche Frey- heit genommen hatte. Dieſe junge Maͤgdchen haben ſolche romanenmaͤßige Begriffe, theils von der Liebe, theils von der Freundſchaft, daß man ſie in keinem von beyden regieren kann. Nichts, als Zeit, und theur erkaufte Erfahrung, wird ſie von den Ungereimtheiten in beyden uͤber- fuͤhren. Jch hatte vorher ſchon ſo gerechte Vor- ſtellungen von dem, was das Ungluͤck Jhrer gan- zen Familie auf ſich haben muͤßte, daß ich ihr oft verboten hatte, wie ich auch Jhrem Bruder,
Herrn
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Vergnuͤgens beraubet, Schande gebracht hat.
Jch bin nicht willens, Jhrer bekannten Klugheit
in dieſem Falle etwas vorzuſchreiben: ſondern
uͤberlaſſe Jhnen, es zu machen, wie Sie es fuͤr
das dienlichſte halten.
Jch bin, gnaͤdige Frau,
Jhre gehorſamſte Dienerinn,
Charl. Harlowe.
Der vier und ſechzigſte Brief
von
Fr. Howe, zur Antwort.
Sonnabends, den 22ten Jul.
Gnaͤdige Frau.
Jch bin uͤber die Briefe meiner Tochter an
Fraͤulein Harlowe hoͤchſt unwillig. Jch
habe gar nicht gewußt, daß ſie ſich ſolche Frey-
heit genommen hatte. Dieſe junge Maͤgdchen
haben ſolche romanenmaͤßige Begriffe, theils von
der Liebe, theils von der Freundſchaft, daß
man ſie in keinem von beyden regieren kann.
Nichts, als Zeit, und theur erkaufte Erfahrung,
wird ſie von den Ungereimtheiten in beyden uͤber-
fuͤhren. Jch hatte vorher ſchon ſo gerechte Vor-
ſtellungen von dem, was das Ungluͤck Jhrer gan-
zen Familie auf ſich haben muͤßte, daß ich ihr oft
verboten hatte, wie ich auch Jhrem Bruder,
Herrn
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/477>, abgerufen am 23.11.2024.
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