Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite




Der ein und sechzigste Brief
von
Fräulein Arabelle Harlowe an Fräulein
Howe.

Fräulein Anna Howe.

Jhren muthigen Brief habe ich bekommen.
Da Sie niemanden schonen: so kann ich
nicht erwarten, daß Sie meiner schonen sollten.
Sie sind sehr glücklich, daß Sie eine kluge und
wachsame Mutter haben - - Aber sonst - -
Der meinigen kann es niemand an Klugheit zu-
vorthun: allein wir hatten alle eine zu gute Mey-
nung von einer gewissen, daß wir Wachsamkeit
für nöthig halten sollten. Es kann vielleicht sei-
ne Ursache haben, warum Sie in einem so an-
stößigen und offenbaren Vergehen, so sehr ihre
Partey nehmen.

Jch helfe eine Schwester unglücklich ma-
chen! - - das ist nicht wahr, Fräulein! - - Es
ist alles ihr eigen Werk! - - Ausgenommen, in
Wahrheit, was sie dem Rath einer Gewissen zu
danken haben mag. - - Sie wissen, wer am be-
sten davon Rede und Antwort geben kann.

Lassen Sie uns ihre Meynung wissen, so
bald als es Jhnen gefällig ist. Wenn wir er-

fahren




Der ein und ſechzigſte Brief
von
Fraͤulein Arabelle Harlowe an Fraͤulein
Howe.

Fraͤulein Anna Howe.

Jhren muthigen Brief habe ich bekommen.
Da Sie niemanden ſchonen: ſo kann ich
nicht erwarten, daß Sie meiner ſchonen ſollten.
Sie ſind ſehr gluͤcklich, daß Sie eine kluge und
wachſame Mutter haben ‒ ‒ Aber ſonſt ‒ ‒
Der meinigen kann es niemand an Klugheit zu-
vorthun: allein wir hatten alle eine zu gute Mey-
nung von einer gewiſſen, daß wir Wachſamkeit
fuͤr noͤthig halten ſollten. Es kann vielleicht ſei-
ne Urſache haben, warum Sie in einem ſo an-
ſtoͤßigen und offenbaren Vergehen, ſo ſehr ihre
Partey nehmen.

Jch helfe eine Schweſter ungluͤcklich ma-
chen! ‒ ‒ das iſt nicht wahr, Fraͤulein! ‒ ‒ Es
iſt alles ihr eigen Werk! ‒ ‒ Ausgenommen, in
Wahrheit, was ſie dem Rath einer Gewiſſen zu
danken haben mag. ‒ ‒ Sie wiſſen, wer am be-
ſten davon Rede und Antwort geben kann.

Laſſen Sie uns ihre Meynung wiſſen, ſo
bald als es Jhnen gefaͤllig iſt. Wenn wir er-

fahren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0472" n="466"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der ein und &#x017F;echzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein Arabelle Harlowe an Fra&#x0364;ulein<lb/>
Howe.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Freytags, den 21ten Jul.</hi> </dateline><lb/>
          <salute> <hi rendition="#b">Fra&#x0364;ulein Anna Howe.</hi> </salute><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>hren muthigen Brief habe ich bekommen.<lb/>
Da Sie niemanden &#x017F;chonen: &#x017F;o kann ich<lb/>
nicht erwarten, daß Sie meiner &#x017F;chonen &#x017F;ollten.<lb/>
Sie &#x017F;ind &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich, daß Sie eine kluge und<lb/>
wach&#x017F;ame Mutter haben &#x2012; &#x2012; Aber &#x017F;on&#x017F;t &#x2012; &#x2012;<lb/>
Der meinigen kann es niemand an Klugheit zu-<lb/>
vorthun: allein wir hatten alle eine zu gute Mey-<lb/>
nung von einer gewi&#x017F;&#x017F;en, daß wir Wach&#x017F;amkeit<lb/>
fu&#x0364;r no&#x0364;thig halten &#x017F;ollten. Es kann vielleicht &#x017F;ei-<lb/>
ne Ur&#x017F;ache haben, warum Sie in einem &#x017F;o an-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ßigen und offenbaren Vergehen, &#x017F;o &#x017F;ehr ihre<lb/>
Partey nehmen.</p><lb/>
          <p>Jch helfe eine Schwe&#x017F;ter unglu&#x0364;cklich ma-<lb/>
chen! &#x2012; &#x2012; das i&#x017F;t nicht wahr, Fra&#x0364;ulein! &#x2012; &#x2012; Es<lb/>
i&#x017F;t alles ihr eigen Werk! &#x2012; &#x2012; Ausgenommen, in<lb/>
Wahrheit, was &#x017F;ie dem Rath einer Gewi&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
danken haben mag. &#x2012; &#x2012; Sie wi&#x017F;&#x017F;en, wer am be-<lb/>
&#x017F;ten davon Rede und Antwort geben kann.</p><lb/>
          <p>La&#x017F;&#x017F;en Sie <hi rendition="#fr">uns ihre Meynung wi&#x017F;&#x017F;en,</hi> &#x017F;o<lb/>
bald als es Jhnen gefa&#x0364;llig i&#x017F;t. Wenn wir er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fahren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[466/0472] Der ein und ſechzigſte Brief von Fraͤulein Arabelle Harlowe an Fraͤulein Howe. Freytags, den 21ten Jul. Fraͤulein Anna Howe. Jhren muthigen Brief habe ich bekommen. Da Sie niemanden ſchonen: ſo kann ich nicht erwarten, daß Sie meiner ſchonen ſollten. Sie ſind ſehr gluͤcklich, daß Sie eine kluge und wachſame Mutter haben ‒ ‒ Aber ſonſt ‒ ‒ Der meinigen kann es niemand an Klugheit zu- vorthun: allein wir hatten alle eine zu gute Mey- nung von einer gewiſſen, daß wir Wachſamkeit fuͤr noͤthig halten ſollten. Es kann vielleicht ſei- ne Urſache haben, warum Sie in einem ſo an- ſtoͤßigen und offenbaren Vergehen, ſo ſehr ihre Partey nehmen. Jch helfe eine Schweſter ungluͤcklich ma- chen! ‒ ‒ das iſt nicht wahr, Fraͤulein! ‒ ‒ Es iſt alles ihr eigen Werk! ‒ ‒ Ausgenommen, in Wahrheit, was ſie dem Rath einer Gewiſſen zu danken haben mag. ‒ ‒ Sie wiſſen, wer am be- ſten davon Rede und Antwort geben kann. Laſſen Sie uns ihre Meynung wiſſen, ſo bald als es Jhnen gefaͤllig iſt. Wenn wir er- fahren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/472
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/472>, abgerufen am 21.11.2024.